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Paratexte in der englischen Erzählprosa des 18. Jahrhunderts

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KAPITEL 3 TOM JONES (1749)<br />

3.5 DIE VORWORTE<br />

men läßt.“ 43<br />

Der zweite Teil <strong>der</strong> Zueignung ist im eigentlichen S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong> Vorwort zum Text und<br />

wird daher nach den zur Analyse notwendigen Grundlagen erst im nächsten Kapitel<br />

zusammen mit den B<strong>in</strong>nenvorworten, die dieses zusätzlich ergänzen, behandelt. Am<br />

Schluß <strong>der</strong> Widmungsepistel kehrt Field<strong>in</strong>g dann mit e<strong>in</strong>er erneut den Adressaten<br />

rühmenden ironischen “Apology” 44 (“I dare not praise you” [S. 38]) für die Digression<br />

(i. e. das Vorwort) zur Zueignung zurück. Dank und die Bitte um Verzeihung<br />

für die nicht autorisierte Zueignung, die vorgetäuschte Lossprechung <strong>des</strong> Adressaten<br />

von jeglicher Verantwortung, beenden den autonymen Paratext, <strong>der</strong> funktional also<br />

geradezu mustergültig die formspezifische Rezeptionshilfe für den Text erfüllt.<br />

3.5 Vorwort und B<strong>in</strong>nenvorworte<br />

Das Vorwort bzw. Nachwort (als Sammelbegriffe für e<strong>in</strong>e Vielzahl verschiedener<br />

Gattungsbezeichnungen, die zumeist gleichzeitig die Titel s<strong>in</strong>d und sogar koexistent<br />

nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> stehen können) ist e<strong>in</strong> Text bestehend aus e<strong>in</strong>em (Prosa–)Diskurs, <strong>der</strong><br />

anläßlich <strong>des</strong> nachgestellten bzw. vorangestellten Texts produziert wurde und sich<br />

zwar vom narrativen Modus <strong>des</strong> Texts abhebt, jedoch häufig selbst wie<strong>der</strong> narrative<br />

Züge (etwa bei <strong>der</strong> Schil<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Entstehung o<strong>der</strong> ”<br />

Entdeckung“ <strong>des</strong> Texts) trägt.<br />

Auch das Vor– bzw. Nachwort (Entscheidung nach <strong>der</strong> Funktion) folgen letztlich<br />

e<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong>en Regel für <strong>Paratexte</strong>: sofern sie nicht verschw<strong>in</strong>den, ”<br />

textualisieren“<br />

sich <strong>Paratexte</strong> mit <strong>der</strong> Zeit und unter Verlust ihrer ursprünglichen pragmatischen<br />

Funktion und glie<strong>der</strong>n sich <strong>in</strong> das Werk e<strong>in</strong>.<br />

Der kanonische peritextuelle Ort (wo?) <strong>des</strong> Vor– bzw. Nachworts ist vor bzw.<br />

nach dem Text, auf <strong>der</strong> <strong>der</strong> Zueignung folgenden Seite bzw. auf e<strong>in</strong>er Seite h<strong>in</strong>ter<br />

dem Text, es wird s<strong>in</strong>nvollerweise meist nach Fertigstellung <strong>des</strong> Texts verfaßt und ersche<strong>in</strong>t<br />

dann zumeist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Orig<strong>in</strong>alausgabe (wann?) <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel <strong>in</strong> verbaler Form<br />

(wie?). Auch das Vorwort kann sich normalerweise än<strong>der</strong>n, E<strong>in</strong>flüsse reflektieren<br />

(nachträgliche Vorworte), den Ort (und vielleicht den Status) wechseln (Nachwort),<br />

wie<strong>der</strong> verschw<strong>in</strong>den (unterschiedliche Lebensdauer) und zu an<strong>der</strong>er Zeit möglicherweise<br />

<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Gestalt o<strong>der</strong> sogar als Bestandteil <strong>des</strong> Texts erneut auftauchen usw.,<br />

wobei dies immer auch mit e<strong>in</strong>em Funktionswechsel e<strong>in</strong>hergehen kann. Genette stellt<br />

folgende Typologie auf: beim Vor– bzw. Nachwort handelt es sich um e<strong>in</strong>en entwe<strong>der</strong><br />

vom (echten o<strong>der</strong> unterschobenen) Autor ( ”<br />

auktorial/autograph“), <strong>der</strong> Instanz,<br />

die als solcher fungiert (Figur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt <strong>des</strong> Texts: ”<br />

aktorial“) o<strong>der</strong> von e<strong>in</strong>em<br />

Dritten ( ”<br />

allograph“, oft als zusätzliches ”<br />

Geleitwort“) stammenden Paratext (von<br />

wem?). Dabei kann diese Rollenzuweisung <strong>des</strong> Verfassers bezüglich <strong>des</strong> Texts mit<br />

unterschiedlichen Graden <strong>der</strong> ”<br />

Echtheit“ dieser Adressanten<strong>in</strong>stanz komb<strong>in</strong>iert werden:<br />

wird das Vor– bzw. Nachwort e<strong>in</strong>er realen Person, die als Adressant fungiert,<br />

zugeschrieben, so wird es als ”<br />

authentisch“ bezeichnet, wird es e<strong>in</strong>er fiktiven Person<br />

zugeschrieben, als ”<br />

fiktiv“, wird es schließlich e<strong>in</strong>er realen Person fälschlicherweise<br />

43 In [28] Genette, S. 133.<br />

44 Dies war nach Laurence Lerner die Grundfunktion <strong>der</strong> Zueignung.<br />

29

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