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Dokument 1.pdf - Hochschulschriftenserver der Universität Trier

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zwischen dem alten und den jungen Landgrafen. Landgraf Albert hat sich an seinen Sohn<br />

Friedrich gewandt keineswegs aus Neugier wegen eines abson<strong>der</strong>lichen Knabenmordes,<br />

son<strong>der</strong>n um von ihm Rechenschaft wegen des Massenmordes an den Juden zu verlangen,<br />

worüber auf dem Reichshoftag zu Nürnberg geurteilt werden sollte.<br />

Eine Mitbeteiligung Landgraf Friedrichs am Judenmord zu Weißensee wird in einer <strong>der</strong><br />

vorliegenden Quellen unverblümt zum Ausdruck gebracht. 34 Er selbst soll es gewesen<br />

sein, <strong>der</strong> nach dem Auftakt in Weißensee die Judenverfolgung auch in an<strong>der</strong>e<br />

Ortschaften Thüringens hineintrug. 35 An<strong>der</strong>e Quellen schweigen sich über die<br />

Täterschaft Markgraf Friedrichs aus und begründen eine abenteuerliche und nicht ernst<br />

zu nehmende Erklärung <strong>der</strong> Ausweitung <strong>der</strong> Verfolgung: Die Juden hätten den Leichnam<br />

des Knaben sozusagen in einer Rundreise durch verschiedene Orte Thüringens<br />

transportiert. 36 Mit diesem Argument freilich werden die Bürger <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Ortschaften Thüringens mit Judenverfolgungen zu ihren Übergriffen verleitet worden<br />

sein.<br />

Im "Gutachterbericht" Landgraf Friedrichs selbst finden sich Passagen, die seine<br />

Täterschaft bekräftigen. Er war in Weißensee persönlich zugegen, als <strong>der</strong> ermordete<br />

Knabe aufgefunden und in die Stadt zur Kirche St. Peter transportiert wurde, denn er<br />

behauptet, dabei ein Wun<strong>der</strong> miterlebt und gesehen zu haben, wie ein Lahmer plötzlich<br />

wie<strong>der</strong> gehen konnte. 37 Auch seine Beschreibung des toten Knaben sind die eines<br />

Augenzeugen. 38 Nachfolgende Berichte von Zeugnissen angeblicher Wun<strong>der</strong> werden<br />

unkritisch als Gegebenheiten übernommen. 39 Daß sich all dies genauso zugetragen habe,<br />

wird von ihm ernsthaft behauptet. 40<br />

_________________________________________<br />

34 ...milites de castro prosilientes, & cives eiusdem civitatis, reliquum vulgus, una cum marchione Fri<strong>der</strong>ico filio<br />

La(nd)gravii Turingiae Alberti, repugna(n)tes turmatim occi<strong>der</strong>unt. (Nidanus; gleicher Wortlaut bei Struvius).<br />

35 ...darnach liez <strong>der</strong> Lantgrafe yn Doringin alle syne judin slahin, unde vahin, daz er gar wenig mit deme lebin<br />

darvone quamen. ( MENCKENIUS: Bd.2, Sp.1763.). - Zu den Verfolgungen in Gotha, Kölleda Bad Tennstedt,<br />

Querfurt s.o.; vgl. Erfurt, Ilmenau/Stadtilm. Die Verfolgungswelle scheint sich freilich verselbständigt zu haben:<br />

"Zu dißen getzyten wurden die Judden in Heßen, in Doringen unde in an<strong>der</strong>n landen gebrant, darumbe das sie eyn<br />

kynt hermordet unde gemartert hatten in Doringerlande in den wyngarten heymelich." ( FRIEDERICH<br />

CHRISTOPH SCHMINCKE: Monimenta Hassiaca..., Cassel 1748, S.438.).<br />

36 Cum enim dicti Judaei puerum occisum occulte per plura loca Turingiae ducerent ad tumulandum, Deo disponente<br />

nusquam abscon<strong>der</strong>e valuerunt. Unde ipsum reducentes apud praedictam civitatem Weisenseham,. ...( Nidanus;<br />

Struvius).<br />

37 Caeterum cum corpusculum ipsum ad aedem beati Petri, oppidi modo dicti, honorifice delatum esset: vidimus<br />

claudum quendam, gressum, intercessione felicissimi adolescentis, recipere.<br />

38 Invenimus beatum ephebum, in vinearum custodiario jacentem, aspectu quidem non nimis horribilem, sed amoenum<br />

& jucundum. Quaedam enim maculae albae & rufulae in facie ejus & pectore tenerrimo apparebant. Ad haec<br />

omnia corporis membra, tam majora quam minora, adeo flexibilia, ac si viveret, existebant. Praeterea sub singulis<br />

unguibus digitorum, & manuum, & pedum, cicatrices vulnerum videbantur; quae farina pasta, obturata & oblita<br />

erant: ut oculi intuentium facilius fraudarentur.<br />

39 Insuper relatione multorum prudentum ac discretorum utriusque status virorum didicimus, plurima signa &<br />

miracula ibidem per felicis pueri ossa, divina clementia perpetrata.<br />

40 Haec bona fide contigisse omnia protestamur.<br />

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