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Ing. Daniel Meyer, Bauhaus Universität Weimar (PDF) - DWA ...

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<strong>DWA</strong> - Gemeinschaftstagung<br />

Demografischer Wandel - Chancen für die<br />

Wasserwirtschaft?<br />

<strong>Daniel</strong> <strong>Meyer</strong>, <strong>Weimar</strong><br />

Am 27. und 28. Juni 2013 fand an der <strong>Bauhaus</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>Weimar</strong> zum dritten Mal die<br />

Gemeinschaftstagung „Demografischer Wandel – Chancen für die Wasserwirtschaft?“ als<br />

gemeinsame Veranstaltung von <strong>DWA</strong>, Deutschem Städtetag, Deutschem Städte- und<br />

Gemeindebund und der <strong>Bauhaus</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>Weimar</strong> statt. Gut 70 Fachleute nahmen an<br />

der Veranstaltung teil, die als Fortsetzung der Veranstaltungen der Jahre 2008 und 2010<br />

die Weiterentwicklung des demografischen Wandels unter sich verändernden<br />

Randbedingungen und der sich daraus ergebenden Chancen für die Wasserwirtschaft<br />

behandelt hat. Nachdem bei der letzten Tagung im Jahre 2010 die Auswirkungen des<br />

demografischen Wandels auf die wasserwirtschaftliche Infrastruktur im Mittelpunkt<br />

standen, lag diesmal der Schwerpunkt auf den Strategien im Umgang mit dem<br />

demografischen Wandel in der Stadt und den im Stadtumland ländlich geprägten<br />

Regionen.<br />

Einführung in das Thema<br />

Der Präsident der <strong>DWA</strong>, Otto Schaaf, eröffnete die Tagung mit der Einführung der<br />

Teilnehmer in die Thematik. Der demografische Wandel ist nach wie vor eine der<br />

wichtigsten Herausforderungen für die Wasserwirtschaft, da die Entscheidungen, die<br />

heute getroffen werden, die Ver- und Entsorgungsbedingungen für einen langen Zeitraum<br />

festlegen und daher sorgfältigster Planung bedürfen. Das ist als große Chance zu sehen!<br />

Nicht zu vergessen ist, dass vorhandene Anlagen unter sich verändernden<br />

Randbedingungen ökologisch und ökonomisch sinnvoll weiterbetrieben werden müssen.<br />

Denn neben technischen Fragen diskutiert sowohl die Fachwelt als auch die Öffentlichkeit<br />

über Kosten, im Speziellen über Gebühren und Beiträge, um die Umsetzung der<br />

unterschiedlichen Strategien zu finanzieren. Hierbei stellt sich die Frage: „Sind die<br />

Gebührenzahler von morgen überhaupt in der Lage, diese Lasten zu tragen?“<br />

Im Anschluss begrüßten Detlef Raphael vom Deutschen Städtetag und Bernd<br />

Düsterdiek vom deutschen Städte- und Gemeindebund die Tagungsteilnehmer mit einem<br />

Bericht über aktuelle Entwicklungen aus Sicht der kommunalen Spitzenverbände. Herr<br />

Raphael griff das Thema der Finanzierung von Anpassungsstrategien direkt von seinem<br />

Vorredner auf, indem er ausführte, dass die Auswirkungen des demografischen Wandels<br />

nicht strikt regionalisiert werden können. Es gibt alte wie neue Städte, wachsende wie<br />

schrumpfende und entsprechende Mischformen daraus. Als Beispiel nannte er das<br />

Bundesland Nordrhein-Westfalen, wo ein hoher Bedarf besteht, viele Kommunen sich<br />

jedoch in finanzieller Schieflage befänden. Als Konsequenz forderte er einen Fixpreis für<br />

die Gestellung von Infrastruktur an Stelle eines Nutzungspreises.<br />

Herr Düsterdiek stellte die These auf, dass der ländliche Raum nicht im besonderen Maße<br />

von der Alterung der Bevölkerung betroffen sei, und begründete dies mit<br />

Bevölkerungsprognosen für Deutschland. Des Weiteren sieht er den Klimawandel,<br />

bezogen auf die aktuellen Hochwasserereignisse, als weitere Herausforderung für die<br />

