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Dokument 1.pdf - Hochschulschriftenserver der Universität Trier

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oberflächlicher Betrachtung ein „positives Verhältnis“ vortäuschen. Ein auf<br />

utilitaristischen Erwägungen basiertes Schutzverhältnis, Sicherheit durch<br />

Schutzgeldzahlungen (pecunia securitas) , stößt unweigerlich an seine Grenze. Dessen<br />

waren sich die Juden Augsburgs bewußt, daher die vorauseilenden Zuwendungen des<br />

Jahres 1298 und des Mai 1308 an Stadtrat und Gemeinde, daher auch die große<br />

Erleichterung nach dem "Abklingen <strong>der</strong> `Rindfleisch`- Verfolgung" am 23. August 1298.<br />

Angst und Mißtrauen gegenüber <strong>der</strong> christlichen Stadtgemeinde bestimmten die<br />

Einstellung <strong>der</strong> Juden Augsburgs. Mit Schutzgeldzahlungen ließ sich eben nur relative<br />

Sicherheit erkaufen. Stadtrat und Gemeinde schröpfen ihre Juden, wenn sich, wie 1304<br />

<strong>der</strong> Fall, die Gelegenheit hierfür bietet. Im Judenschutz König Albrechts erkennen die<br />

Juden einen das aktuelle „positive“ Verhalten <strong>der</strong> Bürgerschaft stabilisierenden Einfluß (<br />

daz si ir zuht und ir ere an uns behalten mit unsers herren chunig Albrehtes des<br />

Römischen chuniges haelfe ), <strong>der</strong> mit dessen Ermordung 1308 schlagartig wegbrach -<br />

sofort fühlten sich die Juden wie<strong>der</strong> akut bedroht, durch die Bürgerschaft, daher die<br />

erneute Schutzgeldzahlung.<br />

Die Kontextualisierung <strong>der</strong> kollektiv über die Augsburger Juden verhängten Sanktion des<br />

Jahres 1304 wegen des von zwei Judenbürgern einem politischen Gegner sowohl <strong>der</strong><br />

Stadt als auch des Königs während des rheinischen Zollkrieges gewährten Darlehens<br />

kann hiermit abgeschlossen werden. Die Juden Augsburgs müssen sich 1304 in ihrem<br />

Mißtrauen und ihrer Angst bestätigt gefühlt haben.<br />

Die Stellung <strong>der</strong> Juden in den Städten und allgemein im Herrschaftsgefüge des Reiches<br />

leitet über zu einer neuen Kategorie von politischen Motiven neben dem sowohl<br />

Judenverfolgungen als auch -vertreibungen und sonstige Bedrängnisse erfassenden<br />

traditionellen Motiv.<br />

Wegen <strong>der</strong> Beteiligung an<strong>der</strong>er Gewalten neben dem König an <strong>der</strong> Herrschaft über die<br />

Juden und damit an <strong>der</strong> Ausübung des Judenschutzes wurden die Juden oftmals<br />

Leidtragende separater "materieller und politischer Konflikte" bzw. die, wie<br />

Patschovsky formuliert,"auf dem Rücken <strong>der</strong> Juden" ausgetragen wurden. 36 Meist<br />

waren die Juden landesherrliche Fremdkörper innerhalb <strong>der</strong> Stadt.<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzungen zwischen Landesherren o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bürger mit dem Stadt- und<br />

Landesherrn wurden für sie zur bedrohlichen Situation. 37 Als die Bürger von Würzburg<br />

sich seit 1253 gegen den Bischof, ihren Stadtherrn, auflehnten, griffen sie auch dessen<br />

Juden an (Sie "begingen allerlei Grausamkeiten an den Juden, die unter bischöflichem<br />

Geleite standen", weiß <strong>der</strong> Würzburger Chronist Fries zu berichten), eine <strong>der</strong> Stützen<br />

<strong>der</strong> bischöflichen Stadtherrschaft. Seit 1247 waren die Würzburger Juden durch<br />

königliches Privileg dem Bischof unterstellt. "Wahrscheinlich wollte die Bürgerschaft<br />

nicht so sehr die Juden wie den Bischof treffen." 38<br />

_______________________________________<br />

36 ALEXANDER PATSCHOVSKY: Judenverfolgung im Mittelalter, in: Geschichte in Wissenschaft und<br />

Unterricht, Jg.41, H.12, 1990, S.8.<br />

37 A. HAVERKAMP: Die Judenverfolgungen zur Zeit des Schwarzen Todes im Gesellschaftsgefüge deutscher Städte,<br />

in: DERS.: Verfassung, Kultur, Lebensform. Beiträge zur italienischen, deutschen und jüdischen Geschichte im<br />

europäischen Mittelalter. Dem Autor zur Vollendung des 60. Lebensjahres, hg. v. FRIEDHELM BURGARD /<br />

ALFRED HEIT / MICHAEL MATHEUS, Mainz / <strong>Trier</strong> 1997, S.228 - 297.<br />

38 MOSZEK AWIGDOR SZULWAS: Die Juden in Würzburg während des Mittelalters , Diss.phil. Berlin<br />

1934, S.30ff.<br />

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