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Mai 2013

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<strong>Mai</strong> <strong>2013</strong>


Original Bolgakörbe<br />

aus Ghana<br />

Das gab ein Fest bei den Korbflechterinnen<br />

in dem kleinen Dorf ca. 12 km außerhalb<br />

der Savannenstadt Bolgatanga im<br />

Norden Ghanas. Der Anlass sind wir: Kunden<br />

aus Deutschland, die Aufträge bringen<br />

und dadurch helfen, das Auskommen<br />

der Familie zu sichern. Wir werden mit Singen,<br />

Tanzen, Zungentrillern und Klatschen<br />

willkommen geheißen.<br />

Grace ist eine der Asungtaaba Frauen, die<br />

sich zu „Weavers Groups“ (Flechtgruppen)<br />

zusammengeschlossen haben. Ihre Kinder<br />

spielen unter einem schattigen Karitébaum,<br />

während die Nachbarinnen unter<br />

Lachen und Schwatzen an ihrem jeweiligen<br />

Modell arbeiten. In der Trockenzeit, wenn<br />

keine Feldarbeit zu verrichten ist, geht<br />

Grace täglich zu dem großen Schattenspender,<br />

um für den lokalen Mark oder –<br />

was viel besser und sehr willkommen ist<br />

– für einen konkreten großen Auftrag zu<br />

arbeiten. Die Konkurrenz ist groß, denn in<br />

der Gegend von Bolgatanga leben etwa<br />

fünfzehn bis zwanzigtausend Menschen<br />

von diesem traditionellen Handwerk und<br />

dessen Markt. Asungtaaba ist eine von 19<br />

Gruppen im Umkreis von 40 km, die von<br />

der ONG Trade Aid Integrated (übersetzt:<br />

integrierte Hilfe zum Handel) unterstützt<br />

und fortgebildet wird. Hier hat Grace gelernt,<br />

was Qualität bedeutet und wie für<br />

einen Auftrag gearbeitet werden muß. Sie<br />

erklärt uns, daß es Normen und genaue<br />

Größen für die Korbmodelle gibt, genauso<br />

wie definierte Farben und Muster. Grace<br />

weiß: Wenn sie den Korb nicht nach Bestellung<br />

fertigt, muß sie versuchen, ihn auf<br />

dem freien Markt zu verkaufen und das<br />

ist oft nur zu einem schlechteren Preis<br />

oder sogar unter dem Herstellungspreis zu<br />

rmachen.<br />

Trade Aid Integated vermittelt nicht nur<br />

Aufträge von internationalen Bestellern<br />

wie wir es sind, sie arbeiten auch zusammen<br />

mit Geldgeberorganisationen.So werden<br />

für die Frauengruppen Lagerräume für<br />

Rohstoffe und die fertig gestellten Körbe<br />

sowie fest gemauerte, überdachte Korbflechtereien<br />

gebaut. Dort werden auch<br />

Schulungen und Workshops abgehalten,<br />

neue Muster und Modelle für den internationalen<br />

Markt entworfen und Qualitätsstandards<br />

festgesetzt.<br />

Das „Stroh“, was eher ein Schilfgras ist,<br />

wird in der 500 km südwestlich gelegenen<br />

Gegend um Kumasi geerntet und gehandelt.<br />

Dieses Gebiet ist feuchttropisch<br />

und die Preise für das Rohmaterial unterliegen<br />

starken saisonalen Schwankungen.<br />

Grace bringt als Sprecherin der Frauen den<br />

Wunsch und die Idee zum Ausdruck, eine<br />

Strohbank anzulegen, damit in der Regenzeit<br />

ein Lager mit günstigem Rohmaterial<br />

gefüllt werden kann, und während der<br />

Trockenzeit genug preisstabiles Stroh zum<br />

Flechten vorhanden ist.<br />

Eine Projektidee, die wir von der Fair-Handel<br />

GmbH Münsterschwarzach gerne mit<br />

Trade Aid Integrated zusammen aufgreifen<br />

und unterstützen wollen. Diese Nachricht<br />

wird von den Frauen wieder mit lautem<br />

Jubelgesang und Tanz kommentiert.<br />

Eine mitreißende Stimmung bei über 40°C<br />

in der trocken staubigen Savanne Ghanas.<br />

Am Spätnachmittag brechen die Frauen<br />

auf, sammeln Strohbündel, Körbe und<br />

Kinder ein und treten im ockergelben Sonnenlicht<br />

jede ihren Heimweg an. Im Gänsemarsch<br />

auf ausgetretenen Staubpfaden,<br />

verfolgen wir Grace und die Kinder mit ihren<br />

Strohbündeln auf dem Kopf balancierend,<br />

bis sie hinter den Lehmmauern verschwunden<br />

sind. Bald können wir einen<br />

dieser Bolgakörbe in Münsterschwarzach<br />

wiedersehen und werden uns gern an die<br />

singenden Frauen der Asungtaaba Group<br />

erinnern.<br />

Auf dem Weg zum Markt<br />

FAIR-Handel GmbH der Abtei, 97359 Münsterschwarzach,<br />

Schweinfurter Str. 40, Tel: 0 93 24-20 273, Fax: 0 93 24-20 493<br />

e-mail: info@fair-handel-gmbh.de, www.fair-handel-gmbh.de


eDitOriAL<br />

3<br />

iNhALt<br />

Seite<br />

P. Richard Maria Kuchenbuch OSB<br />

Vorwort ................................................................... 3<br />

P. Anselm Grün OSB<br />

Wie sich Gott den Menschen zeigt ............................. 4<br />

P. Pascal Herold OSB<br />

Denn sie hatten Gegenwind ....................................... 6<br />

Abt Anastasius Reiser OSB<br />

Wind weht nicht nur in eine richtung ........................ 8<br />

Hendrik Weingärtner<br />

Was bringt frischen Wind in die Schule ................... 10<br />

Anja Legge<br />

Zwischen ruhiger See und stürmischen Zeiten .......... 12<br />

P. Fidelis Ruppert OSB<br />

Gedankenstürme und die Psalmen ............................ 14<br />

Br. Thomas Morus Bertram OSB<br />

Fluten erheben ihr Brausen ..................................... 16<br />

P. Christian Temu OSB<br />

Das Meer als Fenster zu Gott ................................... 18<br />

P. Christoph Gerhard OSB<br />

Wind – Schlüsselenergie für die Zukunft ................. 20<br />

Betrieb: Mehr als nur ein Laden .............................. 22<br />

Projekt: hospital Peramiho ...................................... 24<br />

Werbung Prokura: „Alter Kram“ wird doppelt wertvoll .. 25<br />

Namen/Nachrichten ................................................. 26<br />

Dank ....................................................................... 30<br />

Br. Thomas Morus Bertram OSB<br />

Aus dem Nähkästchen geplaudert .............................31<br />

Zum Titelbild:<br />

Ein Boot vor der Küste Westafrikas. Menschen auf dem<br />

Atlantik. Man kann sagen: Nie waren wir Gott so nahe,<br />

weil wir nie so ungesichert waren!<br />

Portrait:<br />

Br. Hieronymus Rampendahl OSB<br />

iMPreSSUM<br />

Ruf in die Zeit<br />

AUSGABE MAI <strong>2013</strong>, NR. 2/13<br />

MISSIONSBENEDIKTINER<br />

MÜNSTERSCHWARZACH<br />

Das Magazin für Freunde, Förderer und Interessenten der Missionsarbeit<br />

der Abtei Münsterschwarzach<br />

Abonnement<br />

Bestellung an prokura@abtei-muensterschwarzach.de<br />

oder Telefon 09324/20-287 vierteljährlich, kostenfrei<br />

Redaktion<br />

P. Richard M. Kuchenbuch (verantw.), Br. Thomas Morus Bertram (verantw.),<br />

Br. Alfred Engert, Br. Joachim Witt, Br. Manuel Witt<br />

Herausgeber<br />

Missionsprokura der Abtei Münsterschwarzach<br />

97359 Münsterschwarzach Abtei<br />

Tel.: 09324/20275 Fax: 09324/20270<br />

E-<strong>Mai</strong>l: prokura@abtei-muensterschwarzach.de<br />

Internet: http://www.abtei-muensterschwarzach.de<br />

Auslandsspenden<br />

Bei Spenden aus dem Ausland bitte unseren<br />

Swift Code: GENODEF1MO5 und<br />

Iban Nr.: DE51750903000003015033 unbedingt angeben.<br />

Bankverbindung<br />

Liga Bank eG, Kto. Nr. 3015033, BLZ 750 903 00<br />

Bei Adressenänderungen und Spenden wenden Sie sich bitte an<br />

die Spendenbuchhaltung der Missionsprokura<br />

Tel: 09324/20-287 oder 20-276<br />

Fax: 09324/20-494<br />

E-<strong>Mai</strong>l: prokura@abtei-muensterschwarzach.de<br />

Bildnachweis<br />

Andrea Göppel (S. 1, 4, 31, 36), Br. Thomas Morus (S. 5, 7, 13, 14,<br />

15, 16, 26, 27, 28, 29), Stefanie Merlin (S. 20, 21), Anja Legge (S.<br />

24, 25), Br. Immanuel (S. 26, 27, 28, 32, 33, 35), Saskia Polzin<br />

(S. 18), Br. Ansgar (S. 34), Archiv Abtei (S. 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14,<br />

