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Dokument 1.pdf - Hochschulschriftenserver der Universität Trier

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wird das "Geschrei" in einem Fall,einer Standardbeschuldigung: Die Juden hätten den<br />

Sohn eines mächtigen Adligen erdrosselt. Die wahren Hintergründe erhellen sich am<br />

Verhalten eines dieser Adligen, des Kraft von Hohenlohe, Herrn von Weikersheim und<br />

auch Röttingens. Wegen des reichspolitischen Konflikts und <strong>der</strong> Gegnerschaft des<br />

Mainzer Erzbischofs als dem Herrn <strong>der</strong> Juden wittern sie die Möglichkeit, sich ihrer<br />

Schulden bei den Juden durch <strong>der</strong>en Vernichtung zu entledigen. Aber man ist sich des<br />

Risikos politischer Wechselfälle bewußt. - So erlangt <strong>der</strong> Erzbischof von Mainz nach dem<br />

Sieg über König Adolf vom neuen König Albrecht von Habsburg das Privileg, daß ihm<br />

die Schuldfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> getöteten Juden, welche keine Erben haben, zufallen sollen.-<br />

Risikobewußt und zögerlich verhält sich Kraft von Hohenlohe, <strong>der</strong> zunächst Rücksprache<br />

mit dem Bischof von Würzburg hält, um danach gegen die Juden seiner Herrschaft<br />

vorgehen zu können und sich so seiner Schulden zu entledigen, was in Weikersheim auch<br />

geschah, wohingegen er die Verfolgung in Röttingen Rindfleisch überließ. Der Adel hielt<br />

Ausschau nach einem erfolgversprechenden Exekutor, hinter dem man sich verstecken<br />

konnte. Man fand ihn in <strong>der</strong> Person des Speyerer Landvogtes Johann von Rinberg, eines<br />

allseits bekannten Feindes des Mainzer Erzbischofs und zugleich eines Judenfeindes, <strong>der</strong><br />

mit Conrad Rindfleisch einen namentlich ausgewiesenen Judenverfolger zu seinem<br />

Stellvertreter ernannt hatte. "Iussu et consensu superiorum" verfolgte Johann von<br />

Rinberg die Juden, wie die "Historiae memorabiles" bezeugen, und zwar unter einer jetzt<br />

auch beim einfachen Volk, den "arme(n) lude(n)", zugkräftigen Parole: Die Juden hätten<br />

dem Heer König Adolfs vergiftetes Rindfleisch geliefert und seien die Verursacher <strong>der</strong><br />

sich auf Landgebiete ausbreitenden Seuche.- Während <strong>der</strong> mit dem Schlachtentod König<br />

Adolfs in Göllheim endenden Kämpfe um die Krone brach im Heer des Königs eine<br />

Seuche aus, die sich auch auf Breisach und weitere Landgebiete ausweitete. Man schrieb<br />

dies dem Genuß verdorbenen Rindfleisches zu.Johann von Rinberg machte sich dies<br />

zunutze, setzte über den Rhein , begab sich in die königsnahe Landschaft Schwabens und<br />

Frankens, um hier gegen die Juden als angeblichen Verursachern <strong>der</strong> Seuche zu hetzen.<br />

Wegen seiner Parole gab man ihm den Namen "Rindfleisch". Begrüßt vom Adel <strong>der</strong><br />

königsnahen Landschaften und mit Zulauf aus den ärmeren Bevölkerungskreisen zogen<br />

seine Scharen die Juden mordend über das Land. Vor Würzburg scheiterte er zunächst<br />

allerdings am Wi<strong>der</strong>stand des dortigen Stadtrates.<br />

In den Speyergau zurückgekehrt, schloß er sich dem jetzt linksrheinisch operierenden<br />

Heer König Adolfs an, kämpfte in <strong>der</strong> Schlacht bei Göllheim, wurde gefangengenommen,<br />

dann aber von dem neuen König Albrecht I. von Habsburg vorzeitig unter Bedingungen<br />

entlassen, mit einer Son<strong>der</strong>mission betraut, die sich inzwischen verselbständigten<br />

Judenverfolgungen in Franken kraft seines Einflusses als "capitaneus" und "rex<br />

Rintfleisch" auf diese Scharen <strong>der</strong> Judenverfolger zu beenden. In Würzburg mit seiner<br />

Mannschaft angekommen, brach Johann von Rinberg seinen dem König geleisteten Eid,<br />

wurde rückfällig, ließ die Juden <strong>der</strong> Stadt unter Beihilfe einer Bürgeropposition<br />

ermorden und startete von hier aus eine neue Verfolgungswelle.<br />

Anschließend befreite er mit einem tollkühnen Handstreich den Sohn des getöteten<br />

Königs Adolf von Nassau aus <strong>der</strong> Gefangenschaft Erzbischof Gerhards von Mainz und<br />

begab sich daraufhin in Dienst und Schutz des Nassauer Grafenhauses und Erzbischof<br />

Dieters von <strong>Trier</strong>, <strong>der</strong> ihn zu seinen "Freunden" zählte.<br />

Die Identifizierung des berüchtigten Judenverfolgers Rindfleisch des Jahres 1298 setzte<br />

bei den Quellen an, die ihn als Edelmann mit Namen de Rinberch nennen. Es konnte<br />

geklärt werden, wieso man den Edelmann de Rinberch/Rinberg auch "Rindfleisch"<br />

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