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Paratexte in der englischen Erzählprosa des 18. Jahrhunderts

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KAPITEL 3 TOM JONES (1749)<br />

3.6 DIE ZWISCHENTITEL<br />

3.6 Inhaltsverzeichnis und Zwischentitel<br />

Die Zwischentitel (B<strong>in</strong>nentitel) dienen <strong>der</strong> Betitelung von Abschnitten (Teile, Kapitel,<br />

Absätze etc.) e<strong>in</strong>es Texts, wobei analog zum Titel <strong>des</strong> Werks zwischen (sprechenden)<br />

thematischen (vorwiegend <strong>in</strong> <strong>der</strong> volkstümlichen, komischen Literatur),<br />

rhematischen (längste Tradition <strong>der</strong> Betitelung für die ”<br />

seriöse“ Fiktion) und gemischten<br />

Zwischentiteln (mit den jeweiligen Gattungskonnotationen) unterschieden<br />

werden kann. Auch Zwischentitel können natürlich all das benennen, was <strong>der</strong> Romantitel<br />

benennt und sie können wie dieser e<strong>in</strong>e mehrdimensionale Referenz auf den<br />

Text bilden, wenn sie mehrere Aspekte <strong>des</strong>selben bezeichnen. Kapiteltitel können<br />

dabei generell detailliertere Auskunft über Semantik, Syntax und Struktur geben als<br />

dies e<strong>in</strong> Romantitel kann. 74 Der Status dieser <strong>Paratexte</strong> ist ziemlich klar festgelegt:<br />

die peritextuellen Orte (wo?) <strong>der</strong> Zwischentitel s<strong>in</strong>d 1. vor dem jeweiligen Abschnitt<br />

im Text, 2. gesammelt im Inhaltsverzeichnis zur Ankündigung vor dem Text o<strong>der</strong><br />

3. als Kolumnentitel zur Wie<strong>der</strong>holung am Rand <strong>des</strong> Texts und sie ersche<strong>in</strong>en <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Regel mit dem Text (wann?). Es handelt sich zumeist um verbale (wie?), auktoriale<br />

(von wem?) <strong>Paratexte</strong>, die im Gegensatz zum Titel <strong>des</strong> Werks an den Leser<br />

im speziellen (an wen?) adressiert s<strong>in</strong>d (öffentliche <strong>Paratexte</strong>) und auch nur für ihn<br />

s<strong>in</strong>nvoll und nützlich s<strong>in</strong>d.<br />

Zwischentitel üben durch ihren ordnenden Charakter großen E<strong>in</strong>fluß auf die<br />

Struktur, aber auch die Rezeption e<strong>in</strong>es Texts aus. Das Inhaltsverzeichnis am Beg<strong>in</strong>n<br />

e<strong>in</strong>es Werks versteht sich <strong>in</strong> Folge als überblickschaffende Sammlung und Textualisierung<br />

<strong>der</strong> Zwischentitel im Text. Ihre Hauptfunktion liegt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schaffung von<br />

(möglicherweise im Zwischentitel beschriebenen) s<strong>in</strong>nstiftenden E<strong>in</strong>heiten als ”<br />

<strong>in</strong>tegrale[]<br />

Bestandteil[e] e<strong>in</strong>es größeren Textganzen“ 75 . Die Zwischentitel sollen also die<br />

Rezeption <strong>des</strong> Texts durch die Sichtbarmachung se<strong>in</strong>er Konstituenten bzw. als Modi<br />

<strong>der</strong> textuellen Kohäsion erleichtern und im S<strong>in</strong>ne <strong>des</strong> Autors gestalten.<br />

Field<strong>in</strong>g g<strong>in</strong>g auf die Funktion <strong>der</strong> Zwischentitel für Erzähltexte schon ausführlich<br />

im Essay–Kapitel II, i “Of Divisions <strong>in</strong> Authors” von Joseph Andrews e<strong>in</strong>. 76 Nach<br />

<strong>der</strong> Zurückweisung von evtl. Vorwürfen <strong>der</strong> Platzsch<strong>in</strong><strong>der</strong>ei geht <strong>der</strong> Erzähler dort,<br />

unter Verwendung <strong>der</strong> Reisemetapher, sehr detailliert auf die Funktionen e<strong>in</strong>: Zwischentitel<br />

als rhematische Glie<strong>der</strong>ungse<strong>in</strong>heiten auf Kapitelebene erlauben e<strong>in</strong>e sukzessive<br />

Rezeption (Erleichterung <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>aufnahme <strong>der</strong> Lektüre), als rhematische<br />

Buchunterteilungen ermöglichen sie Ruhepausen zur Reflexion über das Gelesene<br />

und zur Wahrnehmung (und Würdigung) <strong>der</strong> Kunst <strong>des</strong> Autors. Die thematischen<br />

Zwischentitel erleichtern dem Leser zudem durch ihren vor<strong>in</strong>formierenden Charakter<br />

die Entscheidung e<strong>in</strong>er potentiell freigestellten Lektüre e<strong>in</strong>zelner Kapitel (z. B.<br />

Kapitelüberschrift IV, vi von Joseph Andrews “Of which you are <strong>des</strong>ired to read no<br />

more than you like”). Der Erzähler verwies bereits hier auf den pseudo–fakultativen<br />

Charakter <strong>der</strong> Lektüre <strong>der</strong> Vorwortkapitel zu den Büchern. Darüberh<strong>in</strong>aus stellt <strong>der</strong><br />

Erzähler den Gebrauch von Zwischentiteln als historisch verbürgt dar, macht die-<br />

74 Vgl. [48] Rothe, S. 339.<br />

75 In [48] Rothe, S. 334.<br />

76 Vgl. [1] Field<strong>in</strong>g, Joseph Andrews, S. 78–80.<br />

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