Wasserwirtschaft. Hierbei kritisierte er die Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen


in Grimma in der Vergangenheit, wo Einzelne erhebliche Gemeinwohlinteressen<br />

behindern und warf an der Stelle die Frage nach einem Änderungsbedarf auf.<br />

Bezogen auf die angespannte Finanzlage der Kommunen stellte er fest, dass nur ca. 20%<br />

der Investitionen für Rück- und Umbau in den Kernhaushalt eingestellt werden. Daraus<br />

folgend forderte er entweder mehr Geld, eine neue Art der Finanzierung oder aber<br />

bessere Konzepte.<br />

Abschließend stellte er noch einmal heraus, dass den genannten Herausforderungen<br />

übergreifend zwischen Bund, Ländern und Gemeinden bzw. flussgebietsübergreifend<br />

begegnet werden muss.<br />

Demografischer Wandel und Klimawandel<br />

Im ersten Vortrag stellte Michael Feller (IWW Zentrum Wasser aus Biebesheim am<br />

Rhein) Gemeinsamkeiten und Unterschiede des Klimawandels und des demografischen<br />

Wandels heraus und beleuchtete die Auswirkungen beider Phänomene am Bespiel der<br />

Trinkwasserverteilung. Inhaltlich bezog sich sein Vortrag auf Ergebnisse des<br />

Forschungsprojektes „Dynaklim“, in dem verschiedene Auswirkungen wie Hitzeinseln in<br />

Innenstädten und Stadtzentren oder die Zunahme von Starkniederschlagsereignissen<br />

wissenschaftlich detektiert wurden. Die Folge daraus ist ein Anstieg der Temperaturen in<br />

den Trinkwasserverteilungssystemen, was ein mikrobiologisches Wachstum begünstigt,<br />

aber auch Dehnungs- und Schrumpfungserscheinungen an Rohren hervorruft, die zu<br />

Schäden führen können.<br />

Infolge des demografischen Wandels stellte er fest, dass der durchschnittliche<br />

Trinkwasserverbrauch in Deutschland um 17% zurückgeht. Dieser Rückgang wird jedoch<br />

temporär durch die Auswirkungen des Klimawandels ausgeglichen, denn die Spanne<br />

zwischen dem durchschnittlichen und dem maximalen Trinkwasserbedarf vergrößert sich<br />

zukünftig. Ein Handlungsbedarf, den beschriebenen Auswirkungen zu begegnen, ist<br />

definitiv gegeben, jedoch bestehen große Prognoseunsicherheiten.<br />

Zukunftsfähige Abwasserinfrastrukturen<br />

Den folgenden Vortrag über zukunftsfähige Abwasserinfrastrukturen teilten sich Johanna<br />

Tolksdorf (IWAR Darmstadt), die ihren Fokus auf den urbanen Raum legte, und Dr.-<strong>Ing</strong>.<br />

Shahrooz Mohajeri (inter 3 GmbH, Berlin), der sich mit dem ländlichen Raum<br />

beschäftigte. In diesem Gemeinschaftsvortrag wurden hauptsächlich die Ergebnisse eines<br />

gemeinsamen BMBF-Projektes der beiden Institute vorgestellt.<br />

Zu Beginn stellte Frau Tolksdorf den Status Quo zu Abwasserinfrastruktursystemen in<br />

Deutschland (Anschlussgrad, Kostenstruktur, Sanierungsgrad) dar, um daran die<br />

Auswirkungen des demografischen Wandels, wie Betriebsprobleme oder wirtschaftliche<br />

Auswirkungen, zu erläutern. Die von ihr formulierten Anforderungen an<br />

Abwasserinfrastruktursysteme, wie „flexibel“, „anpassbar“, „ressourceneffizient“ und<br />

