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Dokument 1.pdf - Hochschulschriftenserver der Universität Trier

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Sozusagen nur "Ausläufer" bzw. Spuren finden sich hin und wie<strong>der</strong> , denn Karl <strong>der</strong><br />

Große und Ludwig <strong>der</strong> Fromme leiteten in Kenntnis <strong>der</strong> Judenvertreibungen des<br />

mediterranen Raumes eine Kehrtwende <strong>der</strong> Politik gegenüber den Juden ein:<br />

Judenschutzprivilegien sollten diese zur Nie<strong>der</strong>lassung im fränkischen Reich veranlassen.<br />

Schon wegen <strong>der</strong> geringen Zahl <strong>der</strong> nach Norden abwan<strong>der</strong>nden Juden erachtete man die<br />

politische und religiöse Gefährdung des christlichen Staates für gering, wenn auch Karl d.<br />

Gr. einmal - lokal bezogen - vor dem Proselytenmachen <strong>der</strong> Juden warnte. Schutz <strong>der</strong><br />

Juden sollte diese an den Kaiser/König binden, <strong>der</strong> sie jetzt nicht mehr verfolgte son<strong>der</strong>n<br />

im Gegenteil schützte, denn mit Judenfeindschaft des Umfeldes wurde gerechnet.<br />

1012 wurden die Juden aus Mainz und dem Erzbistum durch König Heinrich II. und den<br />

Mainzer Erzbischof vertrieben, nachdem sie vor die Alternative Zwangstaufe o<strong>der</strong><br />

Vertreibung gestellt worden waren. König und Erzbischof glaubten nach dem Übertritt<br />

eines Klerikers zum Judentum, <strong>der</strong> diese Tatsache öffentlich propagierte (Apostat), bei<br />

gleichzeitigem Auftreten einer Häresie eine Gefahr für das Christentum und zugleich eine<br />

politische Gefährdung zu erkennen. 9<br />

Zuvor hatte schon Erzbischof Friedrich von Mainz (937-954) den Juden eine territoriale<br />

Vertreibung angedroht, falls sie sich nicht taufen ließen. 10<br />

1066 wurde den Juden <strong>Trier</strong>s von Erzbischof Eberhard eine "persecutio" angedroht. 11<br />

Wahrscheinlich lag das gleiche Motiv zugrunde wie 1012 in Mainz.<br />

Wegen <strong>der</strong> sich im lateinischen Westen entwickelnden Bipolarität zwischen Kaiser/König<br />

und Papst, <strong>der</strong> "Dezentralisierung" des Staates durch Trennung politischer und<br />

religiöser Kompetenzen, wurde das traditionelle Motiv weiter in den Hintergrund<br />

gedrängt, eine Verständigung bzw. Koordination zwischen König - Papst und Bischöfen<br />

wie noch 1012 wurde angesichts <strong>der</strong> Rivalität zunehmend unwahrscheinlicher. Auch die<br />

Päpste bzw. bedeutende Kirchenlehrer meldeten sich jetzt als Judenbeschützer zu Wort. 12<br />

Es ist aus den genannten Gründen daher einigermaßen überraschend, daß das<br />

traditionelle Motiv 1239 wie<strong>der</strong> an die Oberfläche gelangte, aber nicht <strong>der</strong> Kaiser/König<br />

son<strong>der</strong>n Papst Gregor IX. trat in diesem Jahr mit dem traditionellen Motiv hervor, indem<br />

er <strong>der</strong> Inquisition, d.h. den Dominikanern, die Aufgabe <strong>der</strong> Überwachung <strong>der</strong> Juden<br />

übertrug, damit keine Konversionen von Christen o<strong>der</strong> konvertierter Juden zum<br />

Judentum vorkämen. Die Juden wurden jetzt in Umkehrung <strong>der</strong> historischen Reihenfolge<br />

mit Häretikern gleichgesetzt - bekanntlich hatte sich das Christentum vom Judentum<br />

abgespalten und nicht umgekehrt. Der Talmud wurde für häretisch erklärt. 13<br />

_______________________<br />

9 GERD MENTGEN: Die Juden des Mittelrhein-Mosel-Gebietes im Hochmittelalter unter beson<strong>der</strong>er<br />

Berücksichtigung <strong>der</strong> Kreuzzugsverfolgungen, in: Der Erste Kreuzzug 1096 und seine Folgen. Die Verfolgung von<br />

Juden im Rheinland hg. v. <strong>der</strong> Evangelischen Kirche im Rheinland, Düsseldorf 1996, S. 52f.; MICHAEL TOCH: Die<br />

Juden im mittelalterlichen Reich, (Enzyklopädie Deutscher Geschichte, Bd.44), München 2003, S.56.<br />

10 A.a.O.<br />

11 EVA HAVERKAMP: Persecutio und Gezerah in <strong>Trier</strong> während des Ersten Kreuzzugs, in: ALFRED<br />

HAVERKAMP (Hg.): Juden und Christen zur Zeit <strong>der</strong> Kreuzzüge, (Vorträge und Forschungen, Bd.47),<br />

Sigmaringen 1999, S.35.<br />

12 Nach dem Beispiel früherer Päpste nahm Papst Gregor X. 1272 X 7 die Juden in seinen Schutz. ( MORITZ<br />

STERN: Urkundliche Beiträge über die Stellung <strong>der</strong> Päpste zu den Juden, Kiel 1893, Nr.1.).<br />

13 JEREMY COHEN: The Friars and the Jews, Ithaca/ London 1982, S.242.<br />

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