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Paratexte in der englischen Erzählprosa des 18. Jahrhunderts

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KAPITEL 3 TOM JONES (1749)<br />

3.5 DIE VORWORTE<br />

3.5.1 Der Vorwortteil <strong>der</strong> Zueignung<br />

Die E<strong>in</strong>beziehung e<strong>in</strong>er impliziten Interpretation <strong>des</strong> Texts <strong>in</strong> die Zueignung, die<br />

somit auch e<strong>in</strong>e Vorwortfunktion übernimmt, ist gerade bei Widmungsepisteln an<br />

öffentliche Personen sehr häufig. Dies ist auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zueignung von Tom Jones<br />

beson<strong>der</strong>s offensichtlich: im zweiten Teil vollzieht sich dort e<strong>in</strong> ”<br />

Gattungswechsel“<br />

von <strong>der</strong> Zueignung zu e<strong>in</strong>em bejahenden authentisch auktorialen Orig<strong>in</strong>alvorwort<br />

(<strong>des</strong>sen Status <strong>der</strong> kanonischen Def<strong>in</strong>ition entspricht), <strong>der</strong> am Schluß auch deutlich<br />

und explizit benannt wird (“Indeed I have run <strong>in</strong>to a preface, while I professed to<br />

write a dedication” mit dem abschließenden Onym Field<strong>in</strong>gs [S. 38]) und e<strong>in</strong>hergeht<br />

mit dem ”<br />

Adressatenwechsel“ von Lyttleton zum Leser (mit Leseranrede) im allgeme<strong>in</strong>en.<br />

47 In e<strong>in</strong>em ersten argumentativen Schritt nutzt Field<strong>in</strong>g den Namen <strong>des</strong><br />

im Zueignungsteil als moralischen Bürgen konstituierten Zueignungsadressaten jetzt<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em rhetorischen Überredungsapparat als künstlichen Beweis (basierend auf<br />

dem Ethos <strong>des</strong> Sprechers <strong>in</strong> Relation zum Ethos <strong>des</strong> Bürgen) für die Untadeligkeit<br />

<strong>des</strong> Texts bezüglich religiöser und moralischer Grundüberzeugungen. Sodann fährt<br />

Field<strong>in</strong>g fort, dem Leser e<strong>in</strong>e ”<br />

durch die Absicht <strong>des</strong> Autors def<strong>in</strong>ierte Theorie aufzudrängen,<br />

die als sicherster Schlüssel zur Interpretation präsentiert wird“ 48 , <strong>in</strong>dem<br />

er das eigentliche Vorhaben <strong>des</strong> Werks beschreibt:<br />

I declare, that to recommend goodness and <strong>in</strong>nocence hath been my s<strong>in</strong>cere<br />

endeavour <strong>in</strong> this history. [. . . ] Besi<strong>des</strong> display<strong>in</strong>g that beauty of virtue which<br />

may attract the admiration of mank<strong>in</strong>d, I have attempted to engage a stronger<br />

motive to human action <strong>in</strong> her favour, by conv<strong>in</strong>c<strong>in</strong>g men, that their true<br />

<strong>in</strong>terest directs them to a pursuit of her. [. . . ] I have endeavoured strongly<br />

to <strong>in</strong>culcate, that virtue and <strong>in</strong>nocence can scarce ever be <strong>in</strong>jured but by<br />

<strong>in</strong>discretion; [. . . ] For these purposes I have employed all the wit and humour<br />

of which I am master <strong>in</strong> the follow<strong>in</strong>g history; where<strong>in</strong> I have endeavoured to<br />

laugh mank<strong>in</strong>d out of their favourite follies and vices. [S. 37f.]<br />

Diese Zusammenfassung macht bereits deutlich, daß Field<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>e strikte funktionale<br />

Trennung zwischen diesem Vorwortteil <strong>der</strong> Zueignung und den späteren B<strong>in</strong>nenvorworten<br />

vornimmt: ersterer behandelt fast alle<strong>in</strong> die Frage, warum gelesen werden<br />

soll, während letztere durch lektürebegleitende Rezeptionssteuerung sicherstellen<br />

sollen, daß <strong>der</strong> Text ”<br />

gut“ gelesen wird, die Komb<strong>in</strong>ation bei<strong>der</strong> Verfahren stellt<br />

dann die E<strong>in</strong>haltung <strong>der</strong> auktorial <strong>in</strong>tendierten Rezeptionsperspektive sicher. Der<br />

Leser soll jetzt also, nachdem er durch die vorigen <strong>Paratexte</strong> angelockt worden ist,<br />

appellativ zur Fortsetzung <strong>der</strong> Lektüre überredet werden. Dazu wird systematisch<br />

e<strong>in</strong> ”<br />

Aufwertungsapparat“ für den Text entworfen, <strong>der</strong> funktional stimmig mit e<strong>in</strong>er<br />

Hauptfunktion <strong>der</strong> Zueignung <strong>in</strong> den Diskurs <strong>der</strong> Widmungsepistel e<strong>in</strong>gearbeitet ist,<br />

so daß <strong>der</strong> ”<br />

Gattungswechsel“ eher e<strong>in</strong>e argumentative Erweiterung darstellt. Bereits<br />

durch das Titelblatt war e<strong>in</strong> Interaktionssystem <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Komponenten<br />

aufgebaut worden, das die im <strong>18.</strong> Jh. so wichtige Traditionsanb<strong>in</strong>dung als wesentliches<br />

Qualitätsmerkmal <strong>des</strong> Texts herausstellte. Ergänzend wird <strong>der</strong> Text jetzt über<br />

47 Vgl. [28] Genette, S. 121f.<br />

48 In [28] Genette, S. 215.<br />

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