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Paratexte in der englischen Erzählprosa des 18. Jahrhunderts

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KAPITEL 4 A TALE OF A TUB (1704/10)<br />

4.4 DIE VORWORTE<br />

traditionellen Funktionen wahr. Bed<strong>in</strong>gt durch die primär pragmatischen Aufgaben<br />

steht jetzt, <strong>in</strong> scharfem Kontrast zur vorausgegangenen Zueignung <strong>des</strong> Verlegers,<br />

die nüchtern diskursiv paratextuelle, wenngleich nicht weniger ”<br />

dunkle“, Informationsvergabe<br />

im Zentrum, wobei sich empirische Wahrheit und Fiktion vermischen.<br />

Ausgehend vom Referenzpunkt <strong>der</strong> Orig<strong>in</strong>alveröffentlichung 1704, gibt <strong>der</strong> fiktive<br />

Verleger Details über die Weitergabe <strong>des</strong> Manuskripts und verifiziert durch e<strong>in</strong>en<br />

<strong>in</strong>terpretatorischen Akt (stilistische/<strong>in</strong>haltliche ”<br />

Analyse“) bereits den vom Autor<br />

im “PREFACE” genannten (epitextuell empirisch verifizierbaren) Entstehungszeitraum<br />

um 1697 (S. 20). 34 Gleichzeitig gibt das Vorwort Auskunft über die H<strong>in</strong>tergründe<br />

<strong>der</strong> jetztigen Veröffentlichung: sie erfolge ohne Wissen <strong>des</strong> Autors, <strong>der</strong> dem<br />

Verleger unbekannt sei und <strong>der</strong> das Manuskript für verschollen halte. Darüberh<strong>in</strong>aus<br />

stellt <strong>der</strong> fiktive Verleger Mutmaßungen über den Grad <strong>der</strong> Vollendung <strong>des</strong> Werks<br />

an und stilisiert sich ironisch, d. h. völlig konträr zur Zueignung, zum aufrichtigen<br />

Zeugen und Berichterstatter, ja sogar zum Vertreter <strong>der</strong> Interessen <strong>des</strong> Autors.<br />

Die Veröffentlichung nach über sechs Jahren erfolge im Dienst e<strong>in</strong>es unverfälschten<br />

Werks zum Schutz vor Verunstaltung durch e<strong>in</strong>en mo<strong>der</strong>n, <strong>der</strong> es ”<br />

auf die Höhe <strong>der</strong><br />

(mo<strong>der</strong>nen) Zeit“ br<strong>in</strong>gen wolle.<br />

Die betonte, den ganzen Paratext charakterisierende Aufrichtigkeit <strong>des</strong> Verlegers<br />

(gestützt durch den Verzicht auf die traditionell lügenhafte Geschichte <strong>der</strong> Verleger,<br />

wie sie <strong>in</strong> den Besitz <strong>des</strong> Manuskripts gekommen s<strong>in</strong>d) verfolgt jetzt natürlich wichtige<br />

textdienliche (i. e. satiredienliche) Aufgaben: <strong>der</strong> Verleger ersche<strong>in</strong>t als Herausgeber<br />

<strong>des</strong> Werks, gestützt durch die weitgehend wertfreien Marg<strong>in</strong>alien <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausgabe<br />

von 1704 also als erster, neutraler Interpret <strong>des</strong> Texts, <strong>der</strong> aber offenbar schon<br />

erheblichen E<strong>in</strong>fluß auf die Textgestalt genommen hat. Die Beschreibung <strong>des</strong> Manuskripts<br />

und die Auszeichnungen <strong>der</strong> editorischen Textmodifikationen bestätigen<br />

das verantwortungsbewußte Vorgehen <strong>des</strong> Herausgebers. Er setzt dadurch den für<br />

das Gel<strong>in</strong>gen <strong>der</strong> Satire so wichtigen Erwartungshorizont bei den Rezipienten <strong>in</strong> den<br />

Reihen <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>ns. Die Mystifizierungsstrategie (Autorschaft/Überlieferung) verlangt<br />

nach Erläuterungen zum Grub–street–Werk: die nach ”<br />

mo<strong>der</strong>nen“ Maßstäben<br />

historische Entrücktheit <strong>des</strong> Texts <strong>in</strong> das Jahr 1697 for<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>hergehend mit <strong>der</strong><br />

distanz– und überlieferungsbed<strong>in</strong>gten Dunkelheit <strong>des</strong> Texts von vornhere<strong>in</strong> Kommentierungen<br />

heraus, zumal <strong>der</strong> Text selbst schon <strong>in</strong> <strong>der</strong> Orig<strong>in</strong>alveröffentlichung<br />

verme<strong>in</strong>tliche Lücken und unentzifferbare Passagen aufwies, die <strong>in</strong> den Marg<strong>in</strong>alien<br />

<strong>des</strong> “Bookseller” und se<strong>in</strong>er fiktiven Helfer auch deutlich gemacht werden.<br />

Erst nach diesen Vorarbeiten, kann <strong>der</strong> verme<strong>in</strong>tliche Verleger jetzt überzeugend<br />

se<strong>in</strong>e Überfor<strong>der</strong>ung mit dem Text e<strong>in</strong>gestehen mit <strong>der</strong> seriösen Bitte um Erläuterungen<br />

<strong>des</strong> Texts durch Dritte, die er getrennt davon veröffentlichen will. 35 Damit<br />

34 Die Glaubwürdigkeit <strong>des</strong> “Bookseller” wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er nachträglichen Anmerkung (1710) auf<br />

<strong>der</strong> ersten Seite <strong>der</strong> Mechanical Operation, die eigentlich e<strong>in</strong> verkleidetes Vorwort ist, generell auf<br />

diesen Punkt e<strong>in</strong>geschränkt: “This Discourse is not altogether equal to the two former, the best<br />

parts of it be<strong>in</strong>g omitted; whether the bookseller’s account be true, that he durst not pr<strong>in</strong>t the<br />

rest, I know not; nor <strong>in</strong>deed is it easy to determ<strong>in</strong>e whether he may be relied on <strong>in</strong> anyth<strong>in</strong>g he<br />

says of this or the former treatises, only as to the time they were writ <strong>in</strong>, which however appears<br />

more from the discourses themselves than his relation.” (S. 126).<br />

35 Die Anmerkungen Wottons zum Tale <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Observations upon the Tale of a Tub (1705)<br />

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