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Dokument 1.pdf - Hochschulschriftenserver der Universität Trier

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Gleichzeitigkeit bei<strong>der</strong> Vorgänge spricht für sich und entlarvt denselben Täterkreis, dem<br />

auch <strong>der</strong> inzwischen "untergetauchte" aber sich noch in den Rheinlanden aufhaltende<br />

Johann von Rinberg angehört haben dürfte. Jetzt, am 19. o<strong>der</strong> am 20. April, wenn man<br />

die Schiffsreise von Oberwesel nach Bacharach einkalkuliert, wird <strong>der</strong> Knabe Werner<br />

angeblich in Bacharach selbst ermordet aufgefunden. Die Täter gingen hier an Land, weil<br />

sie auf <strong>der</strong> Höhe von Lorch von Standesgenossen des Salhofes an Land gewunken<br />

wurden 103 - das Schiff durfte natürlich nicht in Lorch selbst anlegen! Die Botschaft<br />

lautete: Brecht sofort eure Fahrt nach Mainz ab, König Rudolf ist soeben in Mainz<br />

eingetroffen! Der König hielt sich hier vom 20. April bis zum 9. Mai auf, 104 u.a. verurteilte<br />

er hier die Mainzer Bürgerschaft zu einer Geldstrafe von 6000 Mark, weil sie sich<br />

anläßlich <strong>der</strong> vorausgegangenen Judenverfolgung des Jahres 1286 (s.o.) einen Teil <strong>der</strong><br />

Habe <strong>der</strong> geflüchteten Juden aneignete, nachdem er zuvor schon im Dezember 1286 "die<br />

Mainzer zur Aufspürung des Judengutes" aufgefor<strong>der</strong>t hatte. 105<br />

Oberwesel war eine bereits im Erzbistum <strong>Trier</strong> gelegene Reichsstadt. Der dortige<br />

Reichsschultheiß mit Namen Eberhard 106 beteiligte sich nicht an dem Komplott und<br />

verfolgte die Klage <strong>der</strong> Magd nicht weiter - die deutsche Verslegende diskriminiert ihn,<br />

die Juden hätten ihn bestochen. 107<br />

Durchaus aufschlußreich ist eine <strong>der</strong> von Pauly ausgemachten "Unmöglichkeiten" des<br />

Berichtes <strong>der</strong> lateinischen Vita. Der Autor verweist auf "die Unhaltbarkeit" <strong>der</strong> Version<br />

eines Transportes vom Rhein bis zur Anlandungsstelle bei Bacharach: Der Leichnam<br />

"mußte - und zwar am hellen Morgen - in nächster Nähe einer <strong>der</strong> drei Bacharacher<br />

Burgen (Stahleck, Stahlberg, Fürstenberg) über den Steilhang am Rhein und dann weiter<br />

landeinwärts transportiert werden, und das zu einer Zeit im Frühjahr, als die Einwohner<br />

von Bacharach und <strong>der</strong> umliegenden Dörfer auf dem Wege zur Arbeit in den Weinbergen<br />

und auf den Fel<strong>der</strong>n waren. Der Höhepunkt <strong>der</strong> ins Mirakulöse verzerrten Schil<strong>der</strong>ung<br />

wird mit <strong>der</strong> Bemerkung erreicht, die Wächter aller Bacharacher Burgen hätten zur<br />

Nachtzeit geheimnisvolle Lichtzeichen gesehen, die - wie bei einer Peilung von<br />

verschiedenen Punkten aus - zur Auffindung des Leichnams führten." 108<br />

Dem Bericht kann man folgendes entnehmen: Es waren Wächter <strong>der</strong> Burgen, die dem<br />

Schiff Zeichen zur Anlandung gaben, denn den Ministerialen <strong>der</strong> Burgen war daran<br />

gelegen, ihre Standesgenossen zu warnen und an <strong>der</strong> Weiterfahrt zu hin<strong>der</strong>n – König<br />

Rudolf war soeben in Mainz eingetroffen (s.o.)! In diese und in die von oppositionellen<br />

_____________________________________<br />

103 Hierzu siehe weiter unten.<br />

104 BÖHMER: RI VI, S.456f.<br />

105 SCHROHE: S.69.<br />

106 Acta Sanctorum, S.715.<br />

107 "...die bosewichter .. erweichten doch den richter mit gaben und mit groissem solde, daß er sie nit melden<br />

enwolde."(zit.n.: CHRIST: S.20.).<br />

König Rudolf hat "die Reichsstädte Oberwesel und Boppard wegen <strong>der</strong> im Anschluß an die Ermordung Werners<br />

veranstalteten Judenpogrome mit harten Strafen belegt". (PAULY: S.97.). - Der Richter hat sich folglich durchaus<br />

nicht unklug verhalten.<br />

Zur Lage im Erzbistum <strong>Trier</strong> siehe PAULY: S.99f.<br />

108 PAULY: S.98; so auch in den Acta Sanctorum, S.699.9.<br />

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