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Im Gr<strong>und</strong>satz ist das aus den eingangs erwähnten Gründen auch sicher zu begrüßen.<br />
Die Umstände, unter denen es zu dieser Entscheidung kam, werfen aber –<br />
denkt man an den Satz „Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein; alles andere<br />
stammt vom Bösen. (Mt 5,37) sicher die Frage auf, ob die Europäische Union<br />
ihrerseits gegenwärtig überhaupt fähig ist, Verhandlungen mit Beitrittskandidaten<br />
zu führen.<br />
Um so mehr kommt es jetzt auf das Screening an, mit dem die Europäische<br />
Kommission in diesen Wochen beginnt, um festzustellen, inwieweit die Gesetzgebung<br />
der Türkei den Rechtstexten der EU angeglichen ist. Das Screening, das<br />
im günstigsten Fall nach etwa einem Jahr abgeschlossen sein kann, wobei jedoch<br />
der Gr<strong>und</strong>satz „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ gelten soll, wird in allen 35<br />
Kapiteln des Verhandlungsrahmens 6 vorgenommen - <strong>und</strong> erst dann können die<br />
Verhandlungen über die Kapitel des Verhandlungsrahmens beginnen.<br />
Sieht man sich die Kapitelüberschriften des Verhandlungsrahmens an, wird deutlich,<br />
daß die Fragestellungen, die sich auf die Erfüllung des politischen [Kopenhagener]<br />
Kriteriums, Institutionelle Stabilität, demokratische <strong>und</strong> rechtstaatliche<br />
Ordnung, Wahrung der Menschenrechte sowie Achtung <strong>und</strong> Schutz von Minderheiten,<br />
beziehen, nicht ausdrücklich Gegenstand eines gesonderten Verhandlungskapitels<br />
sind.<br />
Kernproblem Religionsfreiheit<br />
Soweit die genannten Themenkomplexe nicht im Rahmen der Ve rhandlungen<br />
über die Kapitel 23 Rechtswesen <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>rechte bzw. 24 Justiz, Freiheit <strong>und</strong><br />
Sicherheit angesprochen werden, bleibt es Aufgabe der Europäischen Kommission,<br />
dafür Sorge zu tragen, daß die Diskussion der offenen <strong>und</strong> teilweise äußerst<br />
komplexen Fragen etwa im Hinblick auf die Menschenrechtslage – man denke<br />
nur an das Spannungsfeld von Religionsfreiheit i.S.d. Art. 9 der Europäischen<br />
Menschenrechtskonvention <strong>und</strong> dem damit inkompatiblen türkischen Verständnis<br />
von Laizismus in der Türkei – nicht unbehandelt bleiben. In diesem Zusammenhang<br />
kommt auch der Zivilgesellschaft in der Türkei <strong>und</strong> den 25 EU -<br />
Mitgliedsstaaten – etwa auch den Kirchen – eine wichtige Rolle zu. Der bisherige<br />
Umgang der Europäischen Kommission <strong>und</strong> der EU-Mitgliedsstaaten mit den<br />
Defiziten im Hinblick auf die Religionsfreiheit in der Türkei <strong>und</strong> den daraus<br />
resultierenden rechtlichen <strong>und</strong> praktischen Problemen der Religionsgemeinschaften<br />
– etwa auch der christlichen Kirchen – gibt nämlich Anlaß zur Sorge.<br />
Die Europäische Kommission <strong>und</strong> die Delegation der Europäischen Kommission<br />
in Ankara haben sich bislang im wesentlichen auf die Klärung der Fragen im<br />
Hinblick auf die sogenannten Gemeindestiftungen konzentriert. Als Gemeindestiftungen,<br />
die Rechtspersönlichkeit haben, sind die Liegenschaften bestimmter<br />
Kirchen 7 <strong>und</strong> der jüdischen Gemeinschaft organisiert. Rechtlich gesehen haben<br />
diese Gemeindestiftungen mit den entsprechenden Kirchen, die ihrerseits in der<br />
Türkei keine Rechtspersönlichkeit haben, <strong>als</strong>o nicht existieren, nichts zu tun.<br />
Sollte nach langem hin <strong>und</strong> her über kurz oder lang das türkische Parlament nun<br />
ein seit geraumer Zeit überfälliges Stiftungsrecht – vielleicht sogar nach Maßga-<br />
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