Dokument 1.pdf - Hochschulschriftenserver der Universität Trier
Dokument 1.pdf - Hochschulschriftenserver der Universität Trier
Dokument 1.pdf - Hochschulschriftenserver der Universität Trier
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
93<br />
von Sachsen, fanden. 39 Die Judenverfolger selbst bzw. <strong>der</strong>en Vertreter hatten jetzt festen<br />
Fuß im Stadtregiment gefaßt! Da von einer, wenn überhaupt, eher marginalen<br />
Beteiligung von "communes" <strong>der</strong> Altstadt am Überfall auf das Judendorf auszugehen ist,<br />
müssen an<strong>der</strong>e o<strong>der</strong> zusätzliche Bindungen zwischen den Innungen <strong>der</strong> Alt- und Neustadt<br />
eine Rolle gespielt haben. Sicherlich um ihr Gewicht in <strong>der</strong> Stadt wie<strong>der</strong> zu vergrößern,<br />
nachdem die nie<strong>der</strong>en Innungen 1330 die paritätische Ratsbesetzung erzwungen und die<br />
Konstabler in die Defensive gedrängt hatten, schlossen sich die Tuchmacher <strong>der</strong> Altstadt<br />
und <strong>der</strong> Neustadt 1332 zu einer gemeinsamen Innung zusammen. 40 1302 hatten die<br />
kleinen Innungen erst einen Teilerfolg errungen, sodaß eine solche Vereinigung zwischen<br />
den Handwerkerzünften <strong>der</strong> Alt- und Neustadt unter dem Zwang <strong>der</strong> politischen<br />
Verhältnisse schon zu Beginn des 14. Jahrhun<strong>der</strong>ts vermutet werden darf. Ein politischer<br />
Schulterschluß <strong>der</strong> Handwerkerschaft <strong>der</strong> Alt- und Neustadt lag allemal vor, ersichtlich<br />
an <strong>der</strong> stillen Solidarität des von den nie<strong>der</strong>en Innungen durchsetzten altstädtischen<br />
Magistrats. Insofern liegt auch die Schlußfolgerung nahe, die auf einen Putschversuch<br />
hinauslaufenden Unruhen des Jahres 1301 hätten in <strong>der</strong> Neustadt ihren Ausgang<br />
genommen und zwar zunächst als Judenverfolgung. Anschließend war dann versucht<br />
worden, in die Altstadt einzudringen, um auch hier über die Juden herzufallen, um sich<br />
mit den hiesigen kleinen Innungen zu vereinigen, was aber an den Gegenmaßnahmen <strong>der</strong><br />
Konstabler und des Erzbischofs scheiterte. In diesem Kontext dürfte die Altstadtmauer<br />
vor <strong>der</strong> Neustadt und/o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Graben zwischen Alt- und Neustadt eine Rolle gespielt<br />
haben, <strong>der</strong> freilich auch erst im Nachhinein als Reaktion auf jene Vorgänge angelegt<br />
worden sein konnte.<br />
In Punkt eins des Klagekataloges von 1309 (s.o.) finden sich zwei Vorwürfe des<br />
Erzbischofs vereint, die durchaus auch im Zusammenhang eines Unruheverlaufes stehen:<br />
Die Bürger sollten das Pfandgeld, das sie bei den Juden aufgenommen bzw. erhalten<br />
hatten, zurückerstatten und sie sollten Genugtuung leisten wegen des dem König<br />
gezahlten Schoßes. 41 Über das Pfandgeld im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Plün<strong>der</strong>ung des<br />
Judendorfes konnte bereits Klarheit erzielt werden. Der an<strong>der</strong>e Klagepunkt bezieht sich<br />
auf eine Steuererhebung im Anschluß an den politischen Umschwung des Jahres 1302. 42<br />
Zwar wurde <strong>der</strong> Königsschoß schon öfter erhoben und er spielte auch bei den Unruhen<br />
1293/4 eine Rolle, 43 aber hier ist eine ganz bestimmte Steuererhebung angesprochen.<br />
Nicht die Erhebung des Schoßes generell, son<strong>der</strong>n nur diese eine Steuererhebung hatte<br />
für Ärger gesorgt. Die 1309 verwendete Formulierung "unse vorfarn"(s.o.) ist als<br />
Singularform zu begreifen und meint den Vorgänger Erzbischof Burchards II., Burchard<br />
I., <strong>der</strong> selbst nach dem politischen Umschwung an die Seite König Albrechts von<br />
Habsburg noch in Opposition zu verharren schien o<strong>der</strong> auch nur auf eine Entschädigung<br />
durch die Bürger aus war, weil eines seiner Mitspracherechte mißachtet worden war. Die<br />
________________________________________<br />
39 Hierzu TURNAU: U.a. S.501-505.<br />
40 ERNST ILGENSTEIN: Handels- und Gewerbegeschichte <strong>der</strong> Stadt Magdeburg im Mittelalter bis zum Beginn<br />
<strong>der</strong> Zunftherrschaft (1330), in: Geschichtsblätter für Stadt und Land Magdeburg, Bd.44, 1909, S.50.<br />
41 To dem ersten umb des koninges schot, dat sie van sik geantwordt hadden ane unse vorfarn willen, unde umb dat<br />
gelt, dat sy van unsen joden genomen hadden.<br />
42 Zu diesem "politischen Umschwung" siehe TURNAU: S.504f.<br />
43 A.a.O.: S.499.<br />
93