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Harald Bergsdorf<br />
(Selbst-)Entmachtung der Wähler<br />
Zum Abstieg der Groß- <strong>und</strong> Aufstieg der Kleinparteien<br />
Ambivalenz kennzeichnet zum Jahreswechsel die politische Stimmung in<br />
Deutschland. Einerseits erwärmt sich eine Mehrheit der Deutschen an der politischen<br />
Harmonie, die momentan in Deutschland offenbar weithin herrscht – politische<br />
Auseinandersetzungen erfreuen sich ja <strong>hier</strong>zulande traditionell keiner<br />
besonderen Beliebtheit. Andererseits erwartet die Mehrheit keine durchgreifende<br />
Besserung der wirtschaftlichen Lage in Deutschland <strong>und</strong> damit auch der Situation<br />
auf dem Arbeitsmarkt. Um so mehr dürften CDU/CSU <strong>und</strong> SPD nach ihren<br />
desaströsen Wahlergebnissen bei der B<strong>und</strong>estagswahl vorerst heilfroh bleiben,<br />
überhaupt wieder den Regierungschef zu stellen bzw. wider Erwarten in der<br />
Regierung zu bleiben. Das ist der Kitt der Koalition – wenigstens vorläufig.<br />
CDU/CSU <strong>und</strong> SPD schrumpften bei der B<strong>und</strong>estagswahl 2005 auf einen gemeinsamen<br />
Zweitstimmenanteil von r<strong>und</strong> 70% (1972: 90%). Seit 1953 erreichten<br />
beide Volksparteien – zusammengerechnet – kein schlechteres Resultat (1949:<br />
60,2%). Heute präsentieren sich Union <strong>und</strong> SPD jeweils beinahe <strong>als</strong> Drittelparteien.<br />
Sie bilden nun eine Allianz der Absteiger. Beide agieren jetzt <strong>als</strong> geschwächte<br />
Giganten. Damit erodiert die Fähigkeit beider Formationen, wie üblich<br />
mit einem kle inen Partner eine kleine, kompakte Koalition zu bilden. Zweierbündnisse<br />
alten Typs werden unwahrscheinlicher – schon 1994 <strong>und</strong> 1998 halfen<br />
Überhangmandate, knapp eine kleine Koalition zu konstruieren.<br />
Die SPD errang mit 34,3 Zweitstimmen ihr zweitschlechtestes Ergebnis seit<br />
1961 – noch schlechter lediglich: Lafontaines Wahlergebnis <strong>als</strong> Kanzlerkandidat<br />
1990. Mit den herben Stimmenverlusten bei den jüngsten Landtagswahlen summiert<br />
sich das SPD-Ergebnis der B<strong>und</strong>estagswahl 2005 zu einer desaströsen<br />
Bilanz von Gerhard Schröder <strong>und</strong> Franz Müntefering. Nie bekam ein (amtierender)<br />
Kanzler ein schlechteres Wahlergebnis. Nur ein zentrales Problem für die<br />
SPD: Grün-rote „Erfolge“ stoßen eher bei gut bzw. besser verdienenden Wählern<br />
der GRÜNEN auf positive Resonanz, weniger bei „kleinen Leuten“, schon gar<br />
nicht bei „Prolet-Ariern“, die mitunter stark auch zur NPD <strong>und</strong> DVU neigen;<br />
grün-rote „Erfolge“ wie der Doppelpaß, das Zuwanderungsgesetz, die „Homo -<br />
ehe“, der Atomausstieg, das Dosenpfand, die sogenannte Ökosteuer <strong>und</strong> der<br />
anvisierte EU-Beitritt der Türkei.<br />
Die Unionsparteien verloren ebenfalls erheblich. Sie bekamen unter besseren<br />
Bedingungen <strong>als</strong> 2002 ein schlechteres Wahlergebnis. CDU/CSU liegen jetzt bei<br />
schwachen 35,2% der Zweitstimmen, auch wenn sie nun, anders <strong>als</strong> 2002, die<br />
stärkste Fraktion bilden <strong>und</strong> die Kanzlerin stellen. Das Wahlergebnis der Union<br />
hat viele Ursachen – unter anderem mißlang es bekanntlich, vor der Wahl eloquente,<br />
charismatische Schwergewichte wie Horst Seehofer <strong>und</strong> Friedrich Merz<br />
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