Dokument 1.pdf - Hochschulschriftenserver der Universität Trier
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"Ueber den weiteren Verlauf und den Ausgang <strong>der</strong> Angelegenheit ist nichts bekannt,“<br />
bemerkt Fischer. 89 Auf den ersten Blick mit Verwun<strong>der</strong>ung muß man jedoch auf die<br />
ausbleibende Reaktion des Erzbischofs bezüglich <strong>der</strong> rezenten "kleineren"<br />
Judenverfolgung hinweisen, er fährt in <strong>der</strong> "Angelegenheit" fort,als sei zwischenzeitlich<br />
nichts geschehen! Aber,von einer Ermittlung und Aburteilung <strong>der</strong> Judenschläger in<br />
Mainz kann keine Rede sein, <strong>der</strong> Erzbischof müßte dann offenlegen,daß sein Judenschutz<br />
nicht funktioniert. Er müßte an den Stadtrat appellieren und damit indirekt dessen<br />
Kompetenz als Judenschützer anerkennen. Die für den Erzbischof mißliche Situation<br />
ließe sich allerdings mit Rückgriff auf den König umgehen. 90<br />
Der "kleinen" Judenverfolgung des Jahres 1283 war eine ebenso "kleine" Verfolgung<br />
kurz vorher Mitte Juni 1281 bezeichnen<strong>der</strong>weise im Jahr <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lage <strong>der</strong><br />
Ministerialen vorausgegangen, 91 ein Grund mehr, warum Erzbischof Werner das<br />
abgekartete böse Spiel <strong>der</strong> Ministerialen und des Stadtrates sofort durchschaut haben<br />
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89 A.a.O., S.179, Punkt 8; siehe auch BÖHMER: RI VI, 1273-1313, Abt.1, hg.v. OSWALD REDLICH, Innsbruck 1898,<br />
S.395, Nr.1799b. Fischer verwirft die Mitteilung des Trithemius in den Annalen des Klosters Hirsau, <strong>der</strong>zufolge<br />
König Rudolf von Habsburg im Jahre 1283 an Michaelis (IX 29) einen Hoftag in Mainz abgehalten habe, wo auch<br />
über die rezente Judenverfolgung geurteilt worden sei, aus folgenden Gründen: Rudolf war Michaelis 1283 nicht in<br />
Mainz - auch das Jahr 1282 komme nicht in Frage - "Tritheim" sei unzuverlässig - " Allenfalls könnte man...die<br />
Tritheimstelle auf die Judenverfolgung von 1281...beziehen."<br />
Trithemius berichtet, König Rudolf hätte das gegen die Juden ergangene Urteil, weswegen sie verbrannt worden<br />
seien, sorgfältig überprüfen lassen und gutgeheißen (...etiam Judaeorum causam diligentissime, quare fuissent<br />
combusti, fecit examinari...Rex autem christianissimus examinata necis Judaeorum causa laudavit sententiam...)<br />
(zit.n.:SCHAAB: S.55, Anm.1.). - Vor dem Hintergrund <strong>der</strong> bisherigen Erkenntnisse würde dies bedeuten, daß er<br />
seine Gerichtsverhandlung gegen den hinhaltenden Wi<strong>der</strong>stand des Stadtrates dennoch zuwege brachte, angeblich<br />
schuldige Juden ermittelt und verurteilt wurden, nicht nur wegen des ermordeten Neffen des Herbord von Olm<br />
son<strong>der</strong>n wegen weiterer voraufgegangener Beschuldigungen (abominanda scelera, quod videlicet veneno fontes<br />
infecissent aquarum, quod pueros occidissent emptos aut furtive sublatos ex aedibus Cristianorum et quod sacramentis<br />
dominicis nefandas intulissent contumelias.). Die verurteilten Juden wären politischen Erwägungen zum Opfer<br />
gefallen: zum einen hätte <strong>der</strong> Erzbischof seine Gerichtshoheit gewahrt und gefestigt, zum an<strong>der</strong>n wäre <strong>der</strong><br />
politischen Opposition <strong>der</strong> Ministerialen und Bürger <strong>der</strong> Wind aus den Segeln genommen, ein Pogrom <strong>der</strong><br />
"Entrüsteten" verhin<strong>der</strong>t worden. Dann aber stellt sich die Frage, welcher Verfolgung - <strong>der</strong>jenigen während <strong>der</strong><br />
Vorbereitung zur Gerichtstagung (...insultas graves facti fuerunt in personas et res Judaeorum) o<strong>der</strong> jener per<br />
Gerichtsurteil (fuissent combusti) die 10 bei Salfeld notierten Opfer zuzuschreiben wären. Auf die vorausgehende<br />
Verfolgung dürfte sich die anschließende Maßnahme des Königs beziehen: Er ordnet an, daß die den Juden<br />
geraubten Güter "ad manus Procuratoris fisci Regalis unverzüglich auszuhändigen seien", woraufhin er sie an die<br />
Armen <strong>der</strong> Stadt zu verteilen gebot und nichts davon den Kirchen übergab (Quo facto cuncta jussit dari pauperibus<br />
et nec sibi quidquam retinuit, nec aliquid ecclesiis donavit.). Hat <strong>der</strong> König hier "diplomatisch" zwischen den<br />
Ansprüchen <strong>der</strong> Stadt bzw. des Stadtrates einerseits und <strong>der</strong> Kirche bzw. des Erzbischofs an<strong>der</strong>erseits entschieden<br />
und die Güter <strong>der</strong> Stadtarmut überlassen, demjenigen Teil <strong>der</strong> Stadtbevölkerung, <strong>der</strong> jedenfalls nicht die den<br />
Stadtrat tragenden Kreise <strong>der</strong> Bürgerschaft, vieleher die Judenverfolger selbst zuzurechnen sind, o<strong>der</strong> ist<br />
Trithemius schlichtweg "unzuverlässig"?<br />
90 Vgl.o. Anm.86.<br />
91 FRANZ-JOSEF ZIWES: Studien zur Geschichte <strong>der</strong> Juden im mittleren Rheingebiet während des hohen und späten<br />
Mittelalters, (Forschungen zur Geschichte <strong>der</strong> Juden, Abt.A: Abhandlungen, Bd.1), Hannover 1995, S.228<br />
(Ursachen und Hintergründe dieses in seinem Ausmaß offenbar begrenzten Pogroms bleiben "im dunkeln".) ."...aus<br />
unbekanntem Anlaß" wurde die Synagoge erstürmt und ein Rabbiner ermordet (LOTTER: Hostienfrevelvorwurf,<br />
S.535.).<br />
Zur machtpolitischen Ambivalenz zwischen <strong>der</strong> Sühne vom 14.März 1281 und dem von König Rudolf vermittelten<br />
Friedensschluß zwischen dem Erzbischof und seinen Gegnern im Dezember 1281 siehe HEINRICH SCHROHE:<br />
Mainz in seinen Beziehungen zu den deutschen Königen und den Erzbischöfen <strong>der</strong> Stadt bis zum Untergang <strong>der</strong><br />
Stadtfreiheit (1462), (Beiträge zur Geschichte <strong>der</strong> Stadt Mainz, Bd.4), Mainz 1915, S.66f.<br />
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