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Paratexte in der englischen Erzählprosa des 18. Jahrhunderts

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KAPITEL 6 RESÜMEE<br />

Erleichterung <strong>der</strong> Lektüre noch <strong>der</strong> auktorialen ”<br />

Hilfestellung“ dabei, wurde erfüllt.<br />

Das zweite große Problem war, daß sich die beiden Texte den e<strong>in</strong>deutigen Festlegungen<br />

<strong>der</strong> Paratext–Theroie <strong>des</strong> Strukturalisten Genette entziehen und dieses Spiel<br />

von den Autoren, wie gezeigt, sogar funktionalisiert wird. Deswegen ergeben sich<br />

natürlich auch Abweichungen und Funktionen, die Genette wegen <strong>der</strong> weitgehend<br />

fehlenden historischen Kontextualisierung nicht berücksichtigt. Die Konsequenz <strong>der</strong><br />

Probleme bei <strong>der</strong> Anwendung auf solche Texte muß daher e<strong>in</strong>e Neufassung und Erweiterung<br />

<strong>der</strong> Konzeption im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> e<strong>in</strong>leitenden These dieser Arbeit se<strong>in</strong>. Im<br />

Verlauf <strong>der</strong> Arbeit sollte daher deutlich werden, daß e<strong>in</strong>e Auflösung <strong>der</strong> Genetteschen<br />

E<strong>in</strong>schränkung <strong>des</strong> ”<br />

Paratext“–Begriffs auf e<strong>in</strong>en genau umrissenen, sozusagen<br />

vom Text abtrennbaren lediglich subsidiären Diskurs h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er Auffassung <strong>des</strong><br />

Paratexts als textuell verflochtene, äußerst variable und komplexe Zone e<strong>in</strong>es multifunktionalen<br />

aber gleichzeitig auch stark determ<strong>in</strong>ierten Interaktions– und Kommunikationssystems<br />

zwischen den jeweiligen Autoren– und Leser<strong>in</strong>stanzen notwendig<br />

ist. Die <strong>Paratexte</strong> bedürfen daher wegen ihrer deutlich gewordenen Bedeutung für<br />

die Werke noch <strong>der</strong> detaillierten Erforschung, wofür Genette, wenn er selbst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

“Apology” <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>leitung se<strong>in</strong>es Buchs vom provisorischen Charakter se<strong>in</strong>er<br />

Abhandlung spricht, mehr als e<strong>in</strong>en wichtigen Grundste<strong>in</strong> gelegt hat.<br />

E<strong>in</strong> kurzer Ausblick auf die Weiterentwicklung <strong>des</strong> Paratexts <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>englischen</strong><br />

<strong>Erzählprosa</strong> (v. a. im Roman) <strong>in</strong> späterer Zeit macht schnell deutlich, daß das <strong>18.</strong> Jh.<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat e<strong>in</strong>en frühen Höhepunkt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Verwendung sah. Zwar bleiben <strong>Paratexte</strong><br />

für vere<strong>in</strong>zelte Genres wichtige, teilweise sogar unentbehrliche Bestandteile,<br />

etwa für die gothic novel um die Jahrhun<strong>der</strong>twende (z. B. bei Horace Walpole o<strong>der</strong><br />

Charles Robert Matur<strong>in</strong>) o<strong>der</strong> den historischen Roman im 19. Jh. (z. B. bei Maria<br />

Edgeworth o<strong>der</strong> Sir Walter Scott), doch nimmt ihre Verwendung <strong>in</strong> bezug auf<br />

Häufigkeit und Ausdehnung <strong>in</strong> <strong>der</strong> realistischen Tradition im Verlauf <strong>des</strong> 19. Jh. und<br />

fortgesetzt im 20. Jh. <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mehrzahl <strong>der</strong> Texte deutlich ab (dabei gibt es durchaus<br />

immer wie<strong>der</strong> Ausnahmen o<strong>der</strong> gegenläufige Experimente, z. B. das Pastiche). Die<br />

ungebrochene auktoriale Erzählsituation, die ungebrochene Erzähler– ”<br />

Figur“ ist <strong>in</strong><br />

späterer Zeit also nicht mehr zeitgemäß, weil allzu dogmatisch, manipulativ und beliebig,<br />

hier ist e<strong>in</strong> generelles Bestreben nach Reduzierung <strong>der</strong> auktorialen Steuerung<br />

vorhanden, das nicht zuletzt auch den Rückgang <strong>des</strong> Paratexts bed<strong>in</strong>gt. Dabei ist<br />

klar, daß <strong>der</strong> Paratext immer auch auf die Gemachtheit <strong>des</strong> Texts verweist, die Verwendung<br />

zu vieler <strong>Paratexte</strong> lenkt folglich von <strong>der</strong> Kernaussage <strong>des</strong> Texts ab o<strong>der</strong><br />

schwächt diese deutlich als hergestellt ab. Dabei verlieren e<strong>in</strong>ige Paratext–Elemente<br />

schneller ihre Funktion o<strong>der</strong> verschw<strong>in</strong>den sogar (z. B. [sprechende] Zwischentitel 2 ,<br />

Zueignung, Motti) als an<strong>der</strong>e (z. B. Vorwort).<br />

Erst <strong>in</strong> postmo<strong>der</strong>nistischen Erzähltexten aber, <strong>in</strong> <strong>der</strong>en Umfeld auch Tristram<br />

Shandy immer wie<strong>der</strong> als früher Referenzpunkt o<strong>der</strong> gar ”<br />

Vorläufer“ genannt wird,<br />

ist das Mittel <strong>des</strong> Paratexts wie<strong>der</strong> stärker funktionalisiert worden. Vladimir Nabokovs<br />

Roman Pale Fire (1962) ist hierfür formal als auch <strong>in</strong>haltlich e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s<br />

2 E<strong>in</strong> bekanntes Beispiel ist das Verschw<strong>in</strong>den <strong>der</strong> aussagekräftigen, vororig<strong>in</strong>alen Zwischentitel<br />

aus <strong>der</strong> Erstausgabe von Joyces Ulysses, die trotzdem als bestehenbleibende offiziöse <strong>Paratexte</strong> die<br />

Rezeption <strong>des</strong> Romans ganz wesentlich geprägt haben.<br />

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