„ökonomisch und ökologisch sinnvoll“ könnten mit einer Kombination von zentralen und<br />

innovativen dezentralen Systemen erfüllt werden. Diese Systeme sollen in kompakten<br />

sektorübergreifenden Konzepten (Technik, Betrieb und Finanzierung unter<br />

Berücksichtigung der Restwerte vorhandener Anlagen) mit einer möglichen<br />

Stoffstromtrennung Anwendung finden. Hinderlich wirken sich hierfür mangelndes Wissen<br />

/ Information der Entscheidungsträger / Planer und Nutzer sowie der rechtliche Rahmen<br />

und fehlende Förderprogramme für eine finanzielle Umsetzbarkeit aus. Abschließend<br />

plädierte Frau Tolksdorf für einen Masterplan (technische) Infrastruktur bei dem eine<br />

Koordination von Raum- und Infrastrukturplanung zwingend vorgesehen werden muss. Ein<br />

Handlungsansatz bezüglich der Finanzierung ist eine Checkliste, welche<br />

„Gelegenheitsfenster“ zur Umsetzung eines Systemwechsels anhand bestimmter<br />

Randbedingungen identifiziert.


Das Hauptaugenmerk im zweiten Teil des Vortrages von Dr. Mohajeri lag auf dezentralen<br />

Systemen (bis 50 EW), die in der Gesellschaft und teilweise auch in der Fachwelt falsch<br />

verstanden würden. Zudem wurde die Anforderung der EU, eine entsprechende<br />

Abwasserentsorgung bis 2015 sicherzustellen, lange nicht ernstgenommen. Dezentrale<br />

Systeme galten bislang als „Zumutung“, weshalb zentrale Systeme auch im ländlichen<br />

Raum Vorrang hatten.<br />

Aus dieser Problemstellung entwickelte Dr. Mohajeri folgende strategische Ansatzpunkte,<br />

die er aus einer Konstellationsanalyse ableitete:<br />

Professionalisierung des Betriebs,<br />

Image von dezentralen Lösungen bzw. Kleinkläranlagen verbessern,<br />

<br />

<br />

Besser Aus- und Weiterbildung durch Fachbetriebe und Verbände sowie<br />

Schaffung eines politisch-rechtlichen Rahmens und dessen Umsetzung mit den<br />

jeweiligen Akteuren.<br />

Abschließend forderte er Demonstrationsprojekte, um die Realisierung der Imagepflege<br />

und der Aus- und Weiterbildung zu forcieren.<br />

Optimierung im Bestand – die Anpassung der Abwasserinfrastruktur an die<br />

Herausforderungen der demografischen Entwicklung<br />

Mit ihrem Vortrag über die Anpassung der Abwasserinfrastruktur nach dem Rückbau eines<br />

Stadtviertels in Weißwasser durch die Stadtwerke Weißwasser als Konsequenz aus den<br />

Auswirkungen der demografischen Entwicklung in der Stadt stellte Petra Brünner<br />

(Stadtwerke Weißwasser) ein Paradebeispiel für die Optimierung im Bestand vor. Als<br />

Industriestadt erlebte Weißwasser einen sozialen Wandel, durch den innerhalb eines<br />

Zeitraums von weniger als 40 Jahren die Bevölkerung von 19.000 Einwohnern auf über<br />

38.000 anwuchs und wieder auf 20.000 zurückfiel. Infolgedessen wurden bis 2010<br />

insgesamt 3.777 Wohneinheiten in 5-geschossigen Plattenbauten zurückgebaut. Bis 2020<br />

ist ein weiterer Rückbau von 1.031 Wohneinheiten geplant. Durch diese Maßnahmen soll<br />

der Wohnungsbestand innovativer und individuell angepasst werden.<br />

Die Kläranlage Weißwasser wurde 1993 für eine Ausbaugröße von 46.000 EW errichtet,<br />

wobei seit 2002 nur noch eine Straße in Betrieb ist. Die stillgelegte Straße wird zur<br />

Fischzucht verwendet. Entsprechend den Wohneinheiten wurden auch die<br />

Abwasserkanäle angepasst oder zurückgebaut. Zudem wurde das Verbandsgebiet<br />

erweitert, um größere Strukturen in der Region zu schaffen und somit Knowhow zu<br />

bündeln. Im Ausblick gab Frau Brünner die IBA 2026 als nächstes großes Ziel der<br />

