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standes“, <strong>als</strong>o des acquis communautaire, der gegenwärtig ungefähr 80.000 Seiten<br />
Rechtstexte umfaßt.<br />
Entscheidend für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen sollte die weitgehende<br />
Erfüllung des „politischen Kriteriums“ sein. In der am 6. Oktober 2004<br />
veröffentlichten Empfehlung zu den Fortschritten der Türkei auf dem Weg zum<br />
Beitritt 1 stellt die Europäischen Kommission fest, daß sie „in Anbetracht der<br />
bereits erreichten allgemeinen Fortschritte im Reformprozeß <strong>und</strong> unter der Vo r-<br />
aussetzung, daß die … noch ausstehenden Gesetze 2 in Kraft treten, … der Auffassung<br />
[sei], daß die Türkei die politischen Kriterien in ausreichendem Maß<br />
erfülle“ <strong>und</strong> empfiehlt die Eröffnung von Beitrittsverhandlungen. Die Kommission<br />
äußerte gleichzeitig die Erwartung, daß „die Unumkehrbarkeit des Reformprozesses,<br />
seine Umsetzung insbesondere im Hinblick auf die Gr<strong>und</strong>freiheiten,<br />
… sich über einen längeren Zeitraum bestätigen“ müssen.<br />
Strenggenommen hätte der damalige EU -Erweiterungskommissar Günter Verheugen<br />
der EU-Kommission im Oktober 2004 überhaupt kein Papier über eine<br />
an den Europäischen Rat zu richtende Empfehlung über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen<br />
mit der Türkei zur Beschlußfassung vorlegen dürfen. So<br />
hatte Verheugen bei einem Gespräch am 15. Juli 2004, bei dem ihm Vertreter<br />
von Menschenrechtsorganisationen ihre Einschätzung der Lage in der Türkei<br />
vortrugen, mir gegenüber bestätigt, daß sich etwa die von mir vorgetragenen<br />
Defizite im Hinblick auf die Religionsfreiheit <strong>und</strong> den Rechtsstatus der nichtmuslimischen<br />
Minderheiten, mit den Erkenntnissen der EU -Kommission deckten.<br />
Daß die erwähnten Defizite im Oktober 2004 noch fortbestanden, ist dem<br />
ebenfalls am 6. Oktober 2004 veröffentlichten Regelmäßigen Bericht über die<br />
Fortschritte der Türkei auf dem Weg zum Beitritt 3 der EU-Kommission zu entnehmen,<br />
den dam<strong>als</strong> noch Günter Verheugen verantwortete.<br />
Wie im Hinblick auf die Themenfelder Religionsfreiheit <strong>und</strong> Rechtsstatus der<br />
nicht-muslimischen Minderheiten hat sich auch in vielen anderen, die Menschenrechte<br />
tangierenden Themenfeldern, im letzten Jahr in der Türkei nichts oder nur<br />
sehr wenig bewegt. Im Fortschrittsbericht 2005, den die EU -Kommission am 9.<br />
November 2005 vorgelegt hat, hagelt es deshalb auch Kritik. Und passagenweise<br />
liest sich der Fortschrittsbericht 2005 wie eine Abschrift des letztjährigen Fortschrittsberichts.<br />
Anzuerkennen ist immerhin, daß die sechs Gesetze, deren Verabschiedung in der<br />
am 6. Oktober 2004 veröffentlichten Empfehlung zu den Fortschritten der Türkei<br />
auf dem Weg zum Beitritt <strong>als</strong> Vorbedingung für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen<br />
genannt war, mittlerweile verabschiedet worden sind. Sieht man<br />
allerdings die Kopenhagener Kriterien – <strong>und</strong> <strong>hier</strong> insbesondere das sogenannte<br />
politische Kriterium – weiterhin <strong>als</strong> die Basis für die Diskussion über die Aufnahme<br />
von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, sind die Voraussetzungen für<br />
die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen eigentlich noch immer nicht erfüllt.<br />
Denn institutionelle Stabilität, demokratische <strong>und</strong> rechtstaatliche Ordnung, Wahrung<br />
der Menschenrechte sowie Achtung <strong>und</strong> Schutz von Minderheiten können<br />
nach herrschender Meinung eigentlich nicht schon deshalb <strong>als</strong> gegeben erachtet<br />
werden, weil dies von Rechtsnormen so postuliert wird. Und das ist genau das<br />
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