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Paratexte in der englischen Erzählprosa des 18. Jahrhunderts

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KAPITEL 3 TOM JONES (1749)<br />

3.3 DAS TITELBLATT<br />

<strong>Paratexte</strong> noch erklärungsbedürftig.<br />

Das Motto 26 ist e<strong>in</strong> kürzerer Text, etwa autographer Leitspruch o<strong>der</strong> (fast immer)<br />

allographes Zitat (mit o<strong>der</strong> ohne Nennung <strong>des</strong> Autors), am Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>es Werks<br />

(im <strong>18.</strong> Jh. zumeist noch dem Titelblatt) o<strong>der</strong> Abschnitts (wo?), <strong>der</strong> sich durch<br />

den Zitatcharakter und auch typographisch schon vom Titel abgrenzt. Das Motto<br />

wird zumeist für den fertiggestellten Text ausgewählt und ersche<strong>in</strong>t dann <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Orig<strong>in</strong>alveröffentlichung und gegebenenfalls <strong>in</strong> den folgenden (wann?) <strong>in</strong><br />

verbaler Form (wie?). Es handelt sich i. allg. um e<strong>in</strong>en allographen Paratext (von<br />

wem?), <strong>des</strong>sen Adressant aber wie<strong>der</strong> die Autor<strong>in</strong>stanz ist (Unterscheidung Zitierter<br />

– Zitieren<strong>der</strong>) und <strong>des</strong>sen Adressat <strong>der</strong> Leser (an wen?) ist (öffentlicher Paratext).<br />

Pr<strong>in</strong>zipiell kann zwischen echten (richtige Zuschreibung e<strong>in</strong>es authentischen, wörtlichen<br />

Zitats), ungenauen (korrekte Zuschreibung e<strong>in</strong>es nicht wörtlichen Zitats) und<br />

falschen (Erf<strong>in</strong>dung <strong>des</strong> Mottos und/o<strong>der</strong> falsche Zuschreibung) Motti unterschieden<br />

werden.<br />

Genette unterscheidet vier Funktionen <strong>des</strong> Mottos:<br />

◦ die eher seltene Funktion <strong>des</strong> Kommentars und <strong>der</strong> Verdeutlichung zur Begründung<br />

<strong>des</strong> Titels,<br />

◦ die kanonische Hauptfunktion <strong>des</strong> Kommentars zum Text und/o<strong>der</strong> Titel (Form/<br />

Inhalt), <strong>der</strong>en Bedeutung dadurch <strong>in</strong>direkt präzisiert o<strong>der</strong> hervorgehoben wird<br />

(bleibt häufig rätselhaft und erschließt sich dann erst nach teilweiser o<strong>der</strong> vollständiger<br />

Lektüre),<br />

◦ die Funktion <strong>der</strong> Wirkung e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>direkten Bürgschaft e<strong>in</strong>es bekannten Zitierten,<br />

das Motto hat hier sozusagen die vorteilhafte Wirkung e<strong>in</strong>er legitimen nicht–<br />

autorisierten Zueignung 27 (Wahl <strong>der</strong> Autoren signifikanter als die Texte <strong>der</strong> Motti),<br />

◦ <strong>der</strong> ”<br />

Motto–Effekt“, also die bloße An– o<strong>der</strong> Abwesenheit e<strong>in</strong>es Mottos als Aussage<br />

über den Text (stark abhängig von Epoche und Gattungskontext).<br />

Generell ist das Motto im Kontext <strong>des</strong> Titelblatts von Bedeutung, da es als stumme<br />

Maxime, die <strong>der</strong> Autor o<strong>der</strong> die Instanz, die als solcher fungiert, für se<strong>in</strong> Werk<br />

aufstellt, sowohl e<strong>in</strong>e emotionale (affektive) E<strong>in</strong>stimmung signifikante Kommentare,<br />

Hervorhebungen, Rechtfertigungen o<strong>der</strong> Verdeutlichungen <strong>des</strong> Titels und/o<strong>der</strong><br />

<strong>des</strong> Texts (Inhalt o<strong>der</strong> Absicht) e<strong>in</strong>es Werks liefert, die jedoch gänzlich <strong>der</strong> Interpretation<br />

<strong>des</strong> Lesers überantwortet werden. Es besteht aber dennoch nicht nur e<strong>in</strong>e<br />

funktionale Nähe“ zwischen Titel und Motto (Kongruenzerwartung von Titel und<br />

”<br />

Motto bezüglich <strong>der</strong> Kommentarfunktion 28 ), wobei letzteres die Textlektüre weniger<br />

zu prädisponieren [pflegt] als <strong>der</strong> Titel“ 29 , son<strong>der</strong>n bisweilen auch zwischen<br />

”<br />

Motto und Vorwort.<br />

26 Vgl. auch die Untersuchung über das Motto von [15] Rudolf Böhm: Das Motto <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>englischen</strong><br />

Literatur <strong>des</strong> 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. München: F<strong>in</strong>k, 1975.<br />

27 Vgl. Abschnitt 3.4 (S. 26).<br />

28 Vgl. [48] Rothe, S. 362.<br />

29 In [48] Rothe, S. 348.<br />

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