Oberlausitz zusammen mit den polnischen Nachbarn aus.<br />

„Heutige Anlagen sind nicht mobil!“ war eine Feststellung im Vortrag von Prof. Dr.-<strong>Ing</strong>. Ulf<br />

Theilen (Technische Hochschule Mittelhessen) zum Thema „Alternative Lösungen in<br />

kleinen Kommunen im städtischen Umfeld“. Diese These beruht auf dem Dilemma, dass<br />

im Raum Mittelhessen siedlungswasserwirtschaftliche Anlagen fast überall bestehen und<br />

erst vor wenigen Jahren realisiert und somit für lange Nutzungsdauern konzipiert sind.<br />

Demgegenüber stehen die bekannten Auswirkungen des demografischen Wandels mit der<br />

Frage, ob nicht „gesichtslose“ Außengebiete in Dörfern aufgegeben werden können? Die<br />

zukünftige Lösung könnte also in der Umnutzung / Außerbetriebnahme von Netzteilen, der<br />

Installation alternativer Entwässerungssysteme, dem Einsatz von Kompaktkläranlagen<br />

oder temporären Kläranlagen in Containerbauweise liegen.<br />

Für Kommunen mit stagnierender oder sinkender Bevölkerungszahl im städtischen Umfeld<br />

sieht Prof. Theilen eine Chance durch die Übertragung von Aufgaben im Rahmen einer<br />

interkommunalen Kooperation gemäß dem Gesetz über die kommunale<br />

Gemeinschaftsarbeit.


Die Frage „Demografie – Infarktrisiko oder Phantomschmerz der Wasserwirtschaft?“<br />

erörtert Bernd Hubner (Wasserwerke im Landkreis Sonneberg) in seinem Vortrag, in dem<br />

er zuerst die Auswirkungen des demografischen Wandels in Deutschland aus seiner Sicht<br />

schilderte, um anschließend festzustellen, dass momentan die technische Funktionalität<br />

der vorhandenen Anlagen erhalten bleibt, jedoch die Ineffizienzen erheblich zunehmen.<br />

Zusammen mit den betriebswirtschaftlichen und personal-administrativen Auswirkungen<br />

bleibt festzustellen, dass wir in Deutschland gegenwärtig mit dem Infarktrisiko leben. Eine<br />

Anpassungsstrategie könne nur dann erfolgreich sein, wenn diese einen interdisziplinären<br />

Ansatz habe, und damit technische, betriebswirtschaftliche und verwaltungsrechtliche<br />

Fragestellungen berücksichtige. Eine kontrollierte Aufgabe von Siedlungsgebieten wäre<br />

die effektivste Anpassungsoption. Diese sei aber unrealistisch, weil sie politisch nicht<br />

durchsetzbar sei. Die Konsequenz daraus sei die unkontrollierte Aufgabe von<br />

Siedlungsgebieten.<br />

Als betriebswirtschaftliche Anpassungsoption stellte er das neue Beitrags- und<br />

Gebührenmodell für Trinkwasser der Wasserwerke Sonneberg vor, welches<br />

Wohneinheiten und Personen zum Maßstab hat. Hierbei nähert sich das Verhältnis von<br />

Grund- und Verbrauchsgebühr an, was aber nicht das „Abschreibungsdilemma“ ablöst,<br />

sondern lediglich einer Verschärfung des Verbrauchsrückganges verhindert.<br />

In seinem Vortrag mit dem Titel „Entwicklung einer Lösungsstrategie für eine<br />

zukunftsfähige Ver- und Entsorgung in einer Kommune mit sinkender Einwohnerzahl“<br />

stellte Mario Hecker (Gemeinde Dörentrup) verschiedene Ansätze zur Begegnung der<br />