15, 16, 17, 18)<br />

Gesamtherstellung:<br />

Benedict Press, Vier-Türme GmbH, 97359 Münsterschwarzach Abtei<br />

Konzeption: Klaus Gold<br />

P. richArD M. KUcheNBUch OSB<br />

Missionsprokurator<br />

Liebe Leserinnen,<br />

liebe Leser…<br />

…. schön, dass Sie sich wieder Zeit nehmen, sich über uns Missionsbenediktiner<br />

von Münsterschwarzach und unser Wirken in aller Welt zu informieren. Meine<br />

ersten 100 Tage im neuen Amt als Missionsprokurator sind vorüber. Ein Anfang ist<br />

gesetzt. Ich durfte viele interessante Einblicke in unsere Missionsarbeit nehmen<br />

und lerne täglich neu dazu. Spürbar war für mich das Wohlwollen gegenüber<br />

unserer Mission in vielen herzlichen Begegnungen mit Wohltätern und Freunden<br />

der Prokura. Das bezeugt die gute Arbeit meiner Mitbrüder in dieser Aufgabe. Da<br />

wir uns in Münsterschwarzach für die ersten drei Monate des Jahres eine Sabbat-<br />

Auszeit genommen haben, verschob sich meine Antrittsreise nach Übersee. Im<br />

nächsten Ruf werde ich davon berichten.<br />

Wolken, Wind und Wellen – so lautet der Titel dieser <strong>Mai</strong>-Ausgabe des Ruf in die<br />

Zeit. Ein Thema, das viel Dynamik und Bewegung verspricht, aber auch Schönheit<br />

und Zartheit. Von stürmischen Zeiten über eine erfrischende Brise bis hin zum<br />

sanften Säuseln des Windes ist alles denkbar. Wind und Wasser können uns herrlich<br />

weich und sanft umschmeicheln, aber auch Schmerz und Chaos verursachen.<br />

So geht es im Ruf in die Zeit um die Gedankenstürme in der Seele, die Erfahrung<br />

von Gegenwind oder Rückenwind im Leben und das Erlebnis der Naturgewalten<br />

aus dem Blickwinkel verschiedener Kulturen.<br />

Und wie ist es mit frischem Wind für Mission? Mission braucht Luft zum Atmen,<br />

so Abt Anastasius Reiser aus Peramiho/ Tansania. Sie ist weniger ein Sturm,<br />

der alles wegfegt, sondern gleicht mehr dem sanften Säuseln, in dem Gott<br />

dem Propheten Elias begegnete. Respekt und Wertschätzung für gewachsene<br />

Strukturen und interkulturelle Unterschiede gehören maßgeblich zu einer guten<br />

Missionsarbeit. Das gilt für unsere Missionen in Übersee, aber auch für Kirche<br />

und Gesellschaft bei uns. In dieser Haltung kann auch der Heilige Geist wehen<br />

und uns befl ügeln auf unserem Weg zur frohen Botschaft Jesu Christi. Erwarten<br />

wir in diesem Sinne das heilige Pfi ngstfest.<br />

Es grüßt Sie herzlich<br />

Ihr


ZUM theMA<br />

4<br />

Wie sich Gott<br />

den Menschen zeigt<br />

WOLKeN iN Der BiBeL<br />

von P. Anselm Grün OSB<br />

Die Wolke hat in der Bibel verschiedene<br />

Bedeutungen. Einmal ist sie Zeichen,<br />

dass Gott für den Menschen sorgt. Gott<br />

lässt es aus den Wolken regnen, damit<br />

die Felder ihre Frucht bringen. Dann aber<br />

ist die Wolke auch der Ort, an dem Gott<br />

den Menschen erscheint. Finstere Wolken<br />

sind das Zelt Gottes (Ps 18,12). Die Wolke<br />

erfüllt als Saum seines Gewandes den<br />

Tempel. In der Wolke erfüllt die Herrlichkeit<br />

des Herrn den Tempel (1 Kön 8,10f).<br />

Eine wichtige Rolle spielt die Wolkensäule<br />

beim Auszug Israels aus Ägypten. Da<br />

zeigt Gott den Israeliten in der Wolkensäule<br />

den Weg. Und zugleich stellt er die<br />

Wolkensäule zwischen die Israeliten und<br />

die Ägypter und schützt so das fl iehende<br />

Volk vor seinen Verfolgern. Während des<br />

Durchzugs durch die Wüste erscheint die<br />

Wolkensäule Gottes immer wieder, um zu<br />

zeigen, dass Gott das Volk begleitet und<br />

zu ihm spricht. Nur Mose kann in der Wolkensäule<br />

mit Gott sprechen. So heißt es<br />

in Ex 33,9f: „Sobald Mose das Zelt betrat,<br />

ließ sich die Wolkensäule herab und blieb<br />

am Zelteingang stehen. Dann redete der<br />

Herr mit Mose. Wenn das ganze Volk die<br />

Wolkensäule am Zelteingang stehen sah,<br />

erhoben sich alle und warfen sich vor ihren<br />

Zelten zu Boden.“<br />

Verheißung<br />

Die Wolke ist für den Propheten Jesaja eine<br />

Verheißung, dass Gott für die Menschen<br />

sorgt und über sie die Gerechtigkeit herabregnen<br />

lässt. „Taut, ihr Himmel, von oben,<br />

ihr Wolken, lasst Gerechtigkeit regnen!“<br />

(Jes 45,8) Dieses Wort wurde dann zu<br />

unserem Adventsruf und dem bekannten<br />

Adventslied: „Tauet Himmel den Gerechten,<br />

Wolken regnet ihn herab.“ Die Wolken,<br />

die dem Menschen den fruchtbringenden<br />

Regen spenden, werden hier zum Symbol,<br />

dass Gott den Erlöser vom Himmel zu uns<br />

sendet, der den Acker unserer Seele befruchten<br />

wird mit seinem Wort und mit<br />

seinem Heiligen Geist, den er uns sendet.<br />

Im Neuen Testament wird dieses Bild im<br />

Wort Jesu von der Feindesliebe aufgegriffen<br />

und auf neue Weise gedeutet. Die Feindesliebe<br />

wird begründet mit dem Verhalten<br />

Gottes: „Denn er lässt seine Sonne aufgehen<br />

über Bösen und Guten, und er lässt<br />

regnen über Gerechte und Ungerechte.“<br />

(Mt 5,45) Sonne und Wolken stehen für<br />

das Wohlwollen und die Liebe Gottes zu<br />

allen Menschen. Und diese Liebe Gottes,<br />

die allen gilt, sollen wir in der Feindesliebe<br />

nachahmen.<br />

Zeichen der Zeit<br />

Im Lukasevangelium<br />

spricht Jesus<br />

davon, dass<br />

die Menschen am<br />

Aufsteigen der<br />

Wolken im Westen<br />

erkennen, dass es<br />

Regen geben wird.<br />

Und dann folgert<br />

er daraus: „Das<br />

Aussehen der Erde<br />

und des Himmels<br />

könnt ihr deuten.<br />

Warum könnt ihr<br />

dann die Zeichen<br />

dieser Zeit nicht<br />

deuten?“ (Lk 12,56)<br />

Die Menschen –<br />

davon geht Jesus<br />

aus – beobachten<br />

genau das Erscheinen<br />

der Wolken. Sie<br />

kennen sich aus.<br />

Die Art, wie die Durchzug durch das Rote Meer<br />

Wol ken erscheinen, lässt auf das Wetter<br />

schließen. Doch genauso wichtig, wie<br />

die Wolken zu beobachten, wäre es, die<br />

Zeichen der Zeit zu verstehen. Und die<br />

Zeichen der Zeit verkünden immer etwas<br />

vom Willen Gottes. Was will Gott heute<br />

von mir persönlich, und von der Kirche als<br />

Gemeinschaft? Was will Jesus uns sagen<br />

durch die Ereignisse, die wir in unserer<br />

Zeit beobachten?<br />

Eine wichtige Rolle spielt die Wolke bei der<br />

Verklärung Jesu. Matthäus erzählt, dass die<br />

Jünger den verklärten Jesus mit Mose und<br />

Elija sahen. Petrus sagt zu Jesus, dass er<br />

am liebsten drei Hütten bauen würde, um<br />

diese Situation festzuhalten: „Noch während<br />

er redete, warf eine leuchtende Wolke<br />

ihren Schatten auf sie, und aus der Wolke<br />

rief eine Stimme: Das ist mein geliebter<br />

Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe;


5<br />

auf ihn sollt ihr hören.“ (Mt 17,5) Die Wolke<br />

zeigt also Gottes Gegenwart. Und zugleich<br />

verhüllt sie Gott. Die Menschen können in<br />

der Wolke nur den Saum Gottes wahrnehmen.<br />

Und Gott spricht durch die Wolke<br />

hindurch. Bei Lukas nimmt die Wolke die<br />

himmlischen Gestalten Mose und Elija in<br />

sich auf und verbirgt sie vor den Jüngern.<br />

Dieses Motiv greift Lukas nochmals in der<br />

Himmelfahrt Jesu auf. Jesus hielt seinen<br />

Jüngern eine letzte Ansprache. Dann „wurde<br />

er vor ihren Augen emporgehoben, und<br />

eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn<br />

ihren Blicken“. (Apg 1,9) Die beiden Engel<br />

ermahnen die Jünger, sie sollten nicht ständig<br />

zum Himmel schauen, sondern sich der<br />

Erde zuwenden. Denn dort begegnen sie<br />

Jesus. Jesus, der durch die Wolke verhüllt<br />

wird, der jetzt im Himmel bei Gott ist, begleitet<br />

sie auch hier auf der Erden. Er sendet<br />

ihnen seinen Geist, dass sie in seinem<br />

Auftrag diese Welt gestalten und seine<br />

Botschaft in die ganze Welt bringen.<br />

Bild der Wiederkunft Jesu<br />

Die Wolke verhüllt Jesus nicht nur. Sie wird<br />

auch zum Bild seiner Wiederkunft: „Dann<br />

wird man den Menschensohn mit großer<br />

Macht und Herrlichkeit auf den Wolken<br />

kommen sehen.“ (Mk 13,26) Jesus sagt<br />

beim Verhör vor dem Hohenpriester: „Ihr<br />

werdet den Menschensohn zur Rechten der<br />

Macht sitzen und mit den Wolken des Himmels<br />

kommen sehen.“ (Mk 14,62) Das letzte<br />

Buch des Neuen Testamentes, das Buch<br />

der Offenbarung, beschreibt Jesus als den,<br />

der auf der Wolke sitzt und uns in seiner<br />

Herrlichkeit erscheint: „Dann sah ich eine<br />

weiße Wolke. Auf der Wolke thronte einer,<br />

der wie ein Menschensohn aussah. Er trug<br />

einen goldenen Kranz auf dem Haupt und<br />

eine scharfe Sichel in der Hand.“ (Apk 14,14)<br />

Die Wolke hat also in der Bibel einmal eine<br />

ganz nüchterne Bedeutung. Sie verweist<br />

Abraham wird gesegnet<br />

uns auf das Wetter. Aber sie ist auch voller<br />

Bedeutung. In der Wolke zeigt sich Gott<br />

den Menschen. Im Gewittersturm spricht<br />

er aus der Wolke zu ihnen. Und die Wolke<br />

verhüllt Gott. Im Neuen Testament wird<br />

die Wolke zum Thron Jesu Christi und zum<br />

Zeichen seiner Wiederkunft. Wenn wir also<br />

Verklärung Christi auf dem Berg Tabor<br />

auf die Wolken schauen, dann sollen wir<br />

uns erinnern, dass unser Leben genauso<br />

weiter zieht wie die Wolken. Auch unser<br />

Leben ist nicht beständig. Es wird enden,<br />

wenn Christus im Tod zu uns kommt. Dann<br />

ist die Welt für uns zu Ende. So ist die Wolke<br />

einmal Erinnerung an Gottes heilende<br />

und helfende Gegenwart, aber auch an<br />

Jesu Kommen am Ende der Welt. Und so<br />

mahnt uns die Wolke, wenn wir sie aufmerksam<br />

betrachten, an die Vergänglichkeit<br />

unseres Lebens und an das Ende, das<br />

im Tod auf uns zukommt. Zugleich ist die<br />

Wolke aber auch Verheißung, dass wir für<br />

immer aufgenommen werden in das Zelt<br />

Gottes, in die weiße Wolke, auf der wir mit<br />

Christus für immer thronen werden.<br />

P. Anselm Grün OSB<br />

Geboren 1945 in Junkershausen<br />

• Profess 1965 • Priesterweihe<br />

1971 • Seit 1977 Cellerar der Abtei<br />

Münsterschwarzach • Geistlicher<br />

Begleiter und Bestsellerautor<br />

christ licher Spiritualität


ZUM theMA<br />

6<br />

Denn sie hatten Gegenwind<br />

Wenn Schwierigkeiten verunsichern und ängstigen<br />

von P. Pascal Herold OSB<br />

Die verstorbene Benediktinerin Photina<br />

Rech zeichnet in „Inbild des Kosmos II“<br />

ein sehr dynamisches Bild vom Wind in der<br />

Schöpfung. Sie schreibt:<br />

„Eines der geheimnisvollsten<br />

Wesen in der Schöpfung<br />

ist der Wind –<br />

dieser Unsichtbare, Ungreifbare,<br />

launisch Unberechenbare –<br />

wild wie ein Krieger,<br />

übermütig wie ein Knabe<br />

und zart wie ein Liebender –<br />

bald Sturm, bald linder Hauch.<br />

In der Unberechenbarkeit des Windes liegt<br />

geistlich betrachtet ein starker Zug unseres<br />

Glaubens verborgen. Ohne Widerhall – in<br />

die Ungreifbarkeit/Unberechenbarkeit<br />

Gottes hinein – will Vertrauen in unser<br />

Leben fallen als tragendes Fundament, auf<br />

dem wir vor allem dann aufrecht Stand behalten,<br />

wenn unser Leben durch launische<br />

Bewegungen durchgeblasen und vom Gegenwind<br />

durcheinander gebracht wird. Auf<br />

Gottes Führung vertrauen und bauen zu<br />

können, ist ein dynamisches Geschehen,<br />

immer mit offenem Ausgang, jedoch im<br />

Glauben, dass trotz Gegenwind die Segel<br />

meines Lebens gut ausgespannt sind und<br />

die unterschiedlich hohen Wellen gemeistert<br />

werden. Diesen Glaubensschatz tragen<br />

wir wahrlich in zerbrechlichen Gefäßen<br />

(vgl. 2 Kor 4.7), denn jeder kennt aus seinem<br />

Leben Situationen, in denen das Herz<br />

in die Hosentasche rutschen will und der<br />

Gegenwind es leicht hat, uns auf die „hohe<br />

See“ hinauszutreiben.<br />

In den Evangelien fordert Jesus dieses<br />

Vertrauen wiederholt ein. Im Gleichnis<br />

vom Seesturm wird Petrus vom existentiell<br />

bedrohlichen Gegenwind gebeutelt.<br />

„Du Kleingläubiger, warum hast Du gezweifelt?“,<br />

will Jesus von ihm wissen (vgl.<br />

Mt 14.22ff). Denn Petrus packt die Angst.<br />

Der Mut verlässt ihn auf das Wasser hinauszugehen,<br />

„als er sah, wie heftig der<br />

Wind war“.<br />

Sobald Gegenwind uns ins Gesicht schlägt<br />

kann augenblicklich alles durcheinander<br />

geraten. Schnell auf das Fundament<br />

des Vertrauens sich zu fl üchten, wäre die<br />

rettende Reaktion. Doch was, wenn das<br />

Vertrauen, nur als „beruhigende Stimme<br />

des Inneren“ verkleidet, die Realität überspielen<br />

würde, also nicht tiefgründiger<br />

greifen würde?<br />

Urvertrauen<br />

In einem jeden Menschen ist Urvertrauen<br />

mit ins Leben hineingegeben. Dieses<br />

Urvertrauen hatten wir alle, vor allem als<br />

Kleinkinder. Mit zunehmenden Alter wurde<br />

es hinterfragt und erschüttert. So mussten<br />

auch Erfahrungen gemacht werden, die<br />

den Vertrauensbeweis ins Gegenteil stürzten,<br />

was für eine gesunde Entwicklung<br />

auch notwendig ist. Daher prägten sich<br />

die Gegenempfi ndungen wie Misstrauen,<br />

Angst und Skepsis aus und wurden so zum<br />

Wegbegleiter als „guter Bekannter/guter<br />

Vertrauter“. Doch lebt im Menschen ein<br />

ordentliches Potential an Vertrauen. Vielen<br />

ist es emotional gefühlshaft verschlossen<br />

und sie wissen somit wenig von den inneren<br />

Kräften, die als innere Stimme, Intuition<br />

und Vertrauen uns Wegbegleiter<br />

sein wollen. Unser Denken bestimmt sehr<br />

stark das alltägliche Geschehen. Daneben<br />

können aber für manche Geschicke die inneren<br />

Parameter entscheidend sein und im<br />

Sinne einer weisen Führung aus sich selber<br />

heraus den Fuß in die richtige Spur setzen.<br />

Können wir tatsächlich der eigenen Intuition<br />

trauen? Vermischen sich nicht doch<br />

Bauchempfi nden und Wunschvorstellung,<br />

sodass keine wirklich objektiv neutrale<br />

Sicht zum Tragen kommt? Es ist sehr<br />

spannend, welche Nebenabsichten und<br />

Gefühlsregungen sich immer wieder in<br />

unsere alltäglichen Gedanken gänge einschleichen.<br />

Es geht mehr, als wir meinen<br />

Wie befreiend sind Erlebnisse, wenn trotz<br />

Widerstände und Beklemmung, Misstrau-


7<br />

en und Unentschiedenheit die innere Stimme<br />

sich nicht irritieren lässt und schwierige<br />

Hürden genommen werden, die anfangs<br />

noch unvorstellbar zu nehmen waren. Es<br />

geht viel mehr, als wir selber meinen!<br />

Diese Erfahrung machte ich mit Menschen<br />

in Kursen, die Zugang zu ihrer inneren<br />

Stimme und zum Urvertrauen bekamen.<br />

Im Normalfall rechnet keiner damit, denn<br />

unser Denken meldet sich immer auch mit<br />

einer guten Portion Skepsis. Im Geführten<br />

Zeichnen® (nach Maria Hippius Gräfi n<br />

Dürckheim) erlebten sie eine andere Qualität,<br />

losgelöst vom aktiven Denken und<br />

Sich-Gedanken-machen. Das Geführte<br />

Zeichnen ist in der Initiatischen Therapie<br />

beheimatet. Es handelt sich um einen<br />

Zeichenausdruck, der dem inneren Bewegungsimpuls<br />

folgend auf dem Papier absichtslos<br />

Zeichnungen entstehen lässt, wie<br />

wenn einfache innere Regungen als sichtbarer<br />

Ausschlag ein Bild entstehen lassen,<br />

das als grafi sche Bewegung Ausdruck aus<br />

dem Inneren ist. So „einfach“ kann eine<br />

innere Qualität äußerlich sichtbar werden<br />

– „einfach“ als Bewegungsimpuls, ohne<br />

denken zu sollen!<br />

Wie will das geschehen? Wie kann die Klippe<br />

überwunden werden sich loszulassen<br />

und mit geschlossenen Augen zu zeichnen<br />

ohne denken zu sollen – absichtslos? Es gelingt<br />

je besser, je mehr ich meine Gedanken,<br />

wie in der Meditation, loslasse und zum offen<br />

hörenden Menschen werde, lauschend<br />

in sich hinein. Da können durchaus Blockaden<br />

sitzen und keinen Zugang fi nden<br />

lassen, da der Mensch übertönt wird von<br />

den vielen lauten Stimmen um ihn herum.<br />

Es geht nicht darum, möglichst schnell das<br />

Tor nach innen auf zu stoßen und öffnen<br />

zu können, denn allein der erste Schritt, der<br />

Beginn, ist schon ein Sich-auf-den-Wegmachen<br />

und wird weiter gehen wollen. Die<br />

Arbeit des Geführten Zeichnens zeigt, wie<br />

jeder Mensch aus seinem Innersten heraus<br />

geführt wird, jeder sein eigener Meister<br />

und Schüler zugleich ist. Für beide, für den<br />

Meister und den Schüler, gilt die gleiche<br />

Haltung, die gleiche Anweisung, sich in<br />

die Schule des Absichtsloseren zu begeben<br />

und aus der Absichtslosigkeit heraus die<br />

Impulse aufzunehmen, die aus dem Raum<br />

des Vertrauens ans Licht wollen, wenn ich<br />

frei werde von den eigenen Vorstellungen:<br />

So sollte es jetzt aber sein! Es geht viel<br />

mehr als wir selber meinen – und das Tor<br />

des Vertrauens sich anstoßen lässt.<br />

Und es geht viel mehr, als wir meinen,<br />

besonders wenn der Gegenwind unberechenbar<br />

ins Leben hinein fegt.<br />

P. Pascal Herold OSB<br />

Geboren 1964 • in Rothmannsthal/Lichtenfels<br />

• Profess 1994,<br />

Priesterweihe 1999 • Novizenmeister<br />

in der Abtei Münsterschwarzach<br />

seit 2006 • seit <strong>2013</strong> Prior<br />

der Abtei Münsterschwarzach


ZUM theMA<br />

8<br />

Wind weht nicht nur<br />

in eine Richtung<br />

Mission braucht Luft zum Atmen, nicht Sturm, der wegfegt<br />

Bericht über zwei neue<br />

Pfarreien in Peramiho<br />

Von Abt Anastasius Reiser OSB<br />

Fenster auf, Luft rein, kräftig durchblasen<br />

lassen, weitermachen! Und das mit neuem,<br />

frischem Wind! Das wünschen sich<br />

viele Leute für alte, festgefahrene Strukturen.<br />

„Die Fenster der Kirche öffnen“, war<br />

auch das Bild, das vor 50 Jahren Papst<br />

Johannes XXIII. bei der Eröffnung des 2.<br />

Vatikanischen Konzils benutzt hat, um das<br />

zu beschreiben, was er sich für die Kirche<br />

wünschte. Luft dort hineinlassen, wo schon<br />

lange keiner mehr hingeschaut hatte.<br />

Frischen Wind in unsere Missionsarbeit in<br />

Peramiho bringen seit vergangenem Jahr<br />

zwei Missionare, die beide jeweils eine<br />

neue Pfarrei übernommen haben. Das<br />

ist nicht immer ganz einfach. Nicht jeder<br />

hat die gleiche Vorstellung davon, wie der<br />

Wind zu wehen hat.<br />

Pater Dieter Held ist Pfarrer von Nakahuga,<br />

in einem Dorf, das 20 Kilometer von<br />

Peramiho entfernt ist, und Pater Emmanuel<br />

Mlwilo ist Pfarrer von Mbinga-Mharule,<br />

22 Kilometer von Peramiho entfernt. Wie<br />

es sich für Dorfpfarrer gehört, sind beide<br />

in die Dörfer umgezogen. Ohne Strom und<br />

im Falle von P. Dieter auch noch ohne fl ießendes<br />

Wasser wohnen sie nun bei den<br />

Leuten, um zusammen mit ihnen die neuen<br />

Pfarreien aufzubauen. Beide müssen nicht<br />

ganz bei Null anfangen. In Nakahuga steht<br />

bereits eine Kirche, in Mbinga-Mharule<br />

steht ein neues Pfarrhaus. P. Dieter hat<br />

damit begonnen, ein Pfarrhaus zu bauen<br />

und P. Emmanuel hat die Fundamente für<br />

die neue Kirche gelegt.<br />

Fenster aufreißen<br />

oder nur lüften?<br />

Von außen betrachtet fällt auf, dass beide<br />

frischen Wind, das heißt neue Impulse, in die<br />

Dörfer gebracht haben, was sich im Bauen<br />

zeigt. Doch so einfach „Fenster aufreißen,<br />

frischen Wind hineinlassen“, das kann man<br />

in lebendigen Strukturen nicht machen! P.<br />

Dieter und P. Emmanuel trafen in den Dörfern<br />

auf funktionierende Pfarreien. Zuviel<br />

an frischem Wind würde alle gewachsenen<br />

Strukturen mit einem Schlag wegfegen.<br />

Genauso, wie wenn man an einem stürmischen<br />

Tag das Fenster zu weit aufmacht<br />

und der Luftzug einem die Papiere vom<br />

Schreibtisch fegt. Es kann also höchstens<br />

davon die Rede sein, dass man das Fenster<br />

ein wenig kippt, und die Luft langsam<br />

hereinlässt, um den Raum zu lüften.<br />

Natürlich würden die beiden neuen Pfarrer<br />

gerne ihre Bauvorhaben in kürzester Zeit<br />

fertig stellen. Von daher bedarf es viel an<br />

Geduld, wenn man sich mit den lokalen<br />

Gruppen immer wieder treffen muss, um<br />

die nächsten Schritte des Bauens abzusprechen.<br />

Es passiert dann, dass die Mitglieder<br />

des Komitees nicht vollständig sind, weil<br />

P. Emmanuel Mlwilo (links), Peramiho, ist Pfarrer von Mbinga Mharule. Auf dem Bild steht er mit dem Pfarrgemeinderat auf dem neuen Fundament<br />

der Pfarrkirche.


9<br />

P. Dieter Held aus Münsterschwarzach (Mitte)<br />

ist Pfarrer von Nakahuga. Das Bild zeigt ihn<br />

zusammen mit Katechisten und dem Baukomitee<br />

für den Neubau der Pfarrei.<br />

für einen der Weg zu weit ist, oder das Kind<br />

einer Mutter krank geworden ist, so dass<br />

sie nicht kommen kann. In der Pfl anzzeit<br />

sind die Bauern auf dem Feld und können<br />

nicht kommen; später während der Erntezeit,<br />

müssen sie den <strong>Mai</strong>s ernten. Den<br />

Eigenbeitrag der Gemeindemitglieder für<br />

den Bau können die Menschen nur nach<br />

der Erntezeit bezahlen, wenn sie die Einnahmen<br />

aus den Erträgen der Ernte haben.<br />

Gemeinsam mit den Menschen<br />

Jedes Mal heißt das für die Pfarrer, abwarten,<br />

ein neues Treffen ausmachen. Das<br />

machen sie, weil sie wissen, dass man nur<br />

gemeinsam mit den Menschen an einem<br />

Projekt arbeiten kann, wenn es Bestand<br />

haben soll und wenn es von den Menschen<br />

mitgetragen werden soll.<br />

In Deutschland, Österreich und in der<br />

Schweiz unterstützen viele Wohltäter unsere<br />

Missionare. Gruppen engagieren sich für<br />

den Aufbau von Schulen und Kindergärten.<br />

Die Menschen interessieren sich für<br />

die Fortschritte des Baus und fragen natürlich<br />

nach Berichten und Abrechnungen<br />

für die einzelnen Projekte. Wir in Peramiho<br />

kommen dann in einen Konfl ikt mit den<br />

Erwartungen der Wohltäter, die eine zügige<br />

Durchführung der Projekte erwarten,<br />

und dem viel langsameren Lebens-, Entscheidungs-<br />

und Arbeitstempo in Tansania.<br />

Für die Weihnachtsspende, die aus<br />

Deutschland überwiesen wird, sollte man<br />

am besten schon zu Ostern fertige Bilder<br />

der Wasserversorgung oder des Kindergartens<br />

parat haben. Doch Bauprojekte, die<br />

in Zusammenarbeit mit den Menschen vor<br />

Ort durchgeführt werden, brauchen Zeit.<br />

Lernprozess<br />

In den vergangenen drei Jahren bauten<br />

wir in Peramiho einen neuen Kindergarten.<br />

Die bestehenden Kindergärten reichten<br />

nicht mehr aus für die wachsende Zahl der<br />

Kinder. Wir bildeten im Dorf eine Arbeitsgruppe,<br />

die sich mit der Durchführung des<br />

Baus beschäftigen sollte. Von Anfang an<br />

war allen wichtig, dass es ein Projekt des<br />

Dorfes sein soll. Die Arbeiten sollten vom<br />

Dorf geleistet werden, das Baumaterial<br />

würde von uns organisiert werden. Hätten<br />

wir den Bau mit einer externen Baufi rma<br />

hochgezogen, wäre der Kindergarten in<br />

einem halben Jahr fertig gewesen. Doch da<br />

wir alles in Eigenleistung machen wollten,<br />

ist der Bau bis heute noch nicht ganz fertig.<br />

Hätte die Baufi rma den Kindergarten<br />

gebaut, wäre das Gebäude ein weiteres,<br />

anonymes Gebäude geworden, das im Dorf<br />

steht. Doch nun ist es der Kindergarten<br />

des Dorfes, mit dem sich seine Einwohner<br />

identifi zieren und mit Stolz erfüllen.<br />

Wind weht nicht nur in eine Richtung.<br />

Es ist ein Lernprozess für uns Missionare,<br />

wenn die Luft aus der anderen Richtung<br />

zu uns herüberweht. Wenn das Tempo der<br />

Menschen langsamer ist, als wir es erwarten,<br />

müssen wir lernen, dass das Leben der<br />

Menschen Schwierigkeiten in sich birgt,<br />

von denen wir nichts wissen. Wir lernen<br />

von ihren Sorgen und Alltagsnöten, und<br />

müssen das ernst nehmen.<br />

Gemeindeaufbau als<br />

„Säuseln des Windes“<br />

Frischen Wind in das Zusammenleben zu<br />

bringen sieht dann so aus, dass wir als<br />

Missionare immer wieder die Menschen an<br />

einen Tisch zusammenbringen. Wenn wir<br />

in unserem Leben etwas verändern wollen,<br />

dann geht das nur, wenn wir behutsam<br />

sind. Die Impulse, die wir setzen, sind wie<br />

Luft, die sich um die Menschen legt. Jede<br />

und jeder muss selber atmen! Es bleibt ein<br />

Angebot, das wir den Menschen machen.<br />

Und damit wird es eine pastorale Aufgabe,<br />

die genauso da ist in der Seelsorge der<br />

Pfarrarbeit, im Unterricht in den Schulen<br />

oder bei den Behandlungen von Patienten<br />

im Krankenhaus.<br />

P. Dieter und P. Emmanuel werden wohl<br />

noch viele Sitzungen für Gespräche brauchen,<br />

bis sie ihre Projekte in den neuen<br />

Pfarreien fertig stellen können. Am Ende<br />

werden sie sich freuen, dass sie mit diesem<br />

Bauprozess nicht nur ein Gebäude,<br />

sondern auch eine Gemeinde aufgebaut<br />

haben, die sich im miteinander Sprechen<br />

und Arbeiten gefunden hat. Oft ist unsere<br />

Missionsarbeit nicht wie ein frischer,<br />

starker Wind, der alles wegfegt, sondern<br />

eher so wie beim Prophet Elias, der dem<br />

Herrn im sanften „Säuseln des Windes“<br />

begegnete.<br />

Abt Anastasius Reiser OSB<br />

geboren 1964 in Sinsheim • Profess<br />

1991 • Priesterweihe 1994<br />

• seit August 2006 Abt von<br />

Peramiho/Tansania


ZUM theMA<br />

10<br />

Was bringt frischen Wind<br />

in die Schule?<br />

erfahrungen am Münsterschwarzacher egbert-Gymnasium<br />

von Hendrik Weingärtner<br />

Bei einem Gang durch die Klassen und<br />

Gänge einer Schule wird schnell deutlich,<br />

dass viele Schüler im Lauf des Jahres in<br />

einen gewissen Alltagstrott verfallen. Langeweile<br />

kommt auf, denn Tag für Tag, Woche<br />

für Woche passiert nichts Neues mehr<br />

und es läuft ständig das gleiche Programm<br />

ab. Der Tagesablauf bleibt unverändert –<br />

Aufstehen, Unterricht, Hausaufgaben, Lernen<br />

und ein wenig Freizeit. Was kann man<br />

dagegen tun? Wie kann in der Schule ein<br />

„frischer Wind“ wehen?<br />

„Willst du auch mal riechen?“: Frischer Wind in der Flasche<br />

Eine Möglichkeit besteht darin, das bestehende<br />

Unterrichtskonzept durch das<br />

Konzept der sogenannten „gebundenen<br />

Ganztagsschule“ zu ersetzen. Hier wird<br />

der Tagesablauf neu rhythmisiert durch<br />

den Wechsel von Fachunterricht, Arbeitsstunden,<br />

Bewegungsphasen und Freizeitangeboten.<br />

Man versucht, den klassischen<br />

Schulalltag aufzubrechen, einen neuen<br />

Wind in das Schulleben einzulassen. Seit<br />

diesem Jahr befi ndet sich auch eine gebundene<br />

Ganztagsklasse am Münsterschwarzacher<br />

Egbert-Gymnasium. Ob sie wirklich<br />

nachhaltig den Schulalltag auffrischt,<br />

wird sich zeigen.<br />

Es gibt jedoch an christlich geprägten<br />

Schulen auch Konzepte, die viel wirkungsvoller<br />

sind als reine pädagogische Neuerungen,<br />

die nur das System ändern. Zum<br />

einen fußt in diesen das Miteinander auf<br />

dem christlichen Menschenbild. Jeder<br />

Schüler wird als ganze Persönlichkeit, als<br />

Ebenbild Gottes gesehen, mit all seinen<br />

Talenten, aber auch mit seinen Schwächen.<br />

Hier ist ein Umgang spürbar, der<br />

eine positive Lernatmosphäre bildet, denn<br />

ein gelungenes Miteinander erleichtert<br />

den Alltag. Begegnungen auf Augenhöhe<br />

zwischen Schülern, sowohl miteinander als<br />

auch mit den Lehrern, sorgen für ein besonderes<br />

Gemeinschaftsgefühl, für einen<br />

„frischen Wind“. Wo Menschen ein gutes<br />

Miteinander pfl egen, dort ist ein solcher<br />

„Wind“ spürbar.<br />

Wir sind gern am EGM<br />

Schüler als Ebenbild Gottes<br />

Zum anderen gibt es darüber hinaus an<br />

christlichen Schulen ein umfangreiches<br />

Zusatzangebot, das sich vom musischen<br />

Bereich (Theater, Chor etc.) bis zum naturwissenschaftlichen<br />

erstreckt. Die Schule<br />

ist hier nicht nur ein „langweiliger Ort“, um<br />

sich Wissen anzueignen. Sie wird vom Lernort<br />

zum Lebensort. Schüler können hier<br />

ihre Talente zeigen, Leistungen erbringen<br />

bei Dingen, die ihnen Spaß machen, und<br />

neue Leute kennen lernen, die man sonst<br />

im Unterrichtsbetrieb nie kennen gelernt<br />

hätte. Wer auf ein solches Zusatzangebot<br />

zugreifen kann, der wird sicher gerne diese<br />

Schule besuchen. Die Leistungen, die dabei<br />

erzielt werden, verändern die Schule<br />

und die Schulfamilie auf lange Zeit. Auch<br />

sie sorgen für einen „frischen Wind“.


11<br />

Theaterspiel am EGM<br />

Die „Giftmischer“ am EGM<br />

Bewusstes Innehalten<br />

Ein gutes Beispiel ist das Oratorienprojekt<br />

„Häfner – eine Entscheidung", das von<br />

einem großen Teil der Schulfamilie des<br />

Egbert-Gymnasiums verwirklicht wurde,<br />

denn die Beschäftigung mit dem Leben<br />

und Sterben des Märtyrerpriesters Georg<br />

Häfner setzte neue Akzente und Impulse<br />

und ermöglichte den Teilnehmern am<br />

Projekt viele bereichernde Begegnungen.<br />

Aber auch Angebote wie Besinnungs- und<br />

Projekttage, die mitten im Schuljahr den<br />

Unterrichtsalltag aufbrechen und bei denen<br />

man sich Zeit nimmt für ein Projekt<br />

oder zur Besinnung für die bevorstehende<br />

Fastenzeit, bereichern den Alltag und frischen<br />

ihn auf. Das bewusste Innehalten,<br />

um neue Kraft zu tanken; die Besinnungstage<br />

für ganze Klassengemeinschaften,<br />

um deren Miteinander zu stärken; das<br />

gemeinsame Arbeiten an Projekten: Dies<br />

alles bringt neuen, bringt „frischen Wind“.<br />

Man braucht kein neues System oder Unterrichtsmodell<br />

zu entwickeln, damit Schule<br />

ein lebendiger Ort des Miteinanders und<br />

des Lernens ist, ein Ort, an dem ein „frischer<br />

Wind spürbar weht“. Es reicht schon ein<br />

Blick auf die Erfahrung christlicher Schulen.<br />

Hendrik Weingärtner<br />

Geboren 1993 • Abitur 2012<br />

am Egbert-Gymnasium • Studium<br />

der Theologie ab Herbst<br />

2012


ZUM theMA<br />

12<br />

Zwischen ruhiger See und<br />

stürmischen Zeiten für die Seele<br />

Die beiden Novizen Bruder immanuel Fuhrmann und Bruder Jakob Brod<br />

berichten über ihre erste Zeit hinter Klostermauern<br />

von Anja Legge<br />

Wir warten auf Bruder Jakob. Schon lange<br />

bevor der Jungmönch um die Ecke biegt,<br />

hören wir seine Schritte auf dem Gang.<br />

„Das ist er“, sagt Bruder Immanuel, ohne<br />

einen Zweifel zuzulassen. „Ich erkenne<br />

ihn an seinem Schritt, an der Art wie der<br />

Habit um seine Beine schlägt“, klärt er<br />

sein fragend dreinblickendes Gegenüber<br />

auf. „Jeder Mönch macht eben seinen<br />

eigenen Wind.“<br />

Seit Sommer 2011 leben Bruder Immanuel<br />

Fuhrmann und Bruder Jakob Brod in der<br />

Abtei Münsterschwarzach. Nach dem Postulat<br />

wurden sie im März 2012 ins Noviziat<br />

aufgenommen und haben sich dafür<br />

entschieden, sich für eine Art Probezeit<br />

auf das Klosterleben einzulassen. Was mit<br />

wenigen dürren Worten gesagt ist, hat im<br />

Leben der beiden jungen Männer so manche<br />

Wellen geschlagen. Bruder Jakob hat<br />

zwar bereits seit einem Besuch im Jahr<br />

2004 gespürt, dass in seinem Leben „irgendwie<br />

das Salz in der Suppe fehlte“. Bis<br />

zum entscheidenden Schritt sollte es aber<br />

noch sieben Jahre dauern. Nur zwei enge<br />

Freunde waren über sein Seelenleben und<br />

seine Entscheidung im Bilde, die Familie<br />

habe etwas geahnt, in der Firma jedoch<br />

habe die Nachricht „eingeschlagen wie<br />

eine Bombe“, so Bruder Jakob. „Man hatte<br />

mich damals zu einem Gespräch eingeladen,<br />

in dem ich meine Gehaltwünsche äußern<br />

durfte, ich war etabliert, hatte beste<br />

Aufstiegschancen ... und dann das ... Ohne<br />

Vorwarnung die große Welle. Ich gehe ins<br />

Kloster.“ Als der erste „Schock“ überstanden<br />

war, seien die Reaktionen jedoch sehr<br />

positiv und wohlwollend gewesen und sind<br />

es bis heute geblieben.<br />

Ähnlich und doch ganz anders sah es im<br />

persönlichen Umfeld von Bruder Immanuel<br />

aus. Durch seine Arbeit in der Hochschulpastoral<br />

Mannheim führte er ein spontanes,<br />

studentisches Leben. „Viele meiner<br />

Freunde hätten mit Hamburg oder Berlin<br />

als nächster Station gerechnet und waren<br />

deshalb erstaunt, als ich ihnen meinen Entschluss,<br />

ins Kloster zu gehen, mitgeteilt<br />

habe“, erinnert er sich. Meine Eltern haben<br />

es geahnt, weil sie wussten, dass ich das<br />

Konzept Kloster als sehr stimmig empfi nde“.<br />

Auf der Suche nach Mehr<br />

Und doch bedeutete das Leben im Kloster<br />

gerade für Immanuel eine große Umstellung.<br />

So seien die festen Dienst- und<br />

Gebetszeiten für ihn anfangs ungewohnt<br />

gewesen. Auch Telefon, Internet und Fernsehen<br />

musste er auf ein Minimum reduzieren.<br />

Neu war für den Novizen auch die<br />

kaum vorhandene Privatsphäre: „Bei aller<br />

Weitläufi gkeit ist das Kloster manchmal<br />

sehr eng. Das ist ein komprimiertes Dorf, in<br />

dem wir Tür an Tür leben.“ Immanuel nahm<br />

sein neues Leben an und fühlte sich schon<br />

bald sehr wohl in Münsterschwarzach: „Ich<br />

bin auf der Suche nach dem Mehr und mit<br />

einer großen Neugier hierher gekommen.“<br />

Rasch hat er festgestellt, dass er viele Dinge<br />

aus seinem bisherigen Leben einfach<br />

nicht braucht. Erstaunt war er, dass mit<br />

dem Herunterfahren der äußeren Geschäftig-<br />

und Betriebsamkeit noch lange keine<br />

Ruhe im Inneren einkehrte: „Als die äußere<br />

Ruhe da war, habe ich plötzlich die inneren<br />

Stürme viel bewusster wahrgenommen“,<br />

erzählt Immanuel. Die innere Unruhe sei<br />

schließlich in Selbsterforschung und neue<br />

Selbstwahrnehmung gemündet: „Ich lerne<br />

mich gerade sehr viel tiefer kennen.“<br />

Br. Immanuel (links): „Ich hab’s gerne ein bisschen stürmisch“, sagt Bruder Immanuel<br />

Fuhrmann. „Der Sturmwind bläst durch, macht frei und lässt es in mir still werden.“<br />

Br. Jakob (rechts): Bruder Jakob mag „schönen Regen“: Ich liebe das Plätschern,<br />

den Duft und das Aufatmen der Natur.“<br />

Auch Bruder Jakob ist „ohne großartige<br />

Erwartungen“ nach Münsterschwarzach<br />

gekommen: „Ich habe keine Heiligen erwartet<br />

und so wurde nach meinem Eintritt<br />

auch keine rosarote Wolke zerstört.“ Seine<br />

ersten Erfahrungen waren die der „ruhigen


13<br />

See“. Das Postulat war für ihn vor allem<br />

eine Zeit der Ruhe, des Ankommens und<br />

Einfühlens in die Klostergemeinschaft.<br />

Momente, in denen ihm der Wind hart<br />

ins Gesicht schlägt, gibt es dennoch immer<br />

wieder: So sei es zwar „sehr entlastend,<br />

wenn einem alle Entscheidungen<br />

abgenommen werden und man von jeder<br />

Verantwortung frei ist“. „Doch wenn mir<br />

jemand mit meinen 30 Jahren einen Staubsauger<br />

erklärt oder Anweisungen gibt,<br />

wie ich das WC zu putzen habe, ist das<br />

schon hart.“ In solchen Momenten richtet<br />

Bruder Jakob den Blick bewusst auf sich<br />

selbst, um dann das aufkommende Gefühl<br />

der Freiheit zu genießen, denn: „Ich habe<br />

mich in völliger Freiheit dafür entschieden,<br />

hier zu leben!“<br />

Rückenwind<br />

Szenen wie diese sind für die beiden Novizen<br />

lediglich kleinere Windböen im Klosteralltag.<br />

Im Großen und Ganzen machen<br />

sie die Erfahrung ruhiger See und erleben<br />

jeden Tag aufs Neue die wohltuende und<br />

kräftigende Wirkung eines beständigen<br />

Rückenwinds: „Das brüderliche Miteinander<br />

ist ein kostbarer Schatz, der uns trägt<br />

und an dem wir weiterbauen wollen“, betont<br />

Jakob. Jakob und Immanuel wollen<br />

dazu gerne ihre eigenen Begabungen,<br />

ihren eigenen neuen Wind einbringen.<br />

Bis es soweit ist, wird es allerdings noch<br />

ein wenig dauern. Denn als Novizen sind<br />

die beiden zunächst einmal Ankommende<br />

und Lernende. „Momentan verändern wir<br />

uns selbst“, sagt Bruder Immanuel: „Bevor<br />

wir den Blick auf die Gemeinschaft richten<br />

können, müssen wir mit uns selbst im<br />

Reinen sein.“<br />

Wer nun glaubt, das Leben im Kloster<br />

bewege sich nur in ruhigem Fahrwasser,<br />

der irrt gewaltig; auch hinter den schützenden<br />

Klostermauren ziehen zuweilen<br />

Immanuel und Jakob: „Den richtigen Wind zur rechten Zeit“ sowie „die Fähigkeit diesen Wind<br />

anzunehmen“ – das wünschen sich Bruder Jakob und Immanuel für ihre eigene Zukunft und die<br />

der Abtei Münsterschwarzach.<br />

dunkle Wolken auf, wird die Stimmung entzündlicher,<br />

ja können Unwetter entstehen.<br />

„Meteorologisch betrachtet kommt es zu<br />

Stürmen, wenn verschiedene Luftschichten<br />

aufeinander treffen oder die Luft durch<br />

Täler kanalisiert wird“, sagt Bruder Immanuel.<br />

„Genauso ist das auch im Kloster, wo<br />

unterschiedliche Charismen und Temperamente<br />

aufeinander treffen. Da wir durch<br />

die Klostermauern enger zusammenrücken<br />

müssen und einander bei Unstimmigkeiten<br />

nicht einfach aus dem Weg gehen können,<br />

kann es eben auch mal kräftig grollen“,<br />

erzählt er vielsagend schmunzelnd. Oft<br />

dauert es aber nicht sehr lange, bis die<br />

Luft wieder klar wird: „Beim gemeinsamen<br />

Chorgebet spüren wir, dass wir bei aller<br />

Verschiedenheit alle aus einem Grund<br />

hier sind und in eine Richtung blicken,<br />

nämlich auf Gott.“<br />

Anja Legge<br />

Geboren 1973 in Würzburg •<br />

Studium der Germanistik und Romanistik<br />

(Französisch und Italienisch)<br />

in Würzburg und Avignon<br />

• 1998/1999 Staatsexamen für<br />

Lehramt an Gymnasien • verheiratet, zwei Kinder<br />

• seit 2000 als selbständige Journalistin<br />

in Würzburg tätig.


ZUM theMA<br />

14<br />

Auf den Sturm folgt die Ruhe<br />

P. Fidelis ruppert OSB über den geistlichen Kampf<br />

„Der Teufel ging hin und erregte in ihm einen<br />

Sturm der Gedanken.“ Das ist ein zentraler<br />

Satz in der Lebensbeschreibung des<br />

heiligen Antonius, des ersten bekannten<br />

Mönches, der um 453 in Ägypten gestorben<br />

ist. Er hatte alles verlassen und war<br />

in die Einsamkeit der Wüste gezogen,<br />

um mit Gott allein zu sein. Das war für<br />

ihn zunächst eine ganz beglückende Erfahrung.<br />

Je ruhiger es aber wurde, desto<br />

mehr Lärm entstand in seinem Innern.<br />

Gefährliche Begegnungen<br />

Normalerweise denkt man, dass Mönche<br />

und Nonnen ein ruhiges Leben führen, in<br />

der Klausur ihres Klosters oder eben in<br />

einer Wüste oder ganz allein auf einem<br />

hohen Berg. Das stimmt ja auch. Aber das<br />

ist nur die eine Seite. In der Lebensbeschreibung<br />

des heiligen Benedikt heißt es:<br />

„Als er allein war, war auch der Versucher<br />

da.“ Es gibt auch den Spruch: „Da fl oh einer<br />

in die Wüste, um mit Gott allein zu sein,<br />

und siehe da, er begegnete dem Teufel,<br />

beziehungsweise sich selbst.“<br />

Die Wüste – Ort der Ruhe<br />

Eigentlich wird hier eine allgemein menschliche<br />

Erfahrung beschrieben. Wenn man<br />

allein ist und in die Ruhe kommt, dann können<br />

sich von innen allerhand Stimmen und<br />

Gefühle melden, die man bisher verdrängt<br />

hat. Deshalb meiden viele Menschen das<br />

Alleinsein und die Stille. Sie lenken sich<br />

ab, sie beschäftigen sich ständig mit etwas,<br />

damit die unangenehmen Dinge nicht<br />

hoch kommen. Eigentlich sind sie auf der<br />

Flucht vor sich selbst.<br />

Sehnsüchte und Ängste<br />

Diese Gedanken und Gefühle waren bei<br />

Antonius so heftig, dass es heißt, es sei<br />

geradezu ein Sturm von Gedanken und<br />

Gefühlen in ihm aufgebrochen. Und was<br />

waren das für Themen? Es waren Sehnsüchte<br />

aus seinem vergangenen Leben: die<br />

Erinnerung an frühere Lebensführung – er<br />

stammte nicht von armen Leuten – , die<br />

Erinnerung an gutes Essen und Trinken,<br />

an Feste, an die Familie, an Freunde und<br />

Freundinnen und an all die Möglichkeiten,<br />

die er „in der Welt“ gehabt hatte und weiter<br />

hätte haben können. Und es waren<br />

Ängste vor der Zukunft: die Angst, krank<br />

zu werden vor lauter Askese, die Angst,<br />

das alles ein Leben lang durchhalten zu<br />

müssen und vieles andere mehr.<br />

Was hat er dann gemacht? Es hieß, der Teufel<br />

habe ihm diese Gedanken eingefl üstert.<br />

Die alten Mönche sagen, dass schlechte<br />

Gedanken und Gefühle von Teufeln oder<br />

Dämonen angestachelt werden, gute Gedanken<br />

und Gefühle aber von Engeln. Es<br />

gibt moderne Comics, in denen dargestellt<br />

wird, dass zum Beispiel jemandem auf der<br />

einen Schulter ein Teufelchen sitzen hat,<br />

auf der anderen ein Engelchen, und beide<br />

reden auf das arme Opfer ein. Beide Stimmen<br />

wollen sich Gehör verschaffen und<br />

Einfl uss nehmen.<br />

Hin- und hergerissen<br />

Wir können jetzt mal die Bilder von Engeln<br />

und Teufeln beiseite lassen und uns<br />

erinnern, dass wir das kennen: dass da ja<br />

oft „zwei Seelen – ach – in meiner Brust“<br />

wohnen, wie es in Goethes Faust heißt. Da<br />

gibt es oft diese beiden Stimmen in uns,<br />

die uns hin- und herzerren. Da sind wir auf<br />

jemanden zornig und wissen gleichzeitig,<br />

dass wir liebevoll sein sollten und es auch<br />

wollen, oder wir haben Angst vor etwas<br />

oder jemandem und möchten doch lieber<br />

Gottvertrauen und Zuversicht haben.<br />

Was haben die alten Mönche dann gemacht?<br />

Die haben sich ein Bibelwort gesucht,<br />

das die positive Stimme verstärkt<br />

hat. Wenn sie zum Beispiel Angst hatten,<br />

vor was oder wem auch immer, dann nahmen<br />

sie etwa den Psalmvers: „Der Herr ist<br />

mit mir, ich fürchte mich nicht; was können<br />

Menschen mir antun.“ Oder: „Ich fürchte<br />

kein Unheil, Du bist ja bei mir.“ Manchmal<br />

hilft das sofort; dann ist der Fall erledigt.<br />

Oft sitzt die Angst aber tiefer. Deshalb<br />

sagen die Mönche, man solle solch ein<br />

Wort mit sich nehmen, es oft wiederholen,


15<br />

es gleichsam wiederkauen, bis es in Fleisch<br />

und Blut übergeht und unser inneres Bewusstsein<br />

prägt.<br />

Wohin schaue ich?<br />

Es gibt auch den anderen Ansatz: Ich<br />

erinnere mich an das Wort des Apostels<br />

Paulus „Christus lebt in mir“(Galater 2,20).<br />

Die Mönche sagen dazu, dass Christus wie<br />

in einem inneren Heiligtum in uns wohnt.<br />

Es geht darum, sich immer wieder daran<br />

zu erinnern, damit sich daraus ein inneres<br />

Vertrauen entfalten kann. Wenn ich nun<br />

merke, dass ein negativer, aggressiver oder<br />

verführerischer Gedanke in mir aufsteigt,<br />

dann kann ich mich erinnern, dass nicht nur<br />

dieser negative Impuls in mir ist, sondern<br />

dass ich dort drinnen auch meinen Christus<br />

fi nden kann. Und die Frage ist dann:<br />

„Auf wen höre ich? Wohin schaue ich?“<br />

Wenn ich mich allmählich auf Seine Gegenwart<br />

einlassen kann, wird es in mir<br />

ruhiger. Vielleicht ist dann das Problem<br />

schon gelöst und das, was mich umtreibt,<br />

verschwindet; oder aber ich habe jetzt eine<br />

innere Ruhe, sodass ich mich mit diesem<br />

Problem auseinandersetzen kann, ohne<br />

Angst zu haben und ohne mich von diesem<br />

Problem überrumpeln zu lassen.<br />

Die Gotteserfahrung<br />

Es ist die Erfahrung der alten Mönche und<br />

auch vieler Menschen nach ihnen: Wenn<br />

man immer wieder so mit dem inneren<br />

Phantasievoll stellt der Isenheimer Altar von Matthias Grünewald den Kampf des hl. An tonius<br />

mit den Gedanken dar.<br />

Gedankensturm umgeht, kommt man allmählich<br />

in eine innere Ruhe, so ähnlich<br />

wie wir manchmal Menschen bewundern,<br />

die mitten in großer Aufregung oder in<br />

einem Durcheinander die Ruhe nicht verlieren,<br />

weil sie einen inneren Halt haben.<br />

Aus dieser Ruhe heraus kann man dann zu<br />

einem vertieften Beten und immer größerer<br />

Gotteserfahrung kommen. Außerdem<br />

wird man aus dieser inneren Ruhe heraus<br />

auch friedlicher mit anderen Menschen<br />

umgehen können. So kann man im Laufe<br />

des Lebens lernen, mitten im Sturm in<br />

einem inneren Frieden zu bleiben.<br />

Diese innere Auseinandersetzung nennt<br />

man in der Tradition den geistlichen Kampf,<br />

der niemals ein Streiten mit anderen meint,<br />

sondern eine innere Auseinandersetzung<br />

mit sich selbst. Es ist ein geistlicher Kampf,<br />

weil er in der Kraft des Heiligen Geistes,<br />

in der Kraft Gottes gekämpft wird, also in<br />

der Kraft des gegenwärtigen Christus und<br />

seines Geistes.<br />

Literatur:<br />

Fidelis Ruppert,<br />

Geistlich kämpfen<br />

lernen. Benediktinische<br />

Lebenskunst<br />

für den<br />

Alltag.<br />

Münsterschwarzach<br />

2012, 205 Seiten,<br />

gebunden, mit<br />

Schutzumschlag,<br />

14,5 x 22 cm, ISBN 978-3-89680-812-7<br />

Psalm 91 – Bedrängnis Christi Stuttgarter Psalter<br />

P. Fidelis Ruppert OSB<br />

Geboren 1938 in Plankstadt<br />

• Profess 1960 • Priesterweihe<br />

1964 • Von 1982 bis<br />

2006 Abt der Abtei Münsterschwarzach<br />

• Ab 2006 Kurse und geistliche<br />

Begleitung


ZUM theMA<br />

16<br />

Fluten erheben ihr Brausen…<br />

erfahrungen mit Naturgewalten in Ostafrika<br />

von Bruder Thomas Morus<br />

Bertram OSB<br />

Macht der Gewitter<br />

Es war Regenzeit. Ich kam vom Garten<br />

und ging hoch zur Abtei. Über Peramiho<br />

türmten sich dunkle Wolken in den Himmel<br />

und kündeten vom bevorstehenden<br />

Regen. Aber heute war es anders, denn die<br />

Wolkentürme gingen höher und höher. Die<br />

Luft zitterte und gegen Mittag entlud sich<br />

ein heftiges Gewitter über dem Land. Es<br />

goss in Strömen, aber ich war im Trockenen<br />

und beobachtete, wie sich der Regenmesser<br />

vor meinem Zimmer füllte. Also lief ich<br />

mit Öljacke, Regenschirm und Eimerchen<br />

hinaus und leerte das Messgerät aus. Unterhalb<br />

der Jacke prasselte der Regen auf<br />

meine nackten Beine. Diese Prozedur wiederholte<br />

sich dreimal und innerhalb von<br />

30 Minuten erreichte die Regenmenge<br />

117 Millimeter. Alles stand unter Wasser,<br />

und als ich kurz nach dem Gewitter in das<br />

Gartental ging, sah ich dort eine Seenlandschaft.<br />

Die Wucht der Wassermassen hatte<br />

die Gemüsebeete abgeräumt und den<br />

Drahtzaun samt Betonpfosten im unteren<br />

Garten umgewalzt. Ich blickte betroffen<br />

zum Himmel. Dort blitzte die Sonne wieder<br />

durch die Wolken, als wolle sie das Chaos<br />

auf der Erde anschauen. An diesem Abend<br />

ging die Sonne, als wäre nichts gewesen, in<br />

einem wolkenlosen Himmel unter.<br />

Erhabenheit des Windes<br />

Gewitterwolken über Peramiho<br />

Tansaniaflagge am Schiffsmast<br />

Lustig fl atterte die Flagge von Tansania<br />

am Top unseres Katamaran-Schnellbootes<br />

auf dem Weg nach Sansibar. Mit 70 Stundenkilometern<br />

schoss unser Boot über<br />

den Indischen Ozean und mir wurde im<br />

Innenraum des Schiffes reichlich mulmig.<br />

So verabschiedete ich mich und ging<br />

nach hinten auf die offene Plattform. Ich<br />

lugte um die Schiffsecke und genoss das<br />

Schauspiel, wie das Schiff voll die Wellen<br />

schnitt und das Wasser hoch aufspritzte.<br />

Das musste ich in einem Foto festhalten<br />

und so lehnte ich mich über das Geländer,<br />

die Kamera im Anschlag. Eine schöne,


17<br />

große Welle kam, das Wasser schäumte auf<br />

und ehe ich mich versah, hatte die Gischt<br />

mich voll erwischt. Kamera, Kopf und Brust<br />

des Fotografen waren pitschnass. So eine<br />

Schweinerei. Gott sei Dank trocknete der<br />

warme Fahrtwind meine Sachen bis zur<br />

Ankunft in Sansibar.<br />

Hier erlebte ich eine zweite Begegnung mit<br />

Wind und Meer. Wir saßen am Ras Shangani,<br />

dem Kap der Altstadt von Sansibar.<br />

Es war Abend geworden und vom Hafen<br />

kamen gemächlich die Dhaus angesegelt,<br />

um nach Bagamoyo oder Daressalaam zu<br />

fahren. Wie in alten Zeiten, nur vom Wind<br />

getrieben, fuhren die Schiffe um das Kap<br />

zum Festland. Die