Dokument 1.pdf - Hochschulschriftenserver der Universität Trier
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die Mittel zur Schadensregulierung aufzubringen, da bei den eigentlichen Judenschlägern<br />
die erfor<strong>der</strong>lichen Summen nicht eingetrieben werden konnten. Man unterschied nun<br />
zwischen zwei Kategorien von Judenverfolgern: zunächst die unmittelbar<br />
Verantwortlichen, die Judenschläger, dann aber auch die Drahtzieher im Hintergrund,<br />
die Aufwiegler. Wenn im Jahr zuvor ermittelt wurde, ob die Söhne <strong>der</strong> Frau Margarete<br />
an <strong>der</strong> Ermordung <strong>der</strong> Juden beteiligt waren o<strong>der</strong> nicht, hier gegebenenfalls die<br />
beschlagnahmten Güter zurückzuerstatten seien, wäre jetzt nachträglich noch zu<br />
überprüfen, ob sie nicht als Aufwiegler doch noch zu Schadensersatzleistungen<br />
herangezogen werden müßten. Ein offenbar ähnlich gelagerter Fall stand auch 1276 zur<br />
Entscheidung an. 22 Einige aus dem Kreis <strong>der</strong> Judenschläger verweigerten sich <strong>der</strong><br />
königlichen Justiz, indem sie <strong>der</strong> Auffor<strong>der</strong>ung des hiermit beauftragten Schultheißen<br />
von Oppenheim nicht Folge leisteten, sich wegen <strong>der</strong> Ermordung <strong>der</strong> Juden von Lorch (in<br />
occisione et lesione quorundam Judeorum suorum (des Erzbischofs) in Loriche) dem<br />
Gericht zu Oppenheim zu stellen, woraufhin sie den angedrohten Strafen verfielen. 23<br />
Warum auf die "königliche Justiz" ausgewichen wurde, wo doch in Lorch selbst ein<br />
erzbischöflicher Schultheiß und ein Schöffengericht amtierten, liegt auf <strong>der</strong> Hand: Als<br />
Ministerialen waren diese selbst in die Straftat verwickelt!<br />
In Lorch, gelegen an <strong>der</strong> Mündung <strong>der</strong> Wisper im oberen Mittelrheintal, befand sich<br />
"wohl seit fränkisch-karolingischer Zeit" ein königlicher Fiskal- bzw. Salhof (832<br />
erstmals erwähnt), <strong>der</strong> an den Erzbischof von Mainz überging, dessen "curia" 1128<br />
bezeugt ist. 24 So erklärt sich die "Fülle von Adelsfamilien" 25 mit einer "Menge von<br />
adeligen Höfen" und die hier wohl schon im 13.Jahrhun<strong>der</strong>t ansässige von <strong>der</strong> ebenfalls<br />
hier zahlreich vertretenen Geistlichkeit geführte "adelige o<strong>der</strong> Junkerschule" 26 . Zu den<br />
in Lorch residierenden bekanntesten Adelsfamilien zählten die Hilden von Lorch, ferner<br />
die Ritter von Waldeck, 27 aber auch die Ritter von Rinberg 28 .<br />
Neben dem sozial gehobenen Kreis <strong>der</strong> Ministerialen und Ritter muß selbstverständlich<br />
auch eine handel- und gewerbetreibende Bevölkerung vorausgesetzt werden, denn Lorch<br />
war "schon früh ein Schifffahrt und Handel treiben<strong>der</strong> Ort", ein bedeuten<strong>der</strong><br />
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22 Item dicimus, quod si relicta Ritschardi de Lorcha vel quondam maritus eius bonis suis taliter renunciavit, quod ei<br />
merito debeat obesse, super hoc stabit et contenta erit iudicio scabinorum, alioquin bonis suis restituetur ut iustum<br />
est.<br />
23 MENZEL / SAUER: Bd.1,2, Nr.905 (1276 VII 6).<br />
24 A. KEUCHEN: Lorch und seine Adelsgeschlechter, in: Rheingauische Blätter. Beilage zu dem Amtsblatte für die<br />
Aemter Eltville, Rüdesheim und St.Goarshausen, Jg.1856, No.37, S.281; Lorch, in: ERICH KEYSER (Hg.):<br />
Hessisches Städtebuch, (Deutsches Städtebuch. Handbuch städtischer Geschichte, Bd.IV: Südwest-Deutschland,<br />
1.Land Hessen), 1957, S.320-323.<br />
25 KEYSER: A.a.O.<br />
26 KEUCHEN: No.36, S.284; No.39, S.306f.<br />
27 KEYSER: A.a.O.<br />
28 Zu den einzelnen Adelsfamilien siehe KEUCHEN: A.a.O , No.38, S.299f.; No.39, S.305ff. (hier auch zu den<br />
Ganerben von Waldeck). 1304 wird <strong>der</strong> Ritter Johann von Rinberg als Ministeriale des Salhofes Lorch bezeugt.<br />
(GÜNTER CHRIST / GEORG MAY: Erzstift und Erzbistum Mainz. Territoriale und kirchliche Strukturen, hg.v.<br />
FRIEDHELM JÜRGENSMEIER, , Würzburg 1997, S.231.). 1289<br />
verkauft er vom Rheingrafen lehenrührige Wingerte in Lorch. (MENZEL / SAUER: Bd.1,2, Nr.1103.).<br />
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