28.12.2013 Aufrufe

Dokument 1.pdf - Hochschulschriftenserver der Universität Trier

Dokument 1.pdf - Hochschulschriftenserver der Universität Trier

Dokument 1.pdf - Hochschulschriftenserver der Universität Trier

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

47<br />

Jesus richtete sein Winzergleichnis zwar nicht gegen die Juden schlechthin, son<strong>der</strong>n<br />

gegen die Pharisäer und die führende Priesterkaste ("Und da die Hohenpriester und<br />

Pharisäer seine Gleichnisse hörten, verstanden sie, daß er von ihnen redete."), jedoch<br />

einen solch "feinen" Unterschied wollten die Judenverfolger des "Guten Werner-<br />

Pogroms" nicht machen - die Juden schlechthin waren die Mör<strong>der</strong>! Die Passion Christi<br />

sah man jetzt, bildlich in einen Winzerbetrieb verpflanzt,im Martyrium des "Guten<br />

Werner" wie<strong>der</strong>holt. Juden als" Weingärtner" und Pächter waren, auf die Art und Weise<br />

wie von Ziwes geschil<strong>der</strong>t, in den Besitz von Weinbergen gelangt, im Hause eines<br />

Judenwinzers soll <strong>der</strong> "gute Werner" ermordet worden sein.<br />

Ein vergleichbar gelagerter Fall ist 1303 aus dem Weinbaugebiet Thüringens zu<br />

vermelden: Die Juden Weißensees hätten Konrad, den Sohn eines Burgmannes <strong>der</strong> Stadt<br />

in einem Weinberghäuschen nahe <strong>der</strong> Stadt grausam umgebracht. Der Hausherr, hier<br />

<strong>der</strong> Winzer genannt, fand den übel zugerichteten Leichnam in <strong>der</strong> Hütte. Auch hier<br />

scheint <strong>der</strong> Verdacht auf Juden als den Pächtern des Weinberges o<strong>der</strong> auch benachbarter<br />

Weinberge gelenkt worden zu sein. In dem Martyrium des Knaben Konrad wurde <strong>der</strong><br />

Märtyrertod von Jesus ein zweitesmal durchlitten, denn die sich anschließende<br />

Judenverfolgung setzte genau zu Beginn <strong>der</strong> Passionszeit ein. 120<br />

Die "uralte Ritualmordfabel" 121 wußten die oppositionellen Ministerialen geschickt<br />

gewerbespezifisch zu kolorieren und auf die Zielgruppen <strong>der</strong> mit dem Weinbau<br />

beschäftigten Bevölkerung zu lenken.<br />

Gemäß den oben dargelegten Plausibilitätsargumenten zum historischen Kern <strong>der</strong><br />

Wernerlegende waren die Ministerialen des Salhofes Lorch die Drahtzieher <strong>der</strong> "Guten<br />

Wernerverfolgung". Indizien legen sogar nahe, daß unter den Ministerialen Johann von<br />

Rinberg führend beteiligt war, 1. die Wahl des Ortes: Oberwesel , nur ca. 8 km von Lorch<br />

entfernt, war Reichsstadt, ein "Haftbefehl" des Reiches gegen ihn lag nicht vor, von dem<br />

dortigen Schultheißen hatte er nichts zu befürchten, wohl aber von den erzbischöflichen<br />

Amtsträgern, in erster Linie von dem Vizedom des Rheingaues. 122 Oberwesel war <strong>der</strong><br />

ideale Ausgangspunkt , von hier aus ließen sich hervorragend konspirative Verbindungen<br />

knüpfen bzw.pflegen. Der einzige konkrete Nachweis zu seiner Person<br />

zwischen 1281 und 1292 belegt seine Kontakte zu Schultheiß und Schöffen des Salhofes<br />

Lorch und zum Rheingrafen. 2. Ministerialen des Salhofes Lorch holten den "Guten<br />

Werner" per Schiff in Oberwesel ab, möglicherweise-um die Zuständigkeit des nicht<br />

kooperationswilligen Reichsschultheißen Eberhard zu umgehen- heimlich des nachts über<br />

die Stadtmauer, so wie dies den Juden untergeschoben worden war. Eine Koordination<br />

mit einem Informanten und Helfer, einer Kontaktperson in Oberwesel, muß<br />

vorausgegangen sein. Dies war nach Lage <strong>der</strong> Dinge Johann von Rinberg, <strong>der</strong> dann auch<br />

als Erfin<strong>der</strong> <strong>der</strong> Mordgeschichte zu gelten hätte. 3. Informant und Helfer sowie die<br />

"Transporteure" des ermordeten Knaben sind nach Mainz hin orientiert, wohin sie das<br />

Schiff lenken wollen, obwohl Oberwesel doch eine bereits im Erzbistum <strong>Trier</strong> gelegene<br />

______________________________________<br />

120 Zu dieser Verfolgungswelle und <strong>der</strong>en politischen Hintergründen s.u. Kap.II, 2.<br />

121 MENTGEN: S.159.<br />

122 SCHROHE: S.71 (<strong>der</strong> "Vizedom Ludwig vom Rheingau").<br />

47

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!