Dokument 1.pdf - Hochschulschriftenserver der Universität Trier
Dokument 1.pdf - Hochschulschriftenserver der Universität Trier
Dokument 1.pdf - Hochschulschriftenserver der Universität Trier
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
3<br />
Man vermißt in diesem Überblick eine Ausschau nach politischen Motiven, die in die<br />
Problematik einbezogen werden könnten und zwar sollten erste Aufschlüsse über<br />
Kontinuitätsüberlegungen gewonnen werden.<br />
Die Geschichte <strong>der</strong> Judenverfolgungen und -vertreibungen unter politischen<br />
Rahmenbedingungen beginnt mit dem "traditionellen Motiv" des mediterranen Raumes -<br />
die vermeintliche o<strong>der</strong> tatsächliche Gefährdung des byzantinischen zentralisierten<br />
Einheitsstaates - Politik und Religion bildeten in <strong>der</strong> europäischen Antike eine<br />
unauflösliche Einheit 4 . Ein monotheistischer Kult neben dem orthodoxen Christentum<br />
wurde als Gefährdung <strong>der</strong> politischen Herrschaft empfunden, als Konkurrenz, faßbar in<br />
Souveränitätsbestrebungen von Juden vor allem an den Peripherien des byzantinischen<br />
Herrschaftsraumes (Palästina : Aufstände 484/529/Anfang 7.Jh., Nordafrika: Zerstörung<br />
autonomer jüdischer Herrschaftsbezirke durch Kaiser Justinian , Südarabien:<br />
Zerstörung des jüdischen Königreiches Himjar) und in Übertritten von Christen zum<br />
Judentum. 5 Kaiser Herakleios I. (610-641) unternahm als erster den Versuch, die religiöse<br />
Einheitlichkeit <strong>der</strong> Reichsbevölkerung durch Zwangstaufe <strong>der</strong> Juden herzustellen. 6 Über<br />
gesetzgeberische Maßnahmen, zunächst den "Codex Theodosianus" (438), sollten die<br />
Juden religiös und sozial isoliert, ihnen jede Einflußmöglichkeit in <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
genommen werden. Das "Corpus iuris civilis" Kaiser Justinians I. (525-565) verschärfte<br />
die diskriminierenden Zielsetzungen des "Codex Theodosianus" : Die freie<br />
Religionsausübung wurde aufgehoben, die Juden weitgehend mit den Häretikern<br />
gleichgestellt sowie die bürgerlichen Rechte beschnitten. 7<br />
Offenbar orientierten sich auch die westgotischen Könige Spaniens am Vorbild Ostroms<br />
mit dem Ziel, eine einheitliche Gesellschaft und Kirche durchzusetzen, die für Kirche und<br />
Staat als gefährlich erachteten Juden zu isolieren, ihnen jede öffentliche Resonanz zu<br />
nehmen, sie im Endeffekt einer Zwangstaufe zu unterwerfen o<strong>der</strong> sie des Landes zu<br />
verweisen. 8<br />
Zur Frage <strong>der</strong> Kontinuität des traditionellen Motivs im nordalpinen Raum während des<br />
Mittelalters läßt sich Folgendes festhalten:<br />
___________________________________<br />
4 Hierzu KLAUS MARTIN GIRARDET: Der Kaiser und sein Gott. Das Christentum im Denken und in <strong>der</strong><br />
Religionspolitik Konstantins des Großen (Millennium-Studien zur Kultur und Geschichte des ersten Jahrtausends<br />
n.Chr., Bd.27), Berlin/New York 2010.<br />
5 ST. BOWMAN: Juden-tum, C. Byzantinisches Reich, in: Lexikon des Mittelalters , Bd.5, 2003 , Sp.786f.; HAIM<br />
BEINART: Geschichte <strong>der</strong> Juden. Atlas <strong>der</strong> Verfolgung und Vertreibung im Mittelalter, Augsburg 1998, S.14; 16f.<br />
6 ALFRED HAVERKAMP: Ein spannungsvolles Mit- und Gegeneinan<strong>der</strong>,in: Damals, Jg.36, 2004, S.14.<br />
7 A.a.O., S.14f.<br />
8 BEINART: S.21; HAVERKAMP: A.a.O.<br />
3