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Dokument 1.pdf - Hochschulschriftenserver der Universität Trier

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Die "Gesta" geben als Grund <strong>der</strong> Verfolgung an, daß bekannt geworden sei, die Juden<br />

hätten ein Abbild des Gekreuzigten angefertigt, das Jesus zeigt, wie er aufs neue von<br />

ihnen gekreuzigt werde, wie von einer bei den Juden beschäftigten christlichen Magd<br />

herumerzählt wurde. 6<br />

Beide Quellen scheinen sich auf den ersten Blick problemlos inhaltlich zu ergänzen:<br />

Nachdem das Gerücht verbreitet worden sei, rotteten sich "communes" zusammen, um<br />

über das Judendorf herzufallen. Die Juden waren gewarnt und verteidigten sich,<br />

unterlagen aber. Ihre Siedlung wurde regelrecht "erobert" (villa Iudeorum fuit capta)<br />

und anschließen geplün<strong>der</strong>t. Eine Anzahl Juden wurde getötet, die übrigen vertrieben.<br />

Ganz so unproblematisch harmonisieren lassen sich die Inhalte bei<strong>der</strong> Quellen aber lei<strong>der</strong><br />

nicht. In seinem Ortsartikel "Magdeburg" <strong>der</strong> "Germania Judaica" weist Avneri auf eine<br />

Bemerkung <strong>der</strong> Schöppenchronik hin, wie ein Dieb "auf dem Klei<strong>der</strong>hofe vor den Juden"<br />

ergriffen wurde. 7 Das Problem wurde auch von Hagedorn erkannt: "Es giebt freilich in<br />

<strong>der</strong> Altstadt eine Judengasse, in den Joden, wir kennen aber keinen Juden, welcher<br />

innerhalb <strong>der</strong> städtischen Ringmauern seinen Wohnsitz hatte...Es ist wahrscheinlich, daß<br />

in dieser Zeit die gesammte Judengemeinde in <strong>der</strong> Sudenburg und in dem daneben<br />

belegenen Judendorfe, in dessen Nähe sie auch einen beson<strong>der</strong>en Kirchhof besaß,<br />

vereinigt war." 8 Eine an<strong>der</strong>e Schlußfolgerung zieht Avneri: "Die Juden hätten also zu<br />

Beginn des 14. Jahrhun<strong>der</strong>ts teilweise in <strong>der</strong> Altstadt gewohnt, wenn auch die Mehrzahl<br />

im "Judendorf", östlich <strong>der</strong> Sudenburg, ihre Wohnstätten hatten. Der Autor zieht freilich<br />

nicht die Konsequenz hieraus, wenn er auf die Prozesse zwischen Juden und Christen<br />

eingeht, die "vor den erzbischöflichen Kämmerer" gehörten, "<strong>der</strong> den Juden ihren Eid<br />

vor <strong>der</strong> Synagoge abnahm. Es gelang den Schöffen nicht, solche Prozesse an sich zu<br />

ziehen, obwohl sie in ihren Rechtsbelehrungen für an<strong>der</strong>e Städte bestimmten, daß<br />

Prozesse zwischen Juden und Christen vor die dortigen Schöffengerichte gehörten." 9 - Als<br />

die Schöffen von Magdeburg ihr Stadtrecht <strong>der</strong> Stadt Görlitz am 1.11.1304 mitteilten,<br />

wurden hierin auch die Juden berücksichtigt, daß bei Vergehen <strong>der</strong> Jude ebenso wie <strong>der</strong><br />

Christ behandelt werden solle. 10 1295 hatten die Innungen das Stadtrecht nicht gegen<br />

son<strong>der</strong>n in Verhandlung und Abstimmung mit dem geistlichen Stadtherrn durchgesetzt. 11<br />

Ein Konflikt wegen <strong>der</strong> Juden, <strong>der</strong> sich aus dem Magdeburger Stadtrecht abgeleitet hätte,<br />

kann somit ausgeschlossen werden. Vielmehr handelt es sich hier um das Angebot eines<br />

unstrittigen Rechtsverhältnisses zwischen Bürgern und Juden, aber nur hinsichtlich <strong>der</strong><br />

in <strong>der</strong> Altstadt Magdeburgs ansässigen Juden. Hieraus kann gefolgert werden, daß <strong>der</strong><br />

Stadtrat die Hoheitsrechte über diese altstädtischen Juden ausübte und nicht <strong>der</strong><br />

___________________________________<br />

6 ...pro eo quod divulgatum fuit, quod ipsi fecissent ymaginem crucifixi et Christum in illa ymagine crucifixissent<br />

denuo, sicut per unam ancillam Iudeorum christianam publicatum fuit.<br />

7 Magdeburg, in: Germania Judaica, Bd.2,2: Von 1238 bis zur Mitte des 14. Jahrhun<strong>der</strong>ts, hg. v. ZVI AVNERI:<br />

Tübingen 1968, S.506.<br />

8 ANTON HAGEDORN: Verfassungsgeschichte <strong>der</strong> Stadt Magdeburg bis zum Ausgange des 13.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts, in: Geschichtsblätter für Stadt und Land Magdeburg, Jg.20, 1885, S.92f.<br />

9 Ib.<br />

10 GUSTAV ADOLF TZSCHOPPE / GUSTAV ADOLF STENZEL: Urkundensammlung zur Geschichte des<br />

Ursprungs <strong>der</strong> Städte und <strong>der</strong> Einführung und Verbreitung deutscher Kolonisten und Rechte in Schlesien und <strong>der</strong><br />

Ober-Lausitz, Hamburg 1832, Nr.105; TURNAU: S.259.<br />

11 TURNAU: S.507 (...he droch wol over ein mit den borgeren).<br />

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