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28.12.2013 Aufrufe

Stefan Hartmann Neubelebung des Thomismus Ein Literaturbericht zu David Berger Der junge Kölner Theologe David Berger, bezeichnenderweise Jahrgang 1968, hat durch sein wissenschaftliches und publizistisches Wirken seit einigen Jahren zunehmend Aufmerksamkeit, Akzeptanz und auch Widerspruch gefunden. Leitstern seiner Veröffentlichungen ist der große und allgeme ine Kirchenlehrer Thomas von Aquin (1224-1274), dessen Werk und Nachwirkung sich Berger auch seit fünf Jahren als Herausgeber des internationalen thomistischen Jahrbuches „Doctor Angelicus“ (Bonn) widmet. In der Reihe „Zeugen des Glaubens“ des Sankt Ulrich Verlags Augsburg erschien 2002 seine gut lesbare und von mehreren Rezensenten empfohlene knappe werkbiographische Einführung „Thomas von Aquin begegnen“. Seit 2002 ist Berger auch Mitglied der Päpstlichen Akademie des hl. Thomas von Aquin (Vatikan) und Vizepräsident der Deutschen Thomas-Gesellschaft. Die gelehrten Abhandlungen Bergers bleiben nicht im Elfenbeinturm der Wissenschaften, sondern greifen in aktuelle Diskussionen um die Reform von Kirche und Theologie ein. In diesem Sinne hat der immer noch als Religionslehrer an einem Kölner Gymnasium tätige Theologe seit 2003 auch die Herausgeberschaft der von Wilhelm Schamoni begründeten katholischen Monatsschrift „Theologisches“ übernommen und bürgt für die Seriosität der dort geführten, oft harten Auseinandersetzungen. Im „Rahner-Jahr“ 2004 fand die von ihm herausgegebene Aufsatzsammlung „Karl Rahner: Kritische Annäherungen“ (Siegburg 2004) kontroverse Beachtung und ließ den Rahner-Schüler Herbert Vorgrimler polemisch von Bergers „apokalyptischer Sekte“ sprechen. Die inzwischen vorliegenden Veröffentlichungen Bergers (manche verwechseln ihn immer noch mit dem ebenfalls gegen den Mainstream argumentierenden Heidelberger Neutestamentler Klaus Berger) sind jedoch durch ihre kenntnisreiche Fundierung ein immer wichtiger werdender Kontrapunkt zum allgemeinen Trend des auch innertheologischen Relativismus und weit mehr als eine – wie die Kritiker unterstellen – Ressentiment-geladene Anti-Rahner-Polemik. Nach der als jahresbeste Arbeit ausgezeichneten Promotion 1998 an der Universität Dortmund (bei Thomas Ruster) wurde Berger im Mai 2005 an der theologischen Fakultät der Katholischen Universität Lublin mit Leo Cardinal Scheffczyk als Promotor inzwischen habilitiert. Die aktuelle Lage von Kirche und Glaube, die Unkenntnis und Verworrenheit in Fragen der Liturgie, der Pastoral und der Weitergabe des Glaubens in Schule und Universität, machen es plausibel, wie Berger wieder neu am hl. Thomas und dem überwunden geglaubten Thomismus anzuknüpfen. Das Aufdrängen irreführender Philosophien, esoterischer Modetrends und psychologisch-soziologischer Para- 68

