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scheinung eines neuartigen Phänomens, nämlich des sogenannten ‚Kriegs gegen<br />

den Terrorismus‘ zu tun, der seit dem 11. September 2001 die Einstellung vieler<br />

Menschen zur Folter nachhaltig verändert zu haben scheint. Plötzlich debattieren<br />

im Mutterland von Demokratie <strong>und</strong> Bürgerrechten wohlerzogene Liberale über<br />

die gewaltsame Erpressung von Aussagen zum Schutze ihres Gemeinwesens.<br />

Das Nachrichtenmagazin Newsweek kommentie rte diese neue Situation in seiner<br />

Ausgabe vom 5. November 2002 denn auch ebenso lakonisch wie treffend mit<br />

der Überschrift „Time to think about torture“. Ganz offensichtlich häufen sich<br />

die Stimmen derjenigen, die unter dem Eindruck des lange unterschätzten Bedrohungspotenti<strong>als</strong><br />

durch den internationalen Terrorismus immer lautstarker die<br />

Frage stellen, ob es nicht auch Situationen geben könnte, unter denen der Einsatz<br />

der Folter zur Rettung von Menschen zumindest gerechtfertigt erscheint.<br />

Um diese Frage schrittweise einer Antwort zuzuführen, werde ich zunächst versuchen,<br />

den Begriff der Folter genauer zu bestimmen. Im Anschluß daran soll im<br />

Blick auf die sogenannte ‚Rettungsfolter‘ gezeigt werden, warum an einem strikt<br />

ausnahmslosen Verbot der Folter festzuhalten ist. Ein dritter Argumentationsschritt<br />

ist dann der Auseinandersetzung mit der Problematik einer Androhung<br />

von Folter gewidmet, die im Fall Daschner für erhebliches Aufsehen gesorgt hat.<br />

1. Zur näheren Bestimmung des Begriffs der Folter<br />

Eine wesentliche Voraussetzung für eine überzeugende moralische Urteilsbildung<br />

besteht ganz generell in einer klaren Begriffssprache. Schon ein flüchtiger<br />

Blick auf die derzeitige Folter-Debatte genügt jedoch um festzustellen, daß <strong>hier</strong><br />

von einer präzisen, allgemein geteilten Terminologie keine Rede sein kann. Statt<br />

dessen stößt man auf zwei gegenläufige Tendenzen, die beide insofern höchst<br />

problematisch erscheinen, <strong>als</strong> sie sich einer ganz bestimmten partikularen Interessenlage<br />

verdanken. Die eine Tendenz besteht in einer extrem weiten Begriffsverwendung,<br />

derzufolge praktisch „jede Zufügung von körperlichem oder seelischem<br />

Leid“ 5 bereits <strong>als</strong> Folter angesehen wird. 6 Daß die mit einer solchen Ausweitung<br />

bzw. Überdehnung einhergehende „geradezu quälende Unbestimmtheit“<br />

7 des Folterbegriffs kaum dazu angetan ist, die Möglichkeit eines strikt<br />

ausnahmslosen Folterverbotes auch nur ernsthaft in Erwägung zu ziehen, versteht<br />

sich eigentlich von selbst. Die andere, genau entgegengesetzte Tendenz<br />

wird überall dort sichtbar, wo der Folterbegriff so verengt wird, daß er nur noch<br />

einen Teilbereich jener Mißhandlungen abdeckt, die wir begründeterweise <strong>als</strong><br />

‚Folter‘ anzusprechen gewohnt sind. Die einfachste Form einer solchen ungebührlichen<br />

Begriffsverengung ist bei Werner Wolbert zu beobachten, der in seinem<br />

LThK-Artikel die Folter <strong>als</strong> „die mit bestimmten Geräten vorgenommene<br />

körperliche Mißhandlung von Menschen“ 8 bestimmt. Diese Definition trifft zwar<br />

auf eine ganze Reihe von Foltertechniken durchaus zu, doch schließt sie zu Unrecht<br />

den weiten Bereich der Seelentortur aus, die nicht primär auf eine Beeinträchtigung<br />

der körperlichen Integrität des Opfers abzielt <strong>und</strong> folglich auch auf<br />

den Einsatz entsprechender ‚Gerätschaften‘ verzichten kann.<br />

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