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Dokument 1.pdf - Hochschulschriftenserver der Universität Trier

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Erzbischof. Insofern müßte die Aussage Avneris: "Die Juden unterstanden dem<br />

Erzbischof, und es gelang <strong>der</strong> Stadt nicht, sie sich untertänig zu machen", relativiert<br />

werden. 1312 bezeichnete Erzbischof Burkhard die "Magdeburger Juden, die im Dorfe<br />

Sudenburg wohnen", als seine Juden. 12 Die Sudenburg war die Neustadt, 13 die dem<br />

Erzbischof unterstand, <strong>der</strong> dort die Bede erhob. 14 Das Judendorf schloß sich, wie ein<br />

Blick auf den zitierten Stadtplan verrät, an die Siedlung Sudenburg an. Über die Juden<br />

<strong>der</strong> Neustadt wie über alle Juden des Erzbistums (mit Ausnahme <strong>der</strong> Altstadt<br />

Magdeburgs!) übte <strong>der</strong> Kämmerer im Namen des Erzbistums die Gerichtsbarkeit aus,<br />

<strong>der</strong> seit 1260 immer einer <strong>der</strong> Domherren sein mußte. "Von den Bußen <strong>der</strong> Juden sollte<br />

das Gold dem Erzbischof, das Silber dem Kämmerer zufallen," was auf die Geldgeschäfte<br />

<strong>der</strong> Juden hindeutet. 15<br />

Wenn von zwei verschiedenen Judensiedlungen in Magdeburg mit unterschiedlichen<br />

Rechtsverhältnissen ausgegangen wird, erscheinen die beiden bisher analysierten Quellen<br />

in einem ganz an<strong>der</strong>en Licht, die harmonisierende Version kann so nicht mehr aufrecht<br />

erhalten werden. Man hat von zwei voneinan<strong>der</strong> verschiedenen Verfolgungen<br />

auszugehen, die zu verschiedenen Zeiten stattfanden. Eine Austreibung <strong>der</strong> Juden vollzog<br />

sich dann in <strong>der</strong> Altstadt nicht als spontane, unorganisierte Reaktion durch die<br />

"communes", son<strong>der</strong>n abgestimmt durch die zuständige Stadtverwaltung, den Stadtrat.<br />

In <strong>der</strong> Neustadt wurde die Judensiedlung des Erzbischofs hingegen von den "communes"<br />

überfallen und geplün<strong>der</strong>t, wobei mehrere Juden umgebracht wurden. Die zeitliche<br />

Einordnung bei<strong>der</strong> Vorgänge geschah relativ präzise: 1301, am Mittwoch nach Ostern,<br />

d.h. am 5.4., erfolgte <strong>der</strong> Überfall auf das Judendorf bei <strong>der</strong> Sudenburg. Im Jahr<br />

"danach", mit eindeutigem Bezug auf das vorangegangene Jahr 1301, erfolgte die<br />

Vertreibung <strong>der</strong> Juden aus <strong>der</strong> Altstadt.<br />

Eine Überprüfung <strong>der</strong> Ereignisse, die in dieses "vorangegangene" Jahr 1301 verlegt<br />

wurden und auch <strong>der</strong> Nachricht, die auf die Judenvertreibung nachfolgt, läßt allerdings<br />

Zweifel an einer exakten Datierung aufkommen. "In dem 1301 jare sach men schinen eine<br />

cometen an dem teiken des himmels, dat scorpio heitet", berichtet die Schöppenchronik<br />

und fährt dann fort: "des sulven jares sande pawes Bonifacius to koning Philippo van<br />

Frankriken unde enbot om, he scholde sin rike van om entpfangen: und dede he daes<br />

nicht, so wolde he on bannen unde holden on vor einen ketter. de koning vorbrande de<br />

breve de om de pawes sande, und dar to alle des pawes privilegia de he hadde."<br />

Der Komet, <strong>der</strong> im Sternbild des Skorpion erschien, ist heute als "Halleyscher Komet"<br />

bekannt, <strong>der</strong> zuletzt Anfang 1986 zu beobachten war. In jüngster Zeit hat man seine<br />

Periheldurchgänge bis in die vorchristliche Zeit zurückberechnet. Im Jahre 1301 fand <strong>der</strong><br />

Periheldurchgang am 26.Oktober statt. 16 Der zeitgenössische Geschichtsschreiber Villani<br />

_________________________________________________<br />

12 Ib.<br />

13 GUSTAV HERTEL (Bearb.): Urkundenbuch <strong>der</strong> Stadt Magdeburg, Bd.1: Bis 1403, Aalen 1975 (=Neudr.d.Ausg.<br />

Halle 1892),Nr.154 (1281 X 4: in nova civitate aut Sudenburch); vgl. den <strong>der</strong> zitierten Ausgabe <strong>der</strong><br />

Schöppenchronik beigefügten Stadtplan.<br />

14 KARL KRÜTGEN: Die Landstände des Erzstifts Magdeburg vom Beginn des 14. bis zur Mitte des 16.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts, Diss.phil. Halle-Wittenberg , Halle a.d.Saale 1914, S.21; Die Chroniken, S.XIII.<br />

15 Wie Anm.7; ARTHUR BIERBACH (Bearb.): Urkundenbuch <strong>der</strong> Stadt Halle, ihrer Stifter und Klöster, Tl.1 (806-<br />

1300), (Geschichtsquellen <strong>der</strong> Provinz Sachsen und des Freistaates Anhalt, Neue Reihe, Bd.10), Magdeburg 1930,<br />

Nr.456.<br />

16 ROLF FROBÖSE: Der Halleysche Komet, Frankfurt am Main 1985, S.1f.<br />

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