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Als zu eng erweisen sich darüber hinaus aber auch solche Definitionsversuche,<br />

die von Folter nur dann sprechen wollen, wenn eine ganz bestimmte Intention<br />

des Folterers – wie z.B. die Erlangung von bestimmten Informationen – gegeben<br />

ist, so daß vergleichbare Gewaltanwendungen mit einer anders gearteten Zielsetzung<br />

rein begrifflich nicht mehr <strong>als</strong> Folter zu qualifizieren wären. 9 Gegenüber<br />

derartigen Ansätzen ist an die immense Breite des intentionalen Spektrums von<br />

Folterhandlungen zu erinnern, die wir rein sprachlich dadurch zum Ausdruck<br />

bringen, daß wir etwa von ‚Geständnisfolter‘, ‚Bestrafungsfolter‘, ‚Hinrichtungsfolter‘,<br />

‚Unterhaltungsfolter‘ oder neuerdings auch von ‚Rettungsfolter‘ reden.<br />

Innerhalb des generellen Handlungstyps der Folter haben wir <strong>als</strong>o mit einer Fülle<br />

verschiedener Handlungsarten zu rechnen, die sich intentional erheblich voneinander<br />

unterscheiden 10 <strong>und</strong> die auch wertungsmäßig klar gegeneinander abzugrenzen<br />

sind.<br />

Eine dritte Variante der gezielten Verengung des Folterbegriffs begegnet uns<br />

schließlich in einem Vermerk des amerikanischen Justizministeriums vom August<br />

2002, in dem ausgeführt wird, körperlicher Schmerz im Sinne der Anti-<br />

Folter-Konvention der Vereinten Nationen müsse in seiner Intensität dem<br />

Schmerz gleichkommen, der „eine ernsthafte Körperverletzung, wie Organversagen,<br />

Beeinträchtigung der Körperfunktionen oder sogar den Tod“ begleitet.<br />

Ebenso wie die Etikettierung afghanischer Kriegsgefangener <strong>als</strong> ‚feindliche<br />

Kämpfer‘ <strong>und</strong> ihre gezielte Verbringung in das außerhalb des US-Territoriums<br />

gelegene Gefangenenlager Guantanamo Bay auf Cuba verfolgt auch die bewußte<br />

Einschränkung des Folterbegriffs auf extremste Formen der Schmerzzufügung<br />

ganz offensichtlich das Ziel, bestehende völkerrechtliche Normierungen zu unterlaufen<br />

<strong>und</strong> eine Grauzone zu schaffen, die es amerikanischen Soldaten ermö g-<br />

licht, straffrei Handlungen auszuführen, die bei näherer Betrachtung <strong>als</strong> illegitime<br />

Akte der Folter zu bezeichnen sind. So überrascht es denn auch kaum, daß<br />

das Justizministerium sofort nach Bekanntwerden der Übergriffe in Abu Ghraib<br />

den genannten Vermerk für überholt erklärt <strong>und</strong> in einer neuen Anweisung klargestellt<br />

hat, daß „großer Schmerz“ nicht auf „quälende <strong>und</strong> unerträgliche“<br />

Schmerzen zu beschränken sei.<br />

Angesichts der verschiedenen Möglichkeiten einer unzulässigen Überdehnung<br />

bzw. Verengung des Folterbegriffs drängt sich natürlich die Frage auf, wie denn<br />

dann eine angemessene Begriffsbestimmung näherhin aussehen könnte. Einen<br />

guten Orientierungspunkt bietet m. E. die Definition, die sich in Artikel 1 Absatz<br />

1 der UN-Folterkonvention vom 10.12.1984 findet. Sie lautet:<br />

„Im Sinne dieses Übereinkommens bezeichnet der Ausdruck ‚Folter‘ jede Handlung,<br />

durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische<br />

Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem<br />

Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich<br />

oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen oder um<br />

sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen, oder aus einem anderen,<br />

auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Gr<strong>und</strong>, wenn diese<br />

Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder<br />

einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlas-<br />

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