Folgen des demografischen Wandels in der Gemeinde Dörentrup vor. Zum einen ist das<br />

ein Kanalspülplan, der es nunmehr ermöglicht, eine bedarfsorientierte Kanalreinigung zu<br />

betreiben und somit den jährlichen technischen und finanziellen Aufwand deutlich<br />

einzuschränken. Parallel zu dem Spülplan wurde ein Inspektionsplan für die Kanäle und<br />

Schächte erstellt. Ein besonderes Anliegen war es hierbei, die neuesten Entwicklungen in<br />

der Inspektionstechnik zu berücksichtigen. Durch den Einsatz werden geringe<br />

Inspektionszeiten vor Ort realisiert und die Kosten für die externen Dienstleistungen somit<br />

reduziert. Fortbildungsmaßnahmen eigener Mitarbeiter zum Kanalinspekteur sowie zum<br />

zertifizierten Kanalsanierungsberater ermöglichen es, die Schadensansprache und –<br />

bewertung eigenständig im Büro vorzunehmen. Zum anderen wurde im Bereich der<br />

Abwasserentsorgung eine interkommunale Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde<br />

Dörentrup und der angrenzenden Stadt Barntrup angeregt.<br />

Herr Hecker schloss seinen Vortrag mit seiner negativen Erfahrung, dass im ländlichen<br />

Raum die Generierung von Einsparpotentialen oftmals scheitert, weil der einzusparende<br />

Betrag einer Vielzahl der in der Verantwortung stehenden Personen zu gering erscheint,<br />

als dass es sich lohnen würde, aktiv zu werden.<br />

Roland Hilfenhaus, der den Vortrag in Vertretung von Dr.-<strong>Ing</strong>. Jürgen Wiese<br />

(Gesellschaft für kommunale Umwelttechnik mbH, Fulda) hielt, beschrieb einleitend die<br />

Ausgangsituation der Abwasserreinigung in Osthessen, in der die Stadt Fulda als<br />

Oberzentrum besteht und positiv auf die Region abstrahlt, andererseits aber viele<br />

ländliche Kommunen in naher Zukunft vom demografischen Wandel betroffen sein<br />

werden. Nach Meinung der Autoren bietet der technische Fortschritt in Kombination mit<br />

neuen Denkansätzen neue Möglichkeiten zur Optimierung und zum Umbau unserer<br />

Entsorgungsinfrastruktur. Als Beispiel stellte Hilfenhaus das GeoPortal Osthessen vor, ein<br />

regionales GIS-System, das Planern, Netzbetreibern, Kommunen und Landkreisen einen<br />

Datenaustausch und damit eine effektive Informationsnutzung ermöglicht.<br />

Im zweiten Teil seines Vortrages ging er auf verschiedene Ideen und Lösungsansätze für<br />

regionale Herausforderungen in Osthessen ein. Beispielhaft sind hier die Umnutzung /<br />

Optimierung von Abwasserteichkläranlagen, der Einsatz von Unterdruckentwässerungen


sowie verschiedene Ideen zur Steigerung der Energieeffizienz bei der<br />

Abwasserentsorgung, wie die Algenzucht zur Biogasgewinnung, genannt.<br />

Ökonomische Bewertung und Chancen für die Entgeltgestaltung<br />

Abgerundet wurde der erste Veranstaltungstag mit zwei Vorträgen die hauptsächlich auf<br />

ökonomische Aspekte in Bezug auf die demografische Entwicklung abzielten.<br />

Zum einen referierte Kai Uwe Wißbrok (IWAR Darmstadt) zum Thema<br />

„Transformationsprozesse netzgebundener Infrastruktur im Kontext des demografischen<br />

Wandels“ und stellte darin ökonomische Bewertungsverfahren zur Analyse von<br />

Schwellenwerten und zum Abbau von Implementierungshemmnissen vor. Ausgehend von<br />

den Rahmenbedingungen skizzierte er ökonomische Auswirkungen, wie die Erhöhung des<br />

Investitionsbedarfs, die Erhöhung der Betriebskosten und prognostizierte steigende<br />

