Dokument 1.pdf - Hochschulschriftenserver der Universität Trier
Dokument 1.pdf - Hochschulschriftenserver der Universität Trier
Dokument 1.pdf - Hochschulschriftenserver der Universität Trier
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
63<br />
sich Conrad Rindfleisch nämlich selbst in einer Aufzählung von Schöffen ein als<br />
"Conradus dictus zume Rintfleize". 49 Namengebend war hier allerdings, wie bereits<br />
hinreichend erläutert, nicht das Haus, son<strong>der</strong>n umgekehrt die Person des Conrad<br />
Rindfleisch. 50 Es gab also keine weiteren Träger dieses Namens vor ihm, die sich nach<br />
einem Haus "zume Rintfleize" genannt haben könnten! Kriegk weist auf Namenswechsel<br />
hin - so nannte sich ein Frankfurter Geschlecht "von Lichtenstein", dessen ursprünglicher<br />
Name "schurge" war, eine an<strong>der</strong>e Familie,"<strong>der</strong>en eigentlicher Name unbekannt ist,<br />
nannte sich nach den beiden ihr gehörenden Häusern". Nicht wenige Familien, selbst<br />
solche von edeler Herkunft, gaben den Namen ihres Geschlechtes ganz auf, und nannten<br />
sich nach ihrem Wohnort, d.h.nach <strong>der</strong> Burg, dem Dorfe o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Stadt, in welcher sie<br />
wohnten, o<strong>der</strong> auch nach dem von ihnen erkauften Wohnhause. Dabei geschah es denn<br />
wohl, daß <strong>der</strong> ursprüngliche Familiennamen entwe<strong>der</strong> für die Nachwelt ganz unterging,<br />
wie in Frankfurt z.B. bei denen zum Hohenhaus, zum Kranich und im Steinhaus, o<strong>der</strong><br />
daß <strong>der</strong>selbe wenigstens für immer aufhörte geführt zu werden." 51<br />
Der ursprüngliche Name des Conrad Rindfleisch, <strong>der</strong>jenige seiner Familie, ist inzwischen<br />
bekannt. Einigermaßen mit Befremden muß man zur Kenntnis nehmen, daß Personen<br />
einen Namen akzeptierten o<strong>der</strong> sich gar selbst zulegten, <strong>der</strong> sich einer Feindschaft<br />
rühmte, sei es als "Bauernfeind", als "Judenfeind" 52 - o<strong>der</strong> speziell als "Rindfleisch". Er<br />
war beileibe kein Metzger, son<strong>der</strong>n Angehöriger einer Großhändlerfamilie. Kein<br />
Patrizier würde einen Namen akzeptieren, <strong>der</strong> ihn sozial deklassiert, ihn zum "Metzger"<br />
macht, nein, die Bedeutung des Namens "Rindfleisch" war in Frankfurt und Umgebung<br />
und wohl auch überregional wegen <strong>der</strong> weitreichenden Handelsbeziehungen <strong>der</strong><br />
Großhändlerfamilie von Holzhausen bekannt, er kennzeichnete einen Judenverfolger, <strong>der</strong><br />
sich vor 1295 anläßlich einer Seuche mit <strong>der</strong> Beschuldigung profiliert hatte, die Juden<br />
hätten gezielt verdorbenes o<strong>der</strong> vergiftetes Rindfleisch an die Christen verkauft! Den<br />
Edelmann von Rinberch kennzeichnete man jetzt ebenfalls mit dem Namen Rindfleisch<br />
als Judenverfolger, <strong>der</strong> gegen die Juden mit <strong>der</strong> Beschuldigung <strong>der</strong> Rindfleischvergiftung<br />
vorgegangen war. Welcher Judenverfolgung Conrads Auftritt zuzuordnen ist, bleibt<br />
lei<strong>der</strong> ungeklärt. 53<br />
_______________________________________<br />
49 BOEHMER / LAU: Bd.2, Nr.29.<br />
50 Anläßlich <strong>der</strong> Stiftung und Dotierung zweier Vikarien in <strong>der</strong> St. Leonhards-Kirche zu Frankfurt durch Conrad<br />
Rindfleisch und seine Ehefrau Cunigundis, in <strong>der</strong> beide ihre Grabstätte vor dem Altar gewählt haben, werden<br />
mehrere ihnen gehörende Häuser berücksichtigt : das "Landecken" genannte Haus, zwei Häuser in <strong>der</strong><br />
Penitentiergasse, das Haus in <strong>der</strong> "Hellergazzen", das "Hendelere" genannte Haus und, an erster Stelle genannt,<br />
ihr Wohnhaus (domum sita ex opposito hospicii nostri habitabilis), das offenbar identisch ist mit dem Haus "zume<br />
Rintfleize". (BOEHMER / LAU: Bd.2, Nr.431: 1332 II 21.).<br />
51 KRIEGK: Deutsches Bürgerthum, S.201; 205f.<br />
52 DERS: S.209; 211.<br />
53 Nach 1233 werden für Frankfurt "neun .. bekannte Pogrome" registriert. ( FRITZ BACKHAUS : "Und<br />
gross war bei <strong>der</strong> Tochter Jehudas Jammer und Klage". Die Ermordung <strong>der</strong> Frankfurter Juden im Jahre 1241,<br />
Sigmaringen 1995, S.81.). - Natürlich muß nicht unbedingt Frankfurt selbst <strong>der</strong> Schauplatz dieser betreffenden<br />
Judenverfolgung gewesen sein.<br />
63