digmen des pastoralen Utilitarismus, sowie die pragmatistische Versuchung der modernen, von Karl Rahner, Hans Küng oder Leonardo Boff ausgehenden „nachkonziliaren“ Theologie lassen einen sachlichen, mehr systematischen und der objektiven Lehre der Kirche verbundenen Ansatz wieder unbedingt erforderlich werden. Die Vernunft des Denkens wurde vielfach durch emotionale Tendenzen zugedeckt. Ohne irgendeinem Rationalismus das Wort zu reden hat auch Papst Johannes Paul II. in seiner Enzyklika „Fides et ratio“ (1998) dies festgestellt und bedeutsame Warnungen ausgesprochen. Zu dieser überfälligen Kurskorrektur gibt es aber in der Tradition der Kirche, wie sogar das II. Vaticanum ausdrücklich festgehalten hat, keinen verläßlicheren Bezugspunkt als die Lehre des Aquinaten. Alt bekannt ist das Wort, daß Thomas „unter allen Heiligen der Gelehrteste und unter allen Gelehrten der He iligste“ sei. Durchaus wird seine Aktualität wahrgenommen, sogar von Jürgen Habermas. Im Buchhandel erhältlich sind die anerkannten Werkbiographien von Otto Herrmann Pesch (Thomas von Aquin. Grenze und Größe mittelalterlicher Theologie, Mainz 1988) und Jean-Pierre Torrell (Magister Thomas. Leben und Werk des Thomas von Aquin, Freiburg i. Br. 1995). Sie werden nun ergänzt durch die vervollständigte Neuauflage der genial-klassischen Portraitzeichnung von Gilbert Keith Chesterton (Thomas von Aquin – Franz von Assisi, Bonn 2003). Aktuelle Hinführungen und Interpretationen zum Hauptwerk der „Summa theologiae“ veröffentlichten jüngst unser Autor David Berger (Darmstadt 2004) und als Herausgeber Andreas Speer (Berlin/New York 2005). Der von Joseph Maréchal, Karl Rahner („Geist in Welt“) und Johann B. Metz („Christliche Anthropozentrik“) ausgehende „Transzendentalthomismus“, der Thomas mit dem deutschen Idealismus versöhnen wollte, ist inzwischen überholt und wird kaum noch fortgesetzt. Phänomenologische und dialogische Denkformen haben dieser erzwungenen Modernisierung und Umdeutung den Rang abgelaufen, auch wenn neuerdings aus Berlin einige Dominikaner eine Neuanknüpfung beim sich der „nouvelle théologie“ anschließenden bedeutenden Thomas-Interpreten Marie-Dominique Chenu versuchen und ein entsprechendes Institut gegründet haben. Eine Gesamtausgabe der Thomas sehr verbundenen Werke Josef Piepers konnte ebenfalls jüngst abgeschlossen werden. Eigenständige und fruchtbare Nebenlinien bilden die bemerkenswerten Thomas-Rezeptionen des pallottinischen Mariologen Heinrich M. Köster („Die Magd des Herrn“), des Freiburger Pädagogen Gustav Siewerth („Das Schicksal der Metaphysik von Thomas zu He idegger“) und des Regensburger Philosophen Ferdinand Ulrich („Homo Abyssus“). Die beiden letzteren standen in enger Verbindung mit Hans Urs von Balthasar, der den Charismatik-Ko mmentar für die „Deutsche Thomas-Ausgabe“ verfaßte. Doch war insgesamt die Zeit reif für einen Neuansatz, der den „stummen Ochsen“ (Chestertons erster Titel für sein Thomas-Buch) wieder zu Sprache und Einfluß bringen sollte. Dies scheint David Bergers Sendung und Auftrag zu sein. Schon die lateinische Widmung seiner Doktorarbeit an den bekannten Dominikanertheologen (und Hauptgegner der „nouvelle théologie“) Réginald Garrigou- Lagrange (1877-1964) zeigt die Richtung an. Als Religionslehrer will sich Ber- 69

digmen des pastoralen Utilitarismus, sowie die pragmatistische Versuchung der<br />

modernen, von Karl Rahner, Hans Küng oder Leonardo Boff ausgehenden<br />

„nachkonziliaren“ Theologie lassen einen sachlichen, mehr systematischen <strong>und</strong><br />

der objektiven Lehre der Kirche verb<strong>und</strong>enen Ansatz wieder unbedingt erforderlich<br />

werden. Die Vernunft des Denkens wurde vielfach durch emotionale Tendenzen<br />

zugedeckt. Ohne irgendeinem Rationalismus das Wort zu reden hat auch<br />

Papst Johannes Paul II. in seiner Enzyklika „Fides et ratio“ (1998) dies festgestellt<br />

