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Paratexte in der englischen Erzählprosa des 18. Jahrhunderts

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KAPITEL 4 A TALE OF A TUB (1704/10)<br />

4.6 DIE ANMERKUNGEN<br />

ob die Betitelung von SECT. X. nun ürsprünglich fehlerhaft war o<strong>der</strong> nicht 58 , vor<br />

dem H<strong>in</strong>tergrund <strong>der</strong> generell fortschreitenden Unterwan<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Tale durch die<br />

Digressions o<strong>der</strong> vice versa zu sehen, die e<strong>in</strong>e klare Diskurstrennung zunehmend<br />

unmöglich macht.<br />

E<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s schönes Beispiel dafür ist SECT. VII A Digression <strong>in</strong> Praise of<br />

Digression wo sich das Diskurspr<strong>in</strong>zip selbst thematisiert und kommentiert. Die Digression<br />

ist hier weitgehend auf ihre selbstgefällige, materielle und <strong>in</strong>haltslose Form<br />

reduziert. Der Zwischentitel kündigt auf e<strong>in</strong>er Metaebene e<strong>in</strong>e Gattungsexplikation<br />

über den Modus <strong>der</strong> Gattung selbst an und verdichtet so geradezu paradigmatisch<br />

das gesamte Diskursverfahren, <strong>in</strong>dem nur e<strong>in</strong>e Digression von <strong>der</strong> Digression<br />

tatsächlich e<strong>in</strong> angemessener Tribut an die Form se<strong>in</strong> kann. Dabei erfolgt die Lobeshyme<br />

sowohl auf formaler als auch auf <strong>in</strong>haltlicher Ebene, die Satire auf die Form<br />

<strong>der</strong> Digressions ist verbunden mit <strong>der</strong> Satire auf die ”<br />

Digression“ <strong>des</strong> “mo<strong>der</strong>n learn<strong>in</strong>g”<br />

vom “ancient learn<strong>in</strong>g.” 59 Die Bücher <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>ns s<strong>in</strong>d danach nichts an<strong>der</strong>es<br />

als Ansammlungen paratextueller Konventionen.<br />

4.6 Die Anmerkungen<br />

Der komplexe Anmerkungsapparat von A Tale of a Tub weist Anmerkungen verschiedenster<br />

Formen und Funktionen auf. Da das annotierte Textsegment und die zugehörige<br />

Fußnote nicht notwendigerweise vom selben Adressanten stammen müssen,<br />

gibt es verschiedene Komb<strong>in</strong>ationsmöglichkeiten, etwa allographe Fußnoten zu auktorialen<br />

Segmenten o. ä., o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> von Anmerkungen, die verschiedenen<br />

Adressanten (Autor, Verleger o<strong>der</strong> Dritten) zugeschrieben werden. Wegen<br />

<strong>der</strong> Abwesenheit auktorialer Anmerkungen zum Text (bed<strong>in</strong>gt durch die fiktionale<br />

Überlieferungsgeschichte 60 ) und durch die E<strong>in</strong>beziehung authentisch–allographer<br />

Anmerkungen handelt es sich bei A Tale of a Tub stärker als bei Tom Jones um<br />

e<strong>in</strong>en genu<strong>in</strong> paratextuellen Anmerkungsapparat, <strong>der</strong> aber erneut, wie schon die<br />

meisten vorigen <strong>Paratexte</strong>, funktional für die Satire e<strong>in</strong>gesetzt wird.<br />

In <strong>der</strong> Orig<strong>in</strong>alausgabe von 1704 traten die Anmerkungen ausschließlich als<br />

fiktiv–allographe an näher bestimmte Segmente <strong>des</strong> Textes angehängte[] Marg<strong>in</strong>alien<br />

auf.“ 61 Diese stellten schon e<strong>in</strong>e offensichtliche Parodie auf die gelehrten<br />

”<br />

Klassiker–Editionen <strong>der</strong> Zeit dar: die (Ergänzung herausfor<strong>der</strong>nden) Lücken im Text<br />

(S. 29, 82, 98), die unleserliche Titelseite (S. 33), die Veröffentlichung mit zwei fragmentarischen<br />

Werken und die verschiedensten allographen Verweise auf Quellen (sogar<br />

ohne genaue Spezifikation [S. 47]) ließen den Text bereits nach wenigen Jahren<br />

(für die mo<strong>der</strong>ns freilich e<strong>in</strong> unendlicher Zeitraum) als völlig veraltet, unverständ-<br />

58 Der ursprüngliche Titel SECT. X. A Tale of a Tub wurde <strong>in</strong> späteren Ausgaben ersetzt. In <strong>der</strong><br />

Ausgabe von 1720 trägt <strong>der</strong> Abschnitt den Titel “The Author’s Compliment to the Rea<strong>der</strong>s &c.”<br />

und <strong>in</strong> <strong>der</strong> posthumen Gesamtausgabe 1755 den Titel “A Further Digression”.<br />

59 Vgl. [52] Starkman, S. 137.<br />

60 Der hack ist allerd<strong>in</strong>gs selbst als Verfasser von Fußnoten aufgetreten, nämlich für chap–books,<br />

wie Tom Thumb, Tommy Potts und The Wise Men of Gotham, cum appendice (S. 31f.).<br />

61 In [28] Genette, S. 305.<br />

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