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für Folterer ... übergangen (werden)“. 39 Das mag zwar gelegentlich tatsächlich<br />

der Fall sein, doch dürfte die Problematik der Rettungsfolter gerade darin bestehen,<br />

daß ihre ‚positiven Folgen‘ auch bei Berücksichtigung aller genannten Aspekte<br />

ihre negativen Konsequenzen in den Augen vieler Zeitgenossen übersteigen,<br />

so daß ein strikt ausnahmsloses Folterverbot auf diesem Wege eben nicht<br />

mehr zu begründen ist.<br />

Wolbert muß sich <strong>als</strong>o konsequenterweise entscheiden: entweder er bleibt seiner<br />

rein teleologischen Folgen-Betrachtung treu <strong>und</strong> ist damit gezwungen, gelegentliche<br />

Akte der Rettungsfolter für zulässig zu erklären; oder er hält an seinem<br />

ausnahmslosen Folterverbot fest <strong>und</strong> muß dafür zusätzliche Argumente ins Feld<br />

führen, die den teleologischen Rahmen seiner Argumentation sprengen.<br />

2.3 Die deontologische Begründungsvariante<br />

Anhänger eines deontologischen Standpunktes in der normativen Ethik versuchen<br />

die Notwendigkeit eines absoluten Folterverbots zumeist durch einen<br />

Rückgriff auf die Kategorie der ‚Menschenwürde‘ zu begründen. Dies ist freilich<br />

nur dann möglich, wenn es gelingt, den schillernden Begriff der Würde des<br />

Menschen klar zu bestimmen <strong>und</strong> genau anzugeben, worin die Menschenwürdewidrigkeit<br />

der Folter näherhin besteht. In der Tradition des neuzeitlichen Humanismus<br />

wird unter ‚Würde‘ zumeist die Ausprägung eines angeborenen <strong>und</strong><br />

unveräußerlichen Eigenwertes der menschlichen Person verstanden, der sich<br />

wiederum in verschiedenen natürlichen Rechten des Individuums niederschlägt.<br />

Zum Ensemble dieser die Menschenwürde konstituierenden Rechte zählt der<br />

Würzburger Rechtsphilosoph Eric Hilgendorf „1. das Recht auf ein materielles<br />

Existenzminimum, 2. das Recht auf autonome Selbstentfaltung, 3. das Recht auf<br />

geistig-seelische Integrität, 4. das Recht auf Freiheit von extremem Schmerz, 5.<br />

das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, 6. das Recht auf Rechtsgleichheit<br />

sowie 7. das Recht auf minimale Achtung“. 40<br />

Legt man dieses Verständnis von Menschenwürde zugr<strong>und</strong>e, dann wird sofort<br />

deutlich, daß die Folter gleich in mehrfacher Hinsicht eine massive Verletzung<br />

der Menschenwürde darstellt, weil das Folteropfer nicht nur des Existenzminimums<br />

<strong>und</strong> der elementaren Achtung beraubt, sondern auch in seiner psychophysischen<br />

Integrität verletzt wird. Allerdings ist zu betonen, daß die genannten<br />

Rechte nicht einfach <strong>als</strong> gleichwertige Größen beziehungslos nebeneinander<br />

stehen.<br />

Da der Kern der Menschenwürde in der Autonomiefähigkeit des Menschen besteht,<br />

liegt das eigentlich Verwerfliche der Folterhandlung gar nicht in der Zufügung<br />

körperlicher Schmerzen <strong>als</strong> solcher, sondern in dem gezielten Versuch, bis<br />

in das Innerste einer Person – <strong>als</strong>o bis in den Bereich, wo Selbstbewußtsein,<br />

Gewissens- <strong>und</strong> Willensfreiheit ihren Sitz haben – vorzudringen <strong>und</strong> die Person<br />

durch eine bewußte Traumatisierung zu einem Handeln zu zwingen, das im Widerspruch<br />

zur eigenen Gewissensentscheidung steht. 41 Letztlich geht es <strong>als</strong>o auch<br />

bei der Rettungsfolter um einen Angriff auf die Autonomiefähigkeit des Menschen,<br />

durch den dieser auf die Ebene einer bloß körperlich-vegetativen Existenzform<br />

herabgewürdigt wird.<br />

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