<strong>und</strong> bedeutsame Warnungen ausgesprochen. Zu dieser überfälligen Kurskorrektur<br />

gibt es aber in der Tradition der Kirche, wie sogar das II. Vaticanum<br />

ausdrücklich festgehalten hat, keinen verläßlicheren Bezugspunkt <strong>als</strong> die Lehre<br />

des Aquinaten. Alt bekannt ist das Wort, daß Thomas „unter allen Heiligen der<br />

Gelehrteste <strong>und</strong> unter allen Gelehrten der He iligste“ sei.<br />

Durchaus wird seine Aktualität wahrgenommen, sogar von Jürgen Habermas.<br />

Im Buchhandel erhältlich sind die anerkannten Werkbiographien von Otto<br />

Herrmann Pesch (Thomas von Aquin. Grenze <strong>und</strong> Größe mittelalterlicher Theologie,<br />

Mainz 1988) <strong>und</strong> Jean-Pierre Torrell (Magister Thomas. Leben <strong>und</strong> Werk<br />

des Thomas von Aquin, Freiburg i. Br. 1995). Sie werden nun ergänzt durch die<br />

vervollständigte Neuauflage der genial-klassischen Portraitzeichnung von Gilbert<br />

Keith Chesterton (Thomas von Aquin – Franz von Assisi, Bonn 2003). Aktuelle<br />

Hinführungen <strong>und</strong> Interpretationen zum Hauptwerk der „Summa theologiae“<br />

veröffentlichten jüngst unser Autor David Berger (Darmstadt 2004) <strong>und</strong> <strong>als</strong><br />

Herausgeber Andreas Speer (Berlin/New York 2005). Der von Joseph Maréchal,<br />

Karl Rahner („Geist in Welt“) <strong>und</strong> Johann B. Metz („Christliche Anthropozentrik“)<br />

ausgehende „Transzendentalthomismus“, der Thomas mit dem<br />

deutschen Idealismus versöhnen wollte, ist inzwischen überholt <strong>und</strong> wird kaum<br />

noch fortgesetzt.<br />

Phänomenologische <strong>und</strong> dialogische Denkformen haben dieser erzwungenen<br />

Modernisierung <strong>und</strong> Umdeutung den Rang abgelaufen, auch wenn neuerdings<br />

aus Berlin einige Dominikaner eine Neuanknüpfung beim sich der „nouvelle<br />

théologie“ anschließenden bedeutenden Thomas-Interpreten Marie-Dominique<br />

Chenu versuchen <strong>und</strong> ein entsprechendes Institut gegründet haben. Eine Gesamtausgabe<br />

der Thomas sehr verb<strong>und</strong>enen Werke Josef Piepers konnte ebenfalls<br />

jüngst abgeschlossen werden. Eigenständige <strong>und</strong> fruchtbare Nebenlinien bilden<br />

die bemerkenswerten Thomas-Rezeptionen des pallottinischen Mariologen Heinrich<br />

M. Köster („Die Magd des Herrn“), des Freiburger Pädagogen Gustav Siewerth<br />

(„Das Schicksal der Metaphysik von Thomas zu He idegger“) <strong>und</strong> des<br />

Regensburger Philosophen Ferdinand Ulrich („Homo Abyssus“). Die beiden<br />

letzteren standen in enger Verbindung mit Hans Urs von Balthasar, der den<br />

Charismatik-Ko mmentar für die „Deutsche Thomas-Ausgabe“ verfaßte. Doch<br />

war insgesamt die Zeit reif für einen Neuansatz, der den „stummen Ochsen“<br />

(Chestertons erster Titel für sein Thomas-Buch) wieder zu Sprache <strong>und</strong> Einfluß<br />

bringen sollte. Dies scheint David Bergers Sendung <strong>und</strong> Auftrag zu sein.<br />

Schon die lateinische Widmung seiner Doktorarbeit an den bekannten Dominikanertheologen<br />

(<strong>und</strong> Hauptgegner der „nouvelle théologie“) Réginald Garrigou-<br />

Lagrange (1877-1964) zeigt die Richtung an. Als Religionslehrer will sich Ber-<br />

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