Gebühren. Mit Hilfe eines ökonomischen Modells wertete er Szenarien zur<br />

Entgeltentwicklung, Bevölkerungsentwicklung, Verbrauchsrückgang und zu<br />

Energiepreisen aus. Schlussfolgernd fasste er zusammen, dass durch Multiplikatoreffekte<br />

ein Zusammenwirken verschiedener Einflussfaktoren entsteht und das<br />

Bevölkerungsrückgänge und damit verbundene Verbrauchreduktionen einen<br />

Gebührenanstieg im Verhältnis von 1:1 bedeuten.<br />

Der Vortrag von Reimer Steenbock (GeKom Kommunalberatung und<br />

Kommunalentwicklung GmbH, Reinbek) zum Thema „Auswirkungen auf die<br />

Entgeltsysteme“ war der zweite im Themenblock Ökonomie. Als Hauptproblem<br />

identifizierte Herr Steenbock den hohen Fixkostenanteil in der Abwasserentsorgung von<br />

75 – 85%. Diesem Aspekt könnte man zukünftig nur durch Kostenminderung begegnen.<br />

Vorschläge seien hier die Implementierung von Druck- oder Unterdruckentwässerung<br />

anstelle von Freigefälleentwässerung oder die Anwendung von Kleinkläranlagen in<br />

Verbindung mit Teilortskanalisationen.<br />

Bezüglich der Entgeltsysteme forderte er eine „konsequente Verwirklichung des<br />

Kostendeckungsprinzips“ durch eine vollständige Erwirtschaftung von Abschreibungen bei<br />

einer Kalkulation der Abschreibungen nur auf den Beschaffungswert. Abschließend<br />

machte er deutlich, dass innerhalb einer Gemeinde gleiche Gebühren eingeführt werden<br />

sollten, die einheitlich sowohl für eine zentrale als auch für eine dezentrale Entsorgung<br />

gelten sollten.<br />

Erfahrungen und Herausforderungen aus dem demografische n Wandel in Österreich<br />

und der Schweiz<br />

Am zweiten Veranstaltungstag standen unsere Nachbarländer Österreich und Schweiz im<br />

Mittelpunkt der Veranstaltung, worauf Prof. Dr.-<strong>Ing</strong>. Jörg Londong in seinen<br />

Eingangsworten, mit dem Begriff „DACH-Tagung“, hinwies.<br />

Den Anfang machte Dr.-<strong>Ing</strong>. Jana von Horn (eawag – aquatic research,<br />

Dübendorf/Schweiz), die über Chancen Neuartiger Sanitärsysteme für die<br />

Wasserwirtschaft im Wandel referierte. Als Beispiel für eine Region im Wandel wurde der<br />

Kanton Uri vorgestellt, der im Vorjahr als einziger Kanton der Schweiz einen<br />

Einwohnerrückgang von 0,1% (41 Einwohner) zu verzeichnen hatte. Alle anderen Kantone<br />

verzeichnen einen Einwohnerzuwachs, wobei jedoch das in Deutschland bekannte<br />

Phänomen „Die großen Dörfer werden immer größer, die kleinen kleiner, bis sie<br />

verschwinden, vor allem in den Alpen und im Jura“ auftritt.<br />

Die Schweizer Lösung hierfür ist das Zusammenlegen zu größeren Einheiten (Gemeindeund<br />

Kläranlagenfusionen) zur Professionalisierung in Verbindung mit der Entfernung von<br />

Mikroschadstoffen. Diese Präferenz auf ein zentrales Abwasserentsorgungssystem ist in


der Schweiz deshalb möglich, weil eine Investition von 25.000€/Familie für zumutbar<br />

gehalten wird. Zudem sieht Frau Dr.-<strong>Ing</strong>. von Horn in den Herausforderungen durch den<br />

demografischen Wandel (z.B. Abschätzung und Reduktion der Infrastrukturkosten) einen<br />

Treiber für Neuartige Sanitärsysteme. Diese sollten als ergänzend zu zentralen Systemen<br />

implementiert werden, da ein modularer Aufbau eine größere Anpassungsfähigkeit und<br />

Flexibilität bedingt und durch Stoffstromtrennung Ressourcen geschont werden können.<br />

