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Problem, dem sich die Türkei auch weiterhin widmen muß. Es reicht eben nicht<br />
aus, Gesetze zu erlassen, sich aber nicht um ihre Anwendung zu kümmern bzw.<br />
diese gar zu behindern. Und es ist erst recht intolerabel, wenn neue Rechtsvorschriften,<br />
die die Türkei reif für Europa machen sollen, schlicht dadurch umgangen<br />
werden, daß findige Staatsanwälte <strong>und</strong> Richter fortbestehende Rechtsvorschriften,<br />
die sich auf ganz andere Sachverhalte beziehen, so uminterpretieren,<br />
daß sie die Verurteilung für Sachverhalte ermöglichen, die mittlerweile gar nicht<br />
mehr strafbewehrt sind.<br />
All das <strong>und</strong> noch viel mehr haben die Außenminister der 25 EU-Mitgliedsstaaten<br />
gewußt, <strong>als</strong> sie sich in den späten Nachtst<strong>und</strong>en des 3. Oktober 2005 auf die<br />
genau für diesen 3. Oktober 2005 in Aussicht gestellte Eröffnung von Beitrittsverhandlungen<br />
mit der Türkei einigten.<br />
So war es für die EU-Kommission <strong>und</strong> die EU-Mitgliedsstaaten eigentlich <strong>und</strong>enkbar,<br />
daß es Beitrittsverhandlungen zwischen der Republik Türkei <strong>und</strong> den<br />
25 EU-Mitgliedsstaaten geben kann, solange das neue EU -Mitglied Zypern von<br />
der Türkei nicht völkerrechtlich anerkannt wird. Da nicht zu erwarten war, daß<br />
die Türkei die Republik Zypern völkerrechtlich anerkennen würde, erschien es<br />
<strong>als</strong> elegante Lösung eines komplexen Problems, von der Türkei ersatzweise die<br />
Unterzeichnung eines Zusatzprotokolls 4 zum sogenannten Vertrag von Ankara<br />
über die Assoziierung der Türkei an die EWG 5 zu verlangen, wodurch der Gü l-<br />
tigkeitsbereich dieses Vertrages auf die zehn neuen EU-Mitgliedsländer <strong>und</strong><br />
damit auch die Republik Zypern ausgeweitet wurde. Während aber für die EU -<br />
Kommission <strong>und</strong> die EU -Mitgliedsstaaten die Unterzeichnung dieses Zusatzprotokolls<br />
durch die Türkei <strong>als</strong> faktische, wenn auch nicht förmliche, völkerrechtliche<br />
Anerkennung der Republik Zypern angesehen wurde, machten türkische<br />
Regierungsvertreter immer wieder darauf aufmerksam, daß die Unterzeichnung<br />
des Zusatzprotokolls für sie nicht einer völkerrechtlichen Anerkennung der Republik<br />
Zypern gleichkomme.<br />
Die Intimfre<strong>und</strong>e Ankaras in der EU scheinen bis zuletzt geglaubt zu haben, die<br />
Türkei werde sich wie gewünscht verhalten, das Zusatzprotokoll unterzeichnen<br />
<strong>und</strong> nach Möglichkeit die Frage der völkerrechtlichen Anerkennung der Republik<br />
Zypern am besten gar nicht mehr erwähnen. Diese Hoffnung wurde aber<br />
bitter enttäuscht. Die Türkei unterzeichnete zwar das Zusatzprotokoll zum Ve r-<br />
trag von Ankara, machte in einer Verlautbarung aber deutlich, daß die Unterzeichnung<br />
des Protokolls nicht die völkerrechtliche Anerkennung der Republik<br />
Zypern bedeute, was gr<strong>und</strong>sätzlich zwar möglich sei, aber erst nach einer endgültigen<br />
vertraglichen Lösung des Zypernkonflikts.<br />
Spätestens an diesem Punkt hätte man von der EU -Ratspräsidentschaft bzw. den<br />
EU-Mitgliedsstaaten eigentlich eine deutliche Stellungnahme, wenn nicht gar<br />
eine klare Entscheidung für die Aufschiebung der Eröffnung der Beitrittsverhandlungen<br />
bis zur Klärung der strittigen Fragen in Sachen Zypern erwarten<br />
dürfen. Ankara konnte sich aber einmal mehr auf seine Fre<strong>und</strong>e verlassen <strong>und</strong> so<br />
kam es wie nicht anders zu erwarten – die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei<br />
wurden am 3. Oktober 2005 eröffnet.<br />
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