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Dokument 1.pdf - Hochschulschriftenserver der Universität Trier

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(<strong>der</strong> Stadt Mainz) hätten sich bei ihm über gewisse Feinde beklagt, die ihnen<br />

verleum<strong>der</strong>isch verschiedene Verbrechen anhingen, wehalb sie fürchteten, daß ihnen<br />

unmittelbar Gefahr drohe. 76 Eines dieser "Verbrechen" soll nun die Ermordung eines<br />

Knaben gewesen sein, angeblich des Neffen des Ritters Herbord Ring von Olm, wie dieser<br />

und die ihn begleitenden Ministerialen behaupteten. 77 Nicht "circa Moguntiam"<br />

(s.Anm.74) soll <strong>der</strong> Knabe ermordet worden sein, son<strong>der</strong>n nach dem Zeugnis des<br />

Erzbischofs in Mainz selbst (a Judeis moguntinis Maguncie miserabiliter interfectus), ein<br />

Umstand, <strong>der</strong> ihm die taktische Vorgehensweise <strong>der</strong> Ministerialen verdeutlicht haben<br />

mußte, denn Herbord schil<strong>der</strong>te, wie ihm und seinen Begleitern , den toten Knaben mit<br />

sich führend, <strong>der</strong> Zutritt zur Stadt verwehrt wurde, als er Einlaß begehrte, um hier vor<br />

Gericht die Klage wegen <strong>der</strong> Ermordung seines Neffen durch die Juden vorzubringen. 78<br />

Es war dann <strong>der</strong> Stadtrat, <strong>der</strong> ihm den Zutritt verwehrte. 79<br />

Mit <strong>der</strong> Verlagerung <strong>der</strong> Szene vor das Stadttor schufen sich Ministerialen und Stadtrat<br />

ein Alibi vor dem Hintergrund einer drohenden Judenverfolgung. Die Ministerialen<br />

gaben sich scheinbar loyal und gesetzeskonform gegenüber ihrem Herrn, riefen seine<br />

Gerichtsbarkeit und nicht diejenige des Stadtrates an, über den sie sich sogar<br />

beschwerten, <strong>der</strong> Stadtrat gab vor, <strong>der</strong> Pogromstimmung in <strong>der</strong> Stadt entgegen zu<br />

wirken, indem er die Ministerialen mit dem ermordeten Knaben nicht einließ und so das<br />

Tribunal innerhalb <strong>der</strong> Stadtmauern verhin<strong>der</strong>te. Dieser geschickten Vorgabe vermochte<br />

sich auch <strong>der</strong> Erzbischof nicht zu verschließen - er wolle den Fall außerhalb <strong>der</strong> Stadt<br />

beim Berg St. Victor verhandeln; 80 aber noch während <strong>der</strong> Vorbereitungen hierzu kam es<br />

in Mainz zu einer Judenverfolgung, weil, wie er erläuternd hinzufügt, nicht mit seinen<br />

Gerichtsvorbereitungen gerechnet wurde. 81 - Diese Erklärung mag auf die Judenverfolger<br />

zutreffen, nicht jedoch auf den Stadtrat angesichts <strong>der</strong> seit 1275/6 nachweisbaren<br />

Rivalität wegen <strong>der</strong> Gerichtsbarkeit über die Juden und damit zugleich des<br />

Judenschutzes. 82 Sein Recht über die Juden sei ihm vom Reich verliehen, verkündet<br />

Erzbischof Werner den Bürgern 83 und er wendet sich gegen den Stadtrat,<br />

_______________________________<br />

76 Ex querela Judeorum ad nos pervenit, quod quidam emuli eorundem falso quedam crimina eis imponerent, ex quo<br />

timebant, eis periculum imminuere, ...<br />

77 Die Colmarer Annalen wollen ein "Ammenmärchen" glaubhaft machen: Der Sohn eines gewissen Ritters sei von<br />

seiner Amme den Juden verkauft worden, damit diese ihn töten (Circa Moguntiam nutrix pueri cuiusdam militis<br />

vendidit eum Judeis ut interficerent eum...) (JOH. FRIEDRICH BOEHMER (Hg.): Hermannus Altahensis und<br />

an<strong>der</strong>e Geschichtsquellen Deutschlands im dreizehnten Jahrhun<strong>der</strong>t, (Fontes Rerum Germanicarum /<br />

Geschichtsquellen Deutschlands, Bd.2), Aalen 1969 (= Neudr.d.Ausg. Stuttgart 1845), S.19.).<br />

78 "...narrans, quod dictum puerum occisum ad civitatem maguntinam adduxerat pro iudicio requirendo, sed ab<br />

ingressu civitatis eiusdem prohibitus fuerat et repulsus..."<br />

79 Siehe FISCHER: A.a.O., S.180.<br />

80 "...iuxta debitum nostri officii in persona propria nos contulimus prope civitatem maguntinam ad montem s.Victoris,<br />

desi<strong>der</strong>antes tantum facinus iusto iudicio iudicare."<br />

81 Nobis igitur existentibus in veniendo nostro iudicio non exspectato, insultus graves facti fuerunt in personas et res<br />

Judeorum nostrorum, ..."<br />

82 Vgl. FISCHER: A.a.O., S.183 ("das schutzherrliche Gerichtsrecht").<br />

83 "...litteras nostras direximus, continentes, ut nostros Judeos maguntinos, quos habemus ab imperio plene iure, ..."<br />

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