Im zweiten Vortrag berichtete Gerhard Spatzierer (Amt der Burgenländischen<br />

Landesregierung, Eisenstadt und ÖWAV-Vorstand) über Erfahrungen und<br />

Herausforderungen für Stadt und Stadtumland im Umgang mit dem demografischen<br />

Wandel in Österreich. Die Auswirkungen eines demografischen Wandels sind in<br />

Österreich erkennbar, aber bei weitem nicht so stark zu spüren, wie es in Deutschland der<br />

Fall ist. Die Diskussion zum Thema findet in der Öffentlichkeit kein Echo, da das Thema<br />

oft durch andere Entwicklungen überdeckt wird. Seine Erfahrungen zeigen, dass die<br />

Umweltinfrastruktur aus Sicht der Gemeinden nicht prioritär behandelt wird. Jedoch muss<br />

ein Mindestservice (Mindestqualität der Dienstleistung) auch auf Grund gesetzlicher<br />

Bestimmungen (Instandhaltungsverpflichtung, Betrieb nach dem Stand der Technik)<br />

gewährleistet werden. Den Ausführungen über die Auswirkungen des demografischen<br />

Wandels auf die Siedlungswasserwirtschaft in Österreich folgten einige Beispiele aus dem<br />

Burgendland - sowohl aus dem Bereich Wasserversorgung als auch der Kanalisation und<br />

Abwasserreinigung. Beispielsweise hat das Burgenland einen Kanalanschlussgrad von<br />

99%. Im Zuge der Anpassung an den Stand der Technik (N- und P-Elimination) wurden<br />

viele Ortskläranlagen der ersten Generation stillgelegt und an Verbandskläranlagen<br />

angeschlossen. Probleme bei dieser Anpassung ergeben sich vor allem bei<br />

finanzschwachen Gemeinden, die zumeist auch eine negative Bevölkerungsentwicklung<br />

aufweisen.<br />

Dezentrale Sanitärsysteme als Alternative im ländlichen Raum<br />

Dr.-<strong>Ing</strong>. Stefan Geyler (Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig) referierte<br />

in seinem Vortrag über die Sinnhaftigkeit und Akzeptanz von dezentralen Sanitärlösungen<br />

im ländlichen Raum bei demografischem Wandel. Dabei stellte er die Ergebnisse eines<br />

Forschungsprojektes auf Initiative des Abwasserzweckverbandes Espenhain vor.<br />

Aufgrund von Kostendruck, Funktionsproblemen bei der zentralen Abwasserentsorgung<br />

und der anstehenden Modernisierung der dezentralen Anlagen, mit teilweise ungeklärten<br />

Entwässerungsmöglichkeiten, war die Idee, unkonventionelle Lösungsansätze zu prüfen.<br />

Alternative Systeme, bei denen eine Trennung zwischen Fäkalabwasser und Grauwasser<br />

angestrebt wird, haben besonders darin Vorteile, dass sie bei hohen Anforderungen an die<br />

Reinigungsleistung eingesetzt werden können; sie sind wirtschaftlich durch mäßige<br />

Investitionskosten und niedrigen Betriebskosten und vergleichsweise unempfindlich bei<br />

Unterlast und periodischer Nutzung. Die Nachteile sind ein veränderter Benutzerkomfort,<br />

teilweiser Umgang mit Exkrementen sowie die Anpassung vorhandener<br />

Sanitärinstallationen. Im Projekt wurde festgestellt, dass die Akzeptanz von alternativen<br />

Systemen im ländlichen Raum gering zu sein scheint, deshalb seien vorbereitende und<br />

begleitende Maßnahmen nötig. Eine Maßnahme hier war das Erstellen einer<br />

Informationsbroschüre als integrierende Informationsbasis für vier Anlagentypen mit<br />

Kostendaten und Entscheidungskriterien zur Auswahl des passenden Anlagentyps.<br />

Zusammenfassend stellte er fest, dass ländliche Aufgabenträger über vielfältige, eigene<br />

