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Leseprobe - Einsnull

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3.1 Präludium: Die Western-Trilogie Giuseppe Colizzis (1967–69)<br />

1994), der auch in beinahe allen späteren Leone-Filmen<br />

mitwirkte und so zu einer Art «fetish actor» 16 des<br />

Regisseurs wurde. Unter Leones Regie spielte Brega<br />

meist schmutzige, ungepflegte und primitive Typen,<br />

die sich mit sadistischer Wonne ans Werk machten,<br />

im Auftrage ihres Bandenchefs andere Menschen<br />

zu foltern, zu quälen und zu ermorden. 17 Nicht selten<br />

waren die von ihm portraitierten Figuren dabei<br />

mexikanischen Ursprungs und standen durch ihre<br />

vitale Perversion in striktem Gegensatz zum einsilbigen<br />

Auftreten des hochgewachsenen und schlanken<br />

Helden.<br />

Positivere Züge erhielt die Erscheinung des polternden<br />

Mexikaners erst, als sich der Italo-Western<br />

dem Thema der lateinamerikanischen Revolution<br />

zuwandte und den verbissenen Freiheitskampf mexikanischer<br />

Aufständischer in den Fokus der Betrachtung<br />

rückte. Diese Phase, die Christopher Frayling<br />

durch den bereits erwähnten «Zapata-Spaghetti<br />

plot» 18 charakterisiert sieht, setzte etwa im Jahr 1967<br />

ein und zeichnete sich besonders dadurch aus, dass<br />

nun in aller Regel zwei Protagonisten nebeneinander<br />

agierten: «one a European (Polish, Swedish, Irish) or<br />

American arms dealer/mercenary, the other a Mexican<br />

peasant-bandit» 19 .<br />

Die Kombination von zwei derart unterschiedlichen<br />

Charakteren verlieh den Zapata-Western von<br />

vornherein einen noch stärker humoristischen Touch<br />

als dies schon bei den Vorgängerfilmen der Fall gewesen<br />

war: Die besseren Regisseure wie Leone und<br />

Corbucci bezogen aus dem Spiel mit den unterschiedlichen<br />

Gemütszuständen der beiden Helden ein jederzeit<br />

abrufbares Repertoire an saloppen Gags.<br />

Dabei inszenierten sie nur allzu gerne die selbst von<br />

16 De Fornari, 122.<br />

17 «Brega’s roles include the greasy, sadistic Rojo henchman Chico<br />

in A Fistful of Dollars; the greasy, sadistic Indio henchman<br />

Niño in For a Few Dollars More; the greasy, sadistic Corporal<br />

Wallace in The Good, the Bad and the Ugly; and the greasy,<br />

sadistic Syndicate killer in Once Upon a Time in America. Do we<br />

have here a classic case of a typecast character player?» fragt<br />

Robert C. Cumbow zu Recht (Cumbow, Robert C.: Once upon a<br />

time: The Films of Sergio Leone. London 1987, 151).<br />

18 Frayling, Spaghetti Westerns, 52.<br />

19 Frayling, Spaghetti Westerns, 52.<br />

20 Christian Kessler spricht in diesem Kontext von «kleineren<br />

Komikschnipseln», die allerdings eher in «der Konzeption von<br />

Spencers Rolle» als in einer strukturellen «Strategie» begründet<br />

seien (Kessler, 73f.).<br />

49 Italo-Heavy: Mario Brega<br />

in typischer Montur<br />

größten Gefahren völlig<br />

unbeeindruckte Haltung<br />

des Northerners, die den<br />

unablässig lamentierenden<br />

und um seine Haut<br />

fürchtenden Southerner<br />

regelmäßig zur Weisglut<br />

trieb. Colizzis Dio perdona…<br />

io no! und seine<br />

beiden Sequels können<br />

in dieser Hinsicht als<br />

wegweisende Beispiele<br />

für die allgemeine Entwicklung<br />

des italienischen Westerns gelten: Seine<br />

Spencer-Figur Hutch Bessy unterschied sich ihrem<br />

Wesen nach bereits deutlich von dem rückhaltlos<br />

egoistischen Tuco-Typus aus Il buono, il brutto, il<br />

cattivo, erhielt allerdings bei Colizzi auch noch nicht<br />

jene politische Tragweite, wie sie wenig später dann<br />

in Genrebeiträgen von Sergio Corbucci oder Sergio<br />

Sollima zur Geltung kam. Ähnliches galt auch für die<br />

Konzeption des Cat-Stevens-Typs, der in allen drei Filmen<br />

der Trilogie ausschließlich aus Gründen persönlicher<br />

Rache oder materiellen Besitzes handelt, dabei<br />

seine Schießkünste jedoch nebenbei immer wieder in<br />

den Dienst der guten Sache stellt. Komische Akzente<br />

konnte sein Charakter (als Imitation des Uomo senza<br />

nome) einzig und allein durch die Kombination aus<br />

Overacting und Underplaying erzielen. Deshalb wirkte<br />

auch er weit weniger sympathisch als derjenige<br />

Spencers, dessen aufbrausendes Gemüt diesbezüglich<br />

stets aus dem Vollen schöpfen konnte.<br />

Für expliziten Humor blieb in der bedrohlichen,<br />

stickig-unwirtlichen Atmosphäre der Colizzi-Western<br />

mit ihren düsteren, beunruhigenden Settings ohnehin<br />

nur wenig Raum. Die eingestreuten amüsanten<br />

Szenen, die fast ausschließlich durch Spencers Präsenz<br />

dominiert wurden, 20 waren hier – gerade im<br />

ersten und im dritten Teil der Trilogie – kaum mehr<br />

als retardierende Elemente innerhalb eines konventionellen<br />

Spannungsbogens. Sieht man von ihnen ab,<br />

so muss man Dio perdona… Io no! und La collina<br />

degli stivali als durchaus grausame, pessimistische<br />

Gesellschaftsportraits begreifen, die mit der leichten,<br />

komischen Grundstimmung der folgenden Spencer/<br />

Hill-Filme nur wenig gemein haben. Insbesondere die<br />

delirienden Bilder der beiden Kameramänner Alfio<br />

Contini und Marcello Masciocchi sowie die schwermü-<br />

41

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