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Paratexte in der englischen Erzählprosa des 18. Jahrhunderts

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KAPITEL 3 TOM JONES (1749)<br />

3.1 DER NAME DES AUTORS<br />

wichtigerer (und vielleicht e<strong>in</strong>zig wirklicher) Grund ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em biographischen Kontext<br />

zu f<strong>in</strong>den: Field<strong>in</strong>g war mit e<strong>in</strong>er weith<strong>in</strong> als skandalös empfundenen Schrift, die<br />

ihm fälschlicherweise zugeschrieben wurde 6 , <strong>in</strong> unangenehme, und wichtiger, se<strong>in</strong>e<br />

ernsthaften Ambitionen auf e<strong>in</strong>e Karriere im Gerichtswesen gefährdende Verwicklungen<br />

geraten. Als Resultat hatte er dann bereits im “Preface” zu se<strong>in</strong>en autonym<br />

erschienenen Miscellanies (1743) öffentlich versprochen, nie wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Text anonym<br />

zu veröffentlichen, um so allen Gerüchten und Anfe<strong>in</strong>dungen e<strong>in</strong> Ende zu<br />

bereiten: “And I do farther protest, that I will never hereafter publish any Book<br />

or Pamphlet whatever, to which I will not put my Name.” 7 Auf diesen Vorgang<br />

wird später auch im B<strong>in</strong>nenvorwort XVIII, 1 8 Bezug genommen, wodurch e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>direkte<br />

Analogie zwischen Anonymität (Unbekanntheit <strong>der</strong> Autorschaft) und Toms<br />

Illegitimität (Unbekanntheit <strong>der</strong> Elternschaft) hergestellt wird. Beide s<strong>in</strong>d schweren,<br />

letztlich nach <strong>der</strong> Aufklärung <strong>der</strong> tatsächlichen Autor– bzw. Elternschaft aber<br />

ungerechtfertigten Anfe<strong>in</strong>dungen ausgesetzt (von “m<strong>in</strong>or authors” bzw. den heuchlerischen<br />

Charakteren Blifil, Thwackum und Square, die dadurch gleichgesetzt werden).<br />

9 Das Bekenntnis zur Onymität (Ordnungsfunktion <strong>des</strong> Paratexts) zog Field<strong>in</strong>g<br />

später allerd<strong>in</strong>gs verärgert zurück, als solche ”<br />

Anschuldigungen“ (v. a. aus den Reihen<br />

<strong>der</strong> politischen Gegner) trotz se<strong>in</strong>er Ernsthaftigkeit nicht verstummten. Ohne<br />

aber damit zu implizieren, daß er wie<strong>der</strong> anonym veröffentlichen wolle (was er aber<br />

faktisch tat). Paradoxerweise übernahm also für Field<strong>in</strong>g nicht etwa die traditionelle<br />

Anonymität o<strong>der</strong> Pseudonymität, son<strong>der</strong>n ausgerechnet das Onym e<strong>in</strong>e wichtige<br />

Schutzfunktion.<br />

Der Autorenname erfüllt darüberh<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>e wichtige Funktion für Field<strong>in</strong>gs<br />

Auffassung se<strong>in</strong>er Romankunst als “History” (früher auch “Biography” o<strong>der</strong> “comic<br />

Epic–Poem <strong>in</strong> Prose”) 10 . Dar<strong>in</strong> äußert sich e<strong>in</strong>e offensichtliche, durchaus angestrebte<br />

referentielle Funktion se<strong>in</strong>es Texts auf empirische (wenn auch nicht authentische)<br />

Wirklichkeit ( ”<br />

das Beson<strong>der</strong>e/Mögliche vs. das Allgeme<strong>in</strong>e/Wahrsche<strong>in</strong>liche“<br />

im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Aristotelischen Poetik). Diese wird durch e<strong>in</strong>e unmittelbare ”<br />

Vertragsfunktion“<br />

(zwischen Produzent und Rezipient) <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fiktion getragen, da ”<br />

sich die<br />

Glaubwürdigkeit <strong>der</strong> Aussage o<strong>der</strong> ihrer Weitergabe [bei solchen Werken] weitge-<br />

6 Vgl. die “General Introduction” <strong>in</strong> [4] Henry Field<strong>in</strong>g: The History of Tom Jones, a Foundl<strong>in</strong>g,<br />

2 Bde. Hg. von Fredson Bowers mit e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>leitung und Anmerkungen von Mart<strong>in</strong> C. Battest<strong>in</strong>.<br />

The Wesleyan Edition of the Complete Works of Henry Field<strong>in</strong>g. Oxford: Oxford UP, 1974, Bd. 1,<br />

S. xx f.<br />

7 In [2] Henry Field<strong>in</strong>g: Miscellanies by Henry Field<strong>in</strong>g, Esq;, 2 (von 3) Bde. (erschienen). Hg. von<br />

Henry Knight Miller (Bd. 1) und Hugh Amory (Bd. 2, mit e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>leitung und Anmerkungen von<br />

Bertrand A. Goldgar). The Wesleyan Edition of the Complete Works of Henry Field<strong>in</strong>g. Oxford:<br />

Oxford UP, 1972 und 1993, Bd. 1, S. 15.<br />

8 Vgl. Kapitel XVIII, 1 (S. 814): “I question not but thou [rea<strong>der</strong>] hast been told, among other<br />

stories of me, that thou wast to travel with a very scurrilous fellow: but whoever told thee so, did<br />

me an <strong>in</strong>jury. No man detests and <strong>des</strong>pises scurrility more than myself; nor hath any man more<br />

reason; for none has ever been treated with more: and what is a very severe fate, I have had some<br />

of the abusive writ<strong>in</strong>gs of those very men fathered upon me, who <strong>in</strong> other of their works have<br />

abused me themselves with the utmost virulence.”<br />

9 Vgl. [19] Robert L. Chibka: “Tak<strong>in</strong>g ‘The SERIOUS’ Seriously: The Introductory Chapters<br />

of Tom Jones”. In: The Eighteenth Century 31(1), Spr<strong>in</strong>g 1990, S. 23–45, v. a. S. 37f.<br />

10 Hierauf wird <strong>in</strong> den Abschnitten 3.3 (S. 22) und 3.5.2.3 (S. 36) noch genauer e<strong>in</strong>gegangen.<br />

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