Erfahrungen zur Akzeptanz verfügen, aber eine weitere Öffnung gegenüber<br />

sozialwissenschaftlichen Ansätzen gewinnbringend und wertvoll sei!<br />

Dezentrale Löschwasserbereitstellung zur Stabilisierung der Wasserversorgung


Im letzten Vortrag der Veranstaltung stellte Dr.-<strong>Ing</strong>. Torsten Schmidt (TU Dresden) den<br />

Einsatz dezentraler Löschwasserbereitstellung zur Stabilisierung der Situation der<br />

Wasserversorgung in Gebieten mit sinkender Siedlungsdichte vor. Einleitend stellte er dar,<br />

dass die Trinkwasserqualitätssicherung durch Vorgaben der Trinkwasserverordnung<br />

(Umbau, Rückbau, Spülung) sichergestellt wird. Zudem ist die Löschwasserbereitstellung<br />

eine kommunale Aufgabe, die jedoch auf die Trinkwasserversorger übertragen wird. Ab<br />

einer Versorgungskapazität von 4.000 Einwohnern ist die Löschwasserversorgung<br />

ohnehin durch das zentrale Trinkwassersystem gedeckt, darunter ist eine dezentrale<br />

Lösung zu untersuchen. Dabei sind alternative Quellen für Löschwasser, wie<br />

Löschwasserbrunnen nach DIN 14220, Löschwasserteiche nach DIN 14210 oder<br />

Löschwasserbehälter nach DIN 14230 in Betracht zu ziehen. Auch kombinierte Anlagen<br />

zur Regenwasserrückhaltung/Hochwasserschutz können eine Lösung darstellen.<br />

Löschwasserkonzepte seien mit einer abgestimmten langfristigen Strategie bei<br />

gleichzeitiger Optimierung TW-Versorgung zu erstellen.<br />

Fazit<br />

Die Tagung stellte einen weiteren wichtigen Meilenstein zur Diskussion im Umgang mit<br />

dem demografischen Wandel und die sich daraus ergebenden Chancen für die<br />

Wasserwirtschaft dar. Mit dieser Tagung konnte wieder gezeigt werden, dass das Thema<br />

weiterhin hochaktuell ist und eine Diskussion sowohl in der Fachwelt als auch in der<br />

Gesellschaft nötig ist, um den Herausforderungen mit adäquaten Lösungen zu begegnen.<br />

Wie fast alle Industrienationen ist Deutschland in allen Lebensbereichen nach wie vor auf<br />

Wachstum fokussiert, was sich im Bereich der Wasserwirtschaft darin äußert, dass<br />

gegenwärtig die Funktionalität der Anlagen erhalten bleibt, jedoch die Ineffizienzen im<br />

Betrieb vielerorts steigen. Da ein kontrolliertes Aufgeben von Siedlungsgebieten politisch<br />

nicht gewollt ist, kommt es oft zu unkontrollierten Aufgaben in Teilbereichen.<br />

Deshalb ist es auch in der Wasserwirtschaft zwingend notwendig alternative technische<br />

und organisatorische Lösungen zu betrachten.<br />

Tagungsband<br />

Alle Teilnehmer erhielten einen Tagungsordner mit den Manuskripten zu den Vorträgen.<br />

Aktuell wird an einem <strong>DWA</strong>-Fachbuch gearbeitet, in dem alle Referenten aufgefordert<br />

sind, einen Beitrag zu ihrem Thema zu veröffentlichen. Das <strong>DWA</strong>-Fachbuch wird Anfang<br />

2014 erscheinen und ist dann über die <strong>DWA</strong>-Bundesgeschäftsstelle zu beziehen.<br />

Weitere Informationen<br />

<strong>Daniel</strong> <strong>Meyer</strong><br />

<strong>Bauhaus</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>Weimar</strong><br />

Fakultät Bauingenieurwesen<br />

Professur Siedlungswasserwirtschaft<br />

Coudraystraße 7; 99423 <strong>Weimar</strong><br />

Tel. (03643) 5846-18<br />

E-Mail: d.meyer@uni-weimar.de

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