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Schlechtigkeit der Folter hingewiesen hat 32 , daß die Folter in der moraltheologischen<br />

Tradition aber gerade nicht zu den deontologisch normierten intrinsece<br />

mala gezählt worden ist. Bekanntlich waren es denn auch nicht Denker wie<br />

Thomas von Aquin oder der Erzdeontologe Immanuel Kant 33 , sondern verschiedene<br />

Autoren aus dem Umkreis des Utilitarismu s – wie Jeremy Bentham 34 <strong>und</strong><br />

Cesare Beccaria 35 –, die sich in der Neuzeit energisch für eine Abschaffung der<br />

Folter eingesetzt haben.<br />

Um jedoch beurteilen zu können, ob Wolberts teleologischer Denkansatz tatsächlich<br />

ein absolutes Folterverbot zu begründen vermag, müssen wir einen Blick auf<br />

die verschiedenen Einzelargumente werfen, mit deren Hilfe er zu einer „gr<strong>und</strong>sätzlichen<br />

Ablehnung der Folter“ kommen will. Wolbert stützt sich auf fünf<br />

Überlegungen: 1. äußere sich der Respekt vor den Menschen für uns heute wesentlich<br />

auch im Respekt vor der körperlichen Integrität des anderen; 2. gehöre<br />

der Körper des Verbrechers – entgegen früheren Anschauungen – nicht dem<br />

Staat; 3. sei das Opfer durch die Folter für lange Zeit oder ein ganzes Leben<br />

geprägt; 4. müsse derjenige, der einen anderen Menschen foltere, dabei ein Stück<br />

seiner eigenen Humanität über Bord werfen, <strong>und</strong> 5. sei <strong>hier</strong> eine Art slippery<br />

slope-Betrachtung relevant, da die akute Gefahr mißbräuchlicher Ausweitungseffekte<br />

bestehe. 36<br />

Überblickt man diese fünf Argumente, dann fällt auf, daß vor allem die beiden<br />

ersten Gesichtspunkte ohnehin nur auf die körperliche Folter anwendbar sind,<br />

<strong>und</strong> die Argumente drei <strong>und</strong> vier insofern äußerst vage <strong>und</strong> unbestimmt bleiben,<br />

<strong>als</strong> die spezifische Art der Beeinträchtigung sowohl des Täters wie des Opfers<br />

durch die Folterhandlung überhaupt nicht zur Sprache kommt. Daß <strong>als</strong> harter<br />

Kern der Wolbertschen Argumentation somit letztlich nur noch das relativ<br />

schwache Dammbruchargument übrig bleibt, erhellt auch aus der Feststellung<br />

des Autors, sein „gr<strong>und</strong>sätzliches Nein“ zur Rettungsfolter sei „im Sinne einer<br />

‚lex lata ad praecavendum periculum generale‘“ 37 zu verstehen, da bereits überall<br />

dort, wo man eine solche Handlungsweise auch nur in Erwägung ziehe, dem<br />

Mißbrauch Tür <strong>und</strong> Tor geöffnet sei.<br />

Ich halte diese Behauptung gerade im Blick auf die besonderen Umstände der<br />

Rettungsfolter insofern für wenig überzeugend, <strong>als</strong> es sich <strong>hier</strong>bei um eine ganz<br />

eindeutig umschriebene Extremsituation handelt, in der es per definitionem um<br />

einen durch entsprechende Sicherheitsvorkehrungen eingegrenzten, gewissermaßen<br />

streng kontrollierten Foltereinsatz geht. Gerade ein rein folgenorientierter<br />

Ansatz wie das teleologische Denkmodell müßte <strong>hier</strong> eigentlich zur Verhinderung<br />

von größeren Katastrophen die Rettungsfolter <strong>als</strong> minus malum tolerieren<br />

<strong>und</strong> zu einem entsprechenden Erlaubnisurteil gelangen. So polemisiert Wolbert<br />

denn auch ausdrücklich gegen die ‚fiat iustitia pereat m<strong>und</strong>us‘-Mentalität der<br />

Deontologie, die sich der scheinbar zwingenden Logik derartiger Abwägungsprozesse<br />

hartnäckig widersetzt. 38<br />

Wolbert versucht, das Problem der drohenden Inkonsistenz seiner Position durch<br />

die Behauptung zu lösen, „daß die bei solchen Gegenargumenten vorgetragenen<br />

Güterabwägungen meist recht selektiv sind“, <strong>und</strong> „Gesichtspunkte wie der Gewöhnungseffekt,<br />

die Erosion des Rechtsbewußtseins (<strong>und</strong>) der seelische Schaden<br />

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