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Dokument 1.pdf - Hochschulschriftenserver der Universität Trier

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Nur eine <strong>der</strong> angebotenen Versionen kann zutreffen. Ob Konrad <strong>der</strong> Sohn eines<br />

ritterlichen Burgmannes war o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Sohn eines Bürgers, ob er von Somerde<br />

(Someringe), Bächerer o<strong>der</strong> Rochrer hieß und <strong>der</strong> Sohn eines Fleischhauers war, sei<br />

zunächst dahingestellt. Hinter den nicht zutreffenden Benennungen könnten sich<br />

bestimmte Absichten verbergen. In dem öffentlich bekannt gegebenen Bericht eines<br />

Zeitzeugen, eines an den Ereignissen sogar Beteiligten, des jungen Markgrafen Friedrich,<br />

Sohn Markgraf Albrechts, geht lei<strong>der</strong> nur die Rede vom Knaben Konrad. 25<br />

Dieser mit Erlaubnis des Bischofs und auf Anordnung Markgraf Friedrichs an die<br />

Türflügel <strong>der</strong> Bischofskirche Meißens angeschlagene Bericht gewährt tiefe Einblicke in<br />

die Vorgänge und Hintergründe <strong>der</strong> Judenverfolgung. Begründet wird <strong>der</strong> öffentliche<br />

Anschlag mit einem Auftrag des Vaters, Markgraf Alberts. 26 Markgraf Friedrich führte<br />

demnach Untersuchungen des Mordes an dem Jüngling Konrad durch. Sein an die<br />

Türflügel <strong>der</strong> Bischofskirche angeschlagener Abschlußbericht ist auf den 20.8.1303<br />

datiert, fast fünf Monate nach <strong>der</strong> Verfolgung. Obwohl die Juden Weißensees inzwischen<br />

als die angeblichen Täter fast alle ermordet sind, wird über sie seltsamerweise kein<br />

einziges Wort verloren. Das "Martyrium des guten und unschuldigen Knaben Konrad"<br />

(de passione boni & innocui pueri Conradi) setzt die Judenverfolgung freilich voraus. Die<br />

Absicht, den Anschein <strong>der</strong> Objektivität zu erwecken, als ob eine Täterforschung noch<br />

bevorstünde, muß wohl als Erklärung fallen gelassen werden, nachdem die angeblichen<br />

Täter ja gar nicht mehr am Leben sind. Die Ausblendung <strong>der</strong> Juden legt vielmehr eine<br />

an<strong>der</strong>e Schlußfolgerung nahe: Der Bericht über den Mord an dem Knaben Konrad soll in<br />

<strong>der</strong> Art und Weise wie er verfaßt wurde (s.u.) den Judenmord im Nachhinein<br />

legitimieren! Es ist davon auszugehen, daß Markgraf Friedrich den Schwerpunkt seines<br />

Untersuchungsauftrages mit voller Absicht auf den Knabenmord verlagerte und die<br />

Umstände des Judenmordes, über die doch vorrangig Auskunft erteilt werden sollte, ganz<br />

bewußt ausblendete.<br />

In Anbetracht des zerrütteten Verhältnisses, einer Mischung aus persönlichen und<br />

familiären Divergenzen und politischer Rivalität, zwischen dem älteren Markgrafen<br />

Albert (Albrecht) und seinen beiden Söhnen Friedrich und Diezmann, müßte die<br />

gezogene Schlußfolgerung umso einleuchten<strong>der</strong> erscheinen. 27 Das Zerwürfnis bestand seit<br />

1294 und hielt trotz gewisser Schwankungen bis 1304 an. Auswirkungen machten sich<br />

auch in Weißensee geltend. "Im Verlaufe <strong>der</strong> Sreitigkeiten, in welche Landgraf Albrecht<br />

mit seinen Söhnen, Friedrich mit <strong>der</strong> gebissenen Wange und Diezmann, um seines<br />

unehelichen, mit <strong>der</strong> Kunigunde von Eisenberg gezeugten Sohnes Apitz willen verwickelt<br />

wurde, mußte er nach seiner Gefangennehmung bei Eisenach durch seinen Sohn<br />

Friedrich diesem die Städte Freiberg und Torgau, sowie an<strong>der</strong>e Orte abgeben; und zu<br />

mehrerer Versicherung dessen erhielt Friedrich unter an<strong>der</strong>n auch Schloß und Stadt<br />

Weißensee 1289 zum Unterpfande." Infolge des Verkaufs <strong>der</strong> thüringischen und<br />

_____________________________________<br />

25 ...de passione boni & innocui Conradi,... (MENCKENIUS: Bd.2, Sp.945.).<br />

26 Nec exiguam erga patrem reverentiam produnt litterae sequentes, mandato Principis, & praesulis Misnensis<br />

permissu, ad valvam basilicae appensae, de puero in Thuringia a Judaeis miserabiliter occiso,...Nos Fri<strong>der</strong>icus,...,<br />

quod dum a carissimo parente nostro, D. Alberto, Thuringiae Landgravio, de arce Wartberg, in celebre oppidulum<br />

nostrum Weisenseham mitteremur, ea qua de passione boni & innocui pueri Conradi, jam passim divulgabantur,<br />

perscrutaturi.<br />

27 Hierzu die Ausführungen bei TURNAU: S.216; 219ff.(Freiberg i.S.); 266ff.(Gotha); 269f.;273 (Grimma); 754f.<br />

(Stadtilm).<br />

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