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Leseprobe - Einsnull

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3.1 Präludium: Die Western-Trilogie Giuseppe Colizzis (1967–69)<br />

produktiveren Variante, in der bei<br />

aller Stichelei doch unverkennbar<br />

die gegenseitige Solidarität durchschimmerte.<br />

Wenn Cat seinen sich<br />

im Sand wälzenden Genossen in I<br />

quattro dell’Ave Maria bedrohlich<br />

mit dem Revolver fixiert und<br />

dann demonstriert, dass die Waffe<br />

nicht geladen ist, lässt sich dies als<br />

47 Beachtliche Kletterkünste: Cat<br />

alias Die Katze<br />

entschärfte Version der Wüsten-Szene aus Il buono,<br />

il brutto, il cattivo auffassen, in der Tuco fest entschlossen<br />

ist, das Leben Biondos zu beenden.<br />

Bei Colizzi begrenzte sich der Gebrauch der Genremuster<br />

auf das bloße Arsenal an Figuren- und Situationskonstellationen,<br />

das er allerdings im Hinblick<br />

auf seine beiden Hauptdarsteller merklich humaner<br />

ausgestaltete. Dabei verwies schon allein die Inspirationsquelle<br />

für sein Drehbuch – eine Fabel von<br />

Äsop – auf den allegorischen, unrealistischen Charakter<br />

seiner Tiercharakteren nachempfundenen<br />

Figuren. 8<br />

48 Gekühlte Blessuren: Hutch alias<br />

Der Hund<br />

3.1.2 Wie Hund und Katze:<br />

Auf der Suche nach der Chemie einer<br />

Partnerschaft<br />

Nie vertrugen sich zwei besser miteinander als ein<br />

Hund und eine Katze, die in eben demselben Hause<br />

jung geworden waren. […] Nur einzig und allein bei<br />

der Mahlzeit merkte man, dass sie sich, sooft ein<br />

Brocken von der Tafel fiel oder ihnen ein Bein zugeworfen<br />

ward, als die ärgsten Feinde unter dem Tische<br />

betrugen und des Knurrens und Zähefletschens kein<br />

Ende war. 9<br />

nach Äsop<br />

8 Vgl. Tronci, A Biography of Mr. Terence Hill. Obwohl in der Literatur<br />

des Öfteren auf eine Äsop-Fabel als Vorlage für den Film<br />

hingewiesen worden ist, bleibt letztlich unklar, um welche es<br />

sich genau handeln soll. Alle gängigen Äsop-Ausgaben enthalten<br />

kein Lehrstück mit dem tierischen Trio aus Hund, Katze<br />

und Fuchs. Der Fabelcharakter des italienischen Westerns<br />

wird von dessen Vertretern gleichwohl immer wieder herausgehoben:<br />

«Der Western ist von Natur aus eine Fabel, und wie<br />

alle Fabeln bedient er sich einfacher Bilder und Symbole, die<br />

sehr präzise sind», erklärte Italo-Western-Regisseur Sergio<br />

Sollima einmal (Sollima in Königstein, 308) und auch Sergio<br />

Leone ließ vielfach seine Präferenz für «the spirit of the fable»<br />

(Leone in De Fornari, 22) verlauten.<br />

9 Pape, Walter [Hg.]: Äsopische Fabeln mit moralischen Lehren<br />

und Betrachtungen. Zürich 1999, 305.<br />

10 Auch die Namen der Hauptfiguren lassen deutliche Rückschlüsse<br />

auf das jeweilige Rollenprofil zu. Während ‹Cat›<br />

einfach in anglisierter Form von der Fabel-Vorlage übernommen<br />

wurde, initiiert ‹Hutch› klangliche Assoziationen zum<br />

englischen ‹huge› (dt.: riesig). Im übrigen bezeichnet das<br />

Wort ‹hutch› im Englischen auch einen Stall für kleinere Tiere.<br />

Komplettiert wurde das Trio im ersten Teil der Trilogie durch<br />

den rothaarigen, bärtigen und listig dreinschauenden Frank<br />

Wolff in der Rolle des ‹Fuchses› Bill St. Antonio. Ob in der<br />

Cat-Stevens-Figur weiterhin ein Verweis auf den US-amerikanischen<br />

Folk-Sänger gleichen Namens erblickt werden kann,<br />

ist fraglich. In Anbetracht der Tatsache, dass beispielsweise<br />

auch Sergio Corbucci den Namen des von ihm kreierten Westernhelden<br />

‹Django› dem belgischen Jazz-Gitarristen Django<br />

Reinhardt entlehnte, erscheint eine Verbindung aber zumindest<br />

möglich.<br />

Tatsächlich ließ sich Colizzi bei der Besetzung der<br />

Hauptrollen vor allem von physiognomischen Merkmalen<br />

leiten: Bud Spencers bullige, schwerfällige<br />

Statur schien für die Rolle des ‹Hundes› Hutch ebenso<br />

geeignet wie Terence Hill – mit seiner akrobatischen<br />

Körperbeherrschung und den durchdringend<br />

stahlblauen Augen – für die Rolle der ‹Katze› Cat. 10<br />

Die Eigenarten ihrer tierischen Pendants wurden<br />

durchaus auch handlungsunterstützend in die Stories<br />

integriert, so beispielsweise in Form von Cats<br />

Wasserscheue, seiner Kletterkünste oder der flinken<br />

Umtriebigkeit, mit der er in La collina degli stivali<br />

der übermächtigen Gegnerschar entwischt. Sein<br />

Partner Hutch hingegen kühlt sich nach dem ersten<br />

ausgetragenen Faustkampf benommen den Kopf im<br />

Wasser und erinnert in seiner flach niedergebückten<br />

Pose deutlich an einen blessierten Köter, der seine<br />

Wunden leckt.<br />

Die weitreichendsten Konsequenzen hatte die<br />

Anlehnung an das alte Fabelszenario freilich in Bezug<br />

auf die charakterliche Interaktion der Hauptfiguren.<br />

Mit der Konstellation der ungleichen Partnerschaft<br />

von Hund und Katze war bereits der Grundstein für<br />

das später so erfolgreich ausgearbeitete Zusammenspiel<br />

von Bud Spencer und Terence Hill gelegt: «[T]he<br />

39

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