Ausgabe 05-2013 - Wirtschaftszeitung
Ausgabe 05-2013 - Wirtschaftszeitung
Ausgabe 05-2013 - Wirtschaftszeitung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●<br />
● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●<br />
● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●<br />
WIRTSCHAFTSZEITUNG UNTERNEHMEN<br />
MAI <strong>2013</strong> | SEITE 15<br />
SowirdFührung<br />
nachhaltig<br />
DräxlmaierundLindnerwarenTeilnehmerdes<br />
Projekts„Verantwortungübernehmen“<br />
VON CHRISTINE HOCHREITER<br />
MÜNCHEN. „Das Prinzip der Nachhaltigkeit<br />
unseres Handelns verstehe ich<br />
so: Uns sind unsere Ämter auf Zeit<br />
gleichsam als Lehen verliehen. Wir<br />
haben die Pflicht, das Lehen zu pflegen<br />
und zu mehren: ganz so, als würdenwirbisweitnachdenZeitenunsererZuständigkeitdafüreinstehendürfen<br />
– oder auch müssen.“ Dieses Zitat<br />
des ehemaligen BMW-Vorstandschefs<br />
Eberhard von Kuenheim darf als ein<br />
Leitmotiv der Stiftung des Autokonzernsgelten,dieseinenNamenträgt.<br />
Ein Projekt dieser Stiftung ist die<br />
Initiative „Verantwortung übernehmen“.<br />
Damit soll der schwierige<br />
Schritt von der Erkenntnis hin zur<br />
Umsetzung unterstützt werden. Seit<br />
2011 teilen Führungskräfte von der<br />
mittelständischen Privatbank über eine<br />
Brauerei bis hin zur Behörde und<br />
einem Weltmarktführer bei der Herstellung<br />
und Bearbeitung von Banknoten<br />
ihre Erfahrungen verantwortungsvoller<br />
Unternehmensführung<br />
undbegleitensichinderUmsetzung.<br />
Die Umsetzung als Drahtseilakt<br />
Nach einer UN Global Compact Studie<br />
wollen 96 Prozent der befragten<br />
Vorstandsvorsitzenden Nachhaltigkeit<br />
vollständig in Strategie und Handeln<br />
ihres Unternehmens integrieren.<br />
Doch die Umsetzung bedeutet häufig<br />
einen Drahtseilakt. Es gilt, unter globalem<br />
Wettbewerbsdruck wirtschaftliche<br />
Anforderungen mit gesellschaftlichen<br />
Zielen und Umweltschutz in<br />
Einklangzubringen.<br />
Die zehn bis 15 Teilnehmer an einem<br />
Jahrgang des Projekts „Verantwortung<br />
übernehmen“ entwickeln jeweilseineigenesProjektundsetzenes<br />
in ihrem Unternehmen um. Die Führungskräfte<br />
kommen zu zwei Fortbildungen<br />
zusammen und überprüfen<br />
im gegenseitigen Austausch Wirkung,<br />
Strukturen und Prozesse ihres<br />
Unternehmens auf Zukunftsfähigkeit.<br />
Im Rahmen des sogenannten<br />
Strategie-Campus definiert der VorgesetzteeinstrategischesHandlungsfeld<br />
und die Rahmenbedingungen für das<br />
Projekt. Letzteres entwickelt der Projektleiter<br />
auf dem viereinhalbtägigen<br />
Kompetenz-Campusweiter,überprüft<br />
den Plan auf der kollegialen Rüttelstrecke<br />
und setzt ihn anschließend<br />
mit Methoden des Change Management<br />
um. Neben der Stiftung werden<br />
die Veranstaltungen von zwei Moderatoren<br />
begleitet: Dr. Klaus Doppler,<br />
Experte für Unternehmensentwicklung<br />
und Veränderungsmanagement,<br />
sowieThomasMarschall,Gründerder<br />
Nachhaltigkeitsberatung Marschall<br />
Wernecke&Andere.<br />
Aktuell stellt die Eberhard von<br />
Kuenheim Stiftung den dritten Jahrgang<br />
zusammen.Der Fokus solldabei<br />
verstärkt auf dem Umgang mit Zielkonflikten<br />
liegen – einer wesentlichen<br />
Herausforderung für viele Führungskräfte.ÜberBranchenundFachbereiche<br />
hinweg stoßen die Teilnehmer<br />
erfahrungsgemäß auf ähnliche<br />
Themenstellungen: Wie können wir<br />
Veränderungsdruck für Innovation<br />
und Nachhaltigkeit nutzen – und damitunserKerngeschäftzukunftsfähig<br />
machen? Besetzt das Unternehmen<br />
das Thema Nachhaltigkeit als Differenzierungsmerkmal<br />
oder zur reinen<br />
Pflichterfüllung? Wie gelingt es, die<br />
Betroffenen an der Veränderung hin<br />
zum nachhaltigen Wirtschaften zu<br />
beteiligen?<br />
BeideranschließendenProjektumsetzung<br />
treffen sich die Teilnehmer<br />
regelmäßig. Ihre Erfahrungen fließen<br />
auch in die nachfolgenden Jahrgänge<br />
ein, sagt Carl-August Graf v. Kospoth,<br />
AUSGEZEICHNETE IDEE<br />
DieDeutscheUNESCO-Kommission<br />
hatdieInitiativeVerantwortungunternehmenalsProjektderUN-Dekade„BildungfürnachhaltigeEntwicklung“ausgezeichnet.DerVorsitzendedesNationalkomiteesundderJuryderUN-DekadeinDeutschland,Prof.Gerhardde<br />
Haan,inseinerLaudatio:„FürdieZukunftsfähigkeitunsererWirtschaftund<br />
Gesellschaftversprichtnachhaltiges<br />
WirtschaftendengrößtenErfolg.Die<br />
UnternehmenderInitiativesinddabei<br />
VorreiterundsetzenStandardsinihren<br />
Branchen.“DerdritteJahrgangstartet<br />
imJuni.DieInteressentenkönnensich<br />
bewerbenoderwerdenderStiftungvon<br />
Netzwerkpartnernempfohlen.“<br />
Foto:Ausserhofer/EvK-Stiftung<br />
VorstandderStiftung:„Soentstehtein<br />
lernendesNetzwerknamhafterUnternehmen<br />
für verantwortungsvolles<br />
Wirtschaften.“ Die Teilnahme an der<br />
Initiative bedeutet für ein Unternehmen<br />
nicht nur eine Investition an<br />
Geld (rund 4800 Euro pro Jahrgang),<br />
sondernauchanZeit,diedirektinein<br />
ca. sechsmonatiges Projekt im eigenenKerngeschäftfließt.<br />
Aus Ostbayern haben sich bisher<br />
zwei Unternehmen beteiligt: die<br />
Dräxlmaier Group mit Sitz in Vilsbiburg<br />
(Kreis Landshut) – ein weltweit<br />
tätigerSystemlieferantfürdieAutoindustrie<br />
– und die Lindner Group in<br />
Arnstorf (Kreis Rottal-Inn). Marketingleiter<br />
Florian Anzeneder von<br />
Dräxlmaier zieht Bilanz: „Der offene<br />
Austausch auf dem Strategie-Campus<br />
ist eine Horizonterweiterung. Die authentische<br />
Darstellung, was in anderenBranchengeschiehtundinwelche<br />
Richtungen andere Unternehmen<br />
denken, lieferte uns vielfältige Ansätze<br />
und Ideen für unsere weitere Arbeit.“DräxlmaierhateineNachhaltigkeitsstrategie<br />
entwickelt, die ökonomische,<br />
ökologische und soziale Ziele<br />
gleich gewichtet und will sie für die<br />
über45000Mitarbeiterumsetzen.Die<br />
BeratunginderInitiativehatsichAnzeneder<br />
zufolge als „absoluter Gewinn“fürdieUmsetzungdiesesunternehmensweitenProjekteserwiesen.<br />
Internationale Harmonisierung<br />
Ziel des Lindner-Projekts war eine internationaleHarmonisierung,so<br />
Josef<br />
Steretzeder, Leiter Integrierter Managementservice.Essolltegewährleistetwerden,dassdieQualitätvonKonzepten,<br />
Produkten und Service bei einem<br />
Unternehmen mit 6000 Mitarbeitern<br />
und einem steigenden AuslandsanteilanallenStandortengleich<br />
hoch ist. Eigenen Angaben zufolge ist<br />
Lindner Europas führender Spezialist<br />
für die Gebäudehülle, den Komplettausbau,<br />
Isoliertechnik und alle baurelevanten<br />
Dienstleistungen. Die BeteiligungandemProjektderStiftungsei<br />
sehr hilfreich gewesen, sagt Steretzeder<br />
– vor allem der offene Austausch<br />
zwischen den Teilnehmern und die<br />
Begleitung durch die Moderatoren<br />
mit großer Change-Management-Erfahrung.<br />
Ex-Geneart-Manager<br />
vermitteltNachfolger<br />
MitFirmundohatChristianEhlseineigenesProjektentwickelt<br />
REGENSBURG/WÜRZBURG. Eine Eventagentur<br />
aus Schleswig-Holstein, ein<br />
Hausmeisterservice aus München<br />
undeinFliesenlegerstudiovomOberrhein<br />
– alle drei Betriebe sollen verkauftwerden.DieEigentümernutzen<br />
dazu die Internetseite firmundo.de.<br />
Auf der Online-Firmenbörse bieten<br />
Unternehmer ihre Betriebe zum Verkauf<br />
an, suchen Nachfolger oder Finanzierung.<br />
Firmundo-Gründer Christian Ehl<br />
ist bekannt in der Regensburger Unternehmenslandschaft.<br />
Neun Jahre<br />
war er Manager der Geneart AG und<br />
halfdabeidasUni-Start-Upineinbörsendotiertes<br />
Unternehmen zu verwandeln,<br />
das 2010 vom Biotech-RiesenLifeTechnologiesaufgekauftwurde.EhlverließGenearteinJahrzuvor.<br />
„IchhattedenPunkterreicht,andem<br />
ich kurz durchschnaufen musste“,<br />
sagt der 43-jährige Diplomkaufmann.<br />
DieZeitbeiGeneartseisehrschöngewesen.<br />
Doch habe es bei einem internationalen<br />
Unternehmen mit 200<br />
Mitarbeitern auch immer Probleme<br />
gegeben,dieihnschlechthabenschlafenlassen.<br />
Immer auf der Suche nach Kapital<br />
Schon während seiner Zeit bei GenearthabeerdieIdeefürseinneuesProjekt<br />
gehabt, verrät Ehl. „Wir waren<br />
immer auf der Suche nach Kapitalgebern.“<br />
Es sei mühsam gewesen, Kontakte<br />
zu finden. „Im Prinzip läuft das<br />
wie vor 20 oder 30 Jahren“, erklärt<br />
Ehl. Man suche einen Vermittler, der<br />
den Kontakt zu potenziellen Geldgebern<br />
herstellt. „Das läuft auch an der<br />
Börse nicht anders“, meint Ehl. Hier<br />
seien es die Investmentbanken, die<br />
große Firmen beraten. Kleine und<br />
mittlere Unternehmen (KMU) könntensichdasnichtleisten.<br />
Was es nicht gab, stellten Ehl und<br />
seine Kollegen schnell fest, war eine<br />
Plattform im Internet, mit der man<br />
sich einfach an Geldgeber wenden<br />
konnte.SowardieursprünglicheIdee<br />
fürFirmundo,einebensolchesForum<br />
fürjungeTechnologiefirmenzugründen.<br />
Aber: „Es gibt vielleicht 400 solche<br />
Firmen in Deutschland“, gibt Ehl<br />
zu, „das trägt keine Plattform“. Doch<br />
dann entdeckten er und sein Partner,<br />
der ehemalige Geneart-Marketing-<br />
Chef und E-Commerce-Experte Thomas<br />
Schödl, ein anderes Geschäftsfeld,<br />
das laut Ehl noch „spannender<br />
und volkswirtschaftlich nützlicher“<br />
ist: Kleine Betriebe, die Probleme haben,wennsienacheinemNachfolger<br />
suchen. Pro Jahr gibt es nach Ehls<br />
Schätzungen etwa 20000 solcher Unternehmen<br />
– eine eindeutig größere<br />
Kundenbasis. Auch der Präsident des<br />
Deutschen Industrie- und Handelskammertags<br />
Eric Schweitzer hat das<br />
Problem erkannt. „Die Unternehmensnachfolge<br />
wird zu einer immer<br />
größeren Herausforderung für den<br />
Mittelstand“, sagte Schweitzer in einem<br />
Interview. Jedes Jahr müssten<br />
Schätzungen zufolge etwa 5500 UnternehmeninDeutschlandschließen,<br />
weilsiekeinenNachfolgerfinden.<br />
Ähnlich einer Immobilienseite<br />
Firmundo bietet Unternehmern die<br />
Möglichkeit, eine Anzeige zu schalten,<br />
in der sie ihren Betrieb beschreiben<br />
und den möglichen Kaufpreis<br />
nennen. „Ähnlich wie bei Immobilienseiten“,<br />
erklärt Ehl. Eine Anzeige<br />
kostet zwischen 39 Euro für drei Monate<br />
und 179 Euro für die unbegrenzte<br />
Flatrate. Einige Unternehmen sind<br />
für ein paar Tausend Euro zu erwerben,eineKölnerSanierungsfirmamit<br />
übereinerMillionEuroJahresumsatz<br />
kostet da schon etwas mehr. Ehl ist<br />
wichtig, darauf hinzuweisen, dass er<br />
nichts an einem möglichen Vertragsabschluss<br />
verdient. Es gibt keine<br />
Courtage. Trotzdem ist der ehemalige<br />
Vorstand eines Börsenunternehmens<br />
ganzzufriedenmitseinemvergleichsweisekleinenneuenProjekt.<br />
Zwar gebe es keine Übernahme-<br />
Statistik.DochbekommeerFeedback<br />
von Kunden,die erfolgreich ihren Betrieb<br />
verkauften – so wie ein Vollkornbäcker<br />
aus Mainz, der über Firmundo<br />
einen jungen Bäckermeister<br />
fand, der sich selbstständig machen<br />
wollte.DieSeitetragesichzudemaus<br />
eigenerKraft,manseioperativinden<br />
schwarzen Zahlen. Bis die Investitionen<br />
zurückgezahlt seien, könnte es<br />
abernochetwasdauern.Zunächstsoll<br />
eine Finanzierungsrunde folgen, um<br />
mit neuem Kapital den Marketing-<br />
Vertriebneuaufzustellen.<br />
Obwohl er inzwischen in Würzburg<br />
lebt und arbeitet, denkt Ehl gerne<br />
an Regensburg zurück. Von seiner<br />
Tätigkeit als Juror beim Business-<br />
Plan-Wettbewerbwisseer,dassesimmer<br />
wieder Neugründungen aus Regensburggebe.(ma)<br />
Christian Ehl, Gründer und Geschäftsführer der Internetplattform Firmundo<br />
undehemaligerManagerbeiGeneart<br />
Foto:Firmundo