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Paratexte in der englischen Erzählprosa des 18. Jahrhunderts

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KAPITEL 5 TRISTRAM SHANDY (1759–67)<br />

5.5 DAS VORWORT<br />

mentare, die sich fast immer solche Leser wünschen 34 , anschließt:<br />

Now these two [. . . ] top ornaments of the m<strong>in</strong>d of man, which crown the whole<br />

entablature,–be<strong>in</strong>g, as I said, wit and judgment, which of all others, as I have<br />

proved it, are the most needful,–the most priz’d,—the most calamitous to<br />

be without, and consequently the har<strong>des</strong>t to come at,—for all these reasons<br />

put together, there is not a mortal amongst us [. . . ] who does not wish and<br />

stedfastly resolve <strong>in</strong> his own m<strong>in</strong>d, to be, or to be thought at least master<br />

[. . . ] of both of them [S. 159]<br />

Der Autor charakterisiert das Ziel se<strong>in</strong>es Werks später mit <strong>der</strong> Auflösung <strong>des</strong> spleen<br />

durch laughter (Kapitel IV, xxii [S. 239]), bereits hier im Vorwort betont er die<br />

Notwendigkeit <strong>des</strong> wit als gleichberechtigt neben judgment. 35<br />

Auch <strong>der</strong> Anlaß für das Vorwort weicht vom traditionellen Verfahren ab: es wurde<br />

nicht anläßlich <strong>des</strong> gesamten Texts bzw. zu se<strong>in</strong>er Veröffentlichung verfaßt, son<strong>der</strong>n<br />

weil <strong>der</strong> plot es erlaubte. 36 Das Vorwort ist also aus <strong>der</strong> histoire motiviert und sogar<br />

plaziert. 37 Die Stellung ist daher mitten im Text festgelegt, das Vorwort kann sich<br />

folglich auch kaum verän<strong>der</strong>n und nicht aus dem Peritext verschw<strong>in</strong>den (die Lebenszeit<br />

von Vorwort und Text s<strong>in</strong>d identisch). Außerdem ist es dem Leser nicht freigestellt,<br />

es zu lesen o<strong>der</strong> nicht, was Genette <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Typologie als ”<br />

unterschiedliche<br />

Verb<strong>in</strong>dlichkeit“ paratextueller Elemente faßt. Bereits die unverän<strong>der</strong>liche Stellung<br />

sowohl räumlich als auch zeitlich also wi<strong>der</strong>spricht se<strong>in</strong>er Funktion, gleichzeitig ist es<br />

hierzu stimmig we<strong>der</strong> sprachlich (ke<strong>in</strong>e diskursive Abhebung vom narrativen Text)<br />

noch kompositorisch (Philosophiediskussion über wit und judgment) vom Text unterschieden.<br />

An<strong>der</strong>s als bei Tom Jones, wo die Lektüre <strong>der</strong> Vorworte explizit (wenn auch<br />

ironisch) als fakultativ beschrieben und sie lediglich als Kontrast zum eigentlichen<br />

Text gesehen wurde (Kapitel V, 1 [S. 202]), stellt sich das Vorwort von Tristram<br />

Shandy dagegen als gerade beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> den umgebenden Text <strong>in</strong>tegriert dar. 38<br />

Genette beschreibt mit dem Term<strong>in</strong>us ”<br />

vollendete Textualisierung“ das Phänomen,<br />

daß Vorworte mit <strong>der</strong> Zeit ihre pragmatische Funktion verlieren und Bestandteil <strong>des</strong><br />

Texts werden: dieses Vorwort jedoch erfüllt kaum e<strong>in</strong>e pragmatische Vorwortfunktion<br />

34 Vgl. [53] Stedmond, S. 97.<br />

35 Vgl. Arthur H. Cash: “In the ‘Author’s Preface’ <strong>in</strong> Volume III, perhaps Sterne’s most important<br />

justification of his fiction, he specifically takes issue with Locke’s notion that the talent for wit<br />

and the talent for judgment are not to be found coexist<strong>in</strong>g <strong>in</strong> one person – a notion which seemed<br />

to Sterne to deny the very possibility of constructive laughter.” In [17] Cash, S. 76.<br />

36 Vgl. auch Sternes “Preface <strong>in</strong> the Desobligeant” <strong>in</strong> A Sentimental Journey.<br />

37 Elg<strong>in</strong> W. Mellown unterstüzt diese These <strong>in</strong>dem er die Plazierung <strong>des</strong> Vorworts an dieser Stelle<br />

mitten im Text auf den hier erreichten wichtigen Punkt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geschichte bezieht: “Then, as Toby<br />

and Walter fall asleep, Tristram–Sterne puts forward his Author’s PREFACE <strong>in</strong> the chronologically<br />

accurate position [. . . ] — for if Tristram is giv<strong>in</strong>g his life and op<strong>in</strong>ions, how can he preface them<br />

until he is (at least almost) on the scene? The wit arises from a strict logic totally at variance<br />

with the logic of the surround<strong>in</strong>g parts. The birth proper is announced <strong>in</strong> chapter 22 when Trim<br />

opens the parlor door.” In [37] Elg<strong>in</strong> W. Mellown: “Narrative Technique <strong>in</strong> ‘Tristram Shandy’ ”.<br />

In: Gerd Rohmann (Hg.), Laurence Sterne. Darmstadt: Wiss. Buchgesellschaft, 1980, S. 113–121,<br />

hier S. 1<strong>18.</strong><br />

38 Vgl. [28] Genette, S. 222f.<br />

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