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Dokument 1.pdf - Hochschulschriftenserver der Universität Trier

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46<br />

Auf die Kelter hebt auch die Art und Weise ab, wie die Tötung des Knaben ausgemalt<br />

wird: "Die Juden hätten das Blut gleichsam wie in einer Kelter mit viel Gewalt aus dem<br />

Körper ihres Opfers gepreßt. Mit diesem bildlichen Vergleich greift <strong>der</strong> Verfasser das<br />

damals vor allem in Weinbauregionen stark an Popularität gewinnende ikonographische<br />

Thema von Christus als dem Schmerzensmann in <strong>der</strong> Kelter auf." 115<br />

Der Jude, bei dem Werner angeblich ermordet worden sein soll, war offensichtlich ein<br />

sich auf die Weinwirtschaft einstellen<strong>der</strong> Weinbergbesitzer. Wie Ziwes weiter ausführt,<br />

kamen Juden "wohl nicht selten" in den Besitz von Weinbergen."Konnte ein Schuldner<br />

seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen, verfiel sein Pfand an den Gläubiger.<br />

In Weinbauregionen liegt es daher durchaus nahe, daß auf diese Weise Weingärten, die<br />

als Sicherheiten <strong>der</strong> Winzer für ihre bei Juden aufgenommenen Kredite dienten, ihre<br />

Besitzer wechselten. Daß es dabei häufiger zu rechtlichen Auseinan<strong>der</strong>setzungen kam,<br />

dürfte auf <strong>der</strong> Hand liegen." 116<br />

"Auch im späteren 13. und im 14. Jahrhun<strong>der</strong>t sind mittelrheinische Juden bezeugt, die<br />

im Weinhandel engagiert waren." 117 Unter solchen Voraussetzungen und mit dem<br />

"Verweis auf krisenhafte Phänomene in <strong>der</strong> Weinwirtschaft" hält Ziwes die Vermutung<br />

als "durchaus nicht abwegig, daß man unter den christlichen Weinbauern und -händlern<br />

die erlittenen Verluste den Juden anlastete und deshalb gegen sie vorging." 118<br />

Man hätte folglich davon auszugehen, daß die oppositionellen Ministerialen gezielt die in<br />

<strong>der</strong> Weinwirtschaft tätige, von einer wirtschaftlichen Krise betroffene Bevölkerung<br />

instrumentalisiert haben.<br />

Was <strong>der</strong> These noch an Transparenz mangelt, wird von einem allseits bekannten<br />

literarischen Vorbild behoben, dem Gleichnis von den Weingärtnern in Math.21, Vers 33-<br />

46:<br />

Ein Hausherr pflanzt einen Weinberg, führt einen Zaun herum, gräbt eine Kelter darin<br />

(zur eingegrabenen Kelter s.o.), baut einen Turm und betraut Weingärtner mit <strong>der</strong><br />

Pflege. Zur Erntezeit schickt er seine Knechte zu den Weingärtnern, "daß sie seine<br />

Früchte empfingen", die aber von den Weingärtnern getötet wurden, dann sandte er<br />

seinen Sohn, <strong>der</strong> aus dem Weinberg hinausgestoßen und dann ebenfalls von ihnen<br />

ermordet wurde, weil sich die Weingärtner in den Besitz des Erbes setzen wollten...<br />

In <strong>der</strong> Fußnote <strong>der</strong> "Jerusalemer Bibel" heißt es hierzu: "Das Gleichnis ist genauer<br />

gesagt eine Allegorie, denn je<strong>der</strong> Zug des Textes hat seine Bedeutung. Der Hausherr ist<br />

Gott; <strong>der</strong> Weinberg ist das Auserwählte Volk Israel; die Knechte sind die Propheten, <strong>der</strong><br />

Sohn ist Jesus, <strong>der</strong> außerhalb <strong>der</strong> Mauern von Jerusalem getötet wird; die bösen Winzer<br />

(die Weingärtner) sind die ungläubigen Juden..." 119<br />

_____________________________________________<br />

115 ZIWES: S.232.<br />

116 Ders.: S.234.<br />

117 Ders.: S.235.<br />

118 Ders., S.236f.<br />

119 Den Hinweis auf diese Bibelstelle verdanke ich Herrn Josef Quadflieg, ehemaligem Direktor des<br />

Katechetischen Instituts <strong>Trier</strong>.<br />

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