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die Revision der biblische Urtext <strong>als</strong> Gr<strong>und</strong>lage, was denn sonst (Vaticanum II,<br />
„Dei Verbum“ 22)!<br />
Es gibt aber keine reine Exegese, sondern jede Übersetzung steht in einem Kontext,<br />
wird für einen bestimmten Zweck <strong>und</strong> ein bestimmtes Publikum angefertigt.<br />
Darauf gilt es Rücksicht zu nehmen. Denn die Bibel ist für die Menschen da <strong>und</strong><br />
nicht für die Exegeten. In „Liturgiam authenticam“ heißt es deshalb: „Unter<br />
Wahrung der Erfordernisse einer ges<strong>und</strong>en Exegese soll alle Sorgfalt darauf<br />
verwendet werden, den Wortlaut von Bibelstellen beizubehalten, die man allgemein<br />
in der Katechese <strong>und</strong> in Gebeten, in denen die Volksfrömmigkeit zum<br />
Ausdruck kommt, gebraucht“ (Nr. 40). Erstens wird <strong>hier</strong> klar der Primat des<br />
Urtextes ausgesprochen. Zweitens ist das Anliegen völlig berechtigt, daß etwa<br />
das „Vaterunser“ nicht in ständig neuen Formulierungen kursieren, sondern<br />
möglichst in der eingebürgerten Form erhalten bleiben soll. Auch bei den Psalmen<br />
ist eine Rücksicht auf den Gebetsgebrauch des Volkes höchst sinnvoll.<br />
Ein legitimes pastorales Anliegen ist es ferner, daß eine Bibelübersetzung nicht<br />
ohne Not einen Text oder Stil übernimmt, die <strong>als</strong> unkatholisch empf<strong>und</strong>en werden<br />
(Nr. 40). Hier geht es zum Beispiel darum, exegetisch korrekte Übersetzungen<br />
nicht aus ökumenischer Rücksicht preiszugeben. Zum Beispiel heißt der<br />
Urtext von Mt 16,18: „Du bist Petrus <strong>und</strong> auf diesen Felsen will ich meine Kirche<br />
bauen“, während Luther aus durchsichtigen Gründen das griechische Wort<br />
„Kirche“ (ekklesia) durch „Gemeinde“ ersetzt. Aber ist etwa die (Pfarr-) Gemeinde<br />
auf den Felsen Petri gebaut? Gibt es denn auf der Welt nur eine (Pfarr-)<br />
Gemeinde? Oder ist es nicht doch die eine, universale Kirche Jesu Christi, die<br />
auf den Felsen des Petrus gegründet ist? Also hat Christus eben doch die sichtbare<br />
Kirche gegründet.<br />
Ferner geht es der Instruktion um christologisch bedeutsame Stellen des Alten<br />
Testaments, die entsprechend der kirchlichen Auslegungstradition übersetzt<br />
werden sollen – natürlich unter Anwendung einer sachgerechten Exegese (Nr.<br />
41). Das ist ökumenisch wenig problematisch. Denn natürlich steht auch die<br />
protestantische Theologie in der liturgischen <strong>und</strong> patristischen Auslegungstradition<br />
der katholischen Kirche vor Luther. Daher findet auch die evangelische<br />
Theologie im Alten Testament Christusprophetien. Um ein Beispiel zu geben:<br />
Jes 7,14 wird in der Lutherbibel <strong>und</strong> in der Einheitsübersetzung zurecht übertragen:<br />
„Siehe, eine Jungfrau ist schwanger <strong>und</strong> wird einen Sohn gebären, den wird<br />
sie nennen Immanuel“. Es wäre textlich unnötig <strong>und</strong> kirchlich absurd, statt von<br />
„Jungfrau“ von der „jungen Frau“ zu reden. Ein anderes Beispiel: Phil 2,6 wird<br />
sowohl von der Einheitsübersetzung wie von Luther f<strong>als</strong>ch übersetzt, denn Christus<br />
„war“ nicht in göttlicher Gestalt, um sich dann seiner Gottheit zu entäußern,<br />
sondern „in Gottesgestalt seiend (<strong>und</strong> bleibend!) entäußerte er sich“. Hier entspricht<br />
gerade der griechische Text der kirchlichen Lehrtradition, während die<br />
genannten Übersetzungen geradezu häretisch sind.<br />
Man könnte noch mehr in die Details gehen. Aufs Ganze gesehen wage ich zu<br />
behaupten, daß die römische Instruktion hilft, die Bibel textgerechter zu übersetzen.<br />
Sie legt jedenfalls der Einheitsübersetzung keine unüberwindlichen ökumenischen<br />
Stolpersteine in den Weg. Im Konfliktsfall ließen sich Lösungen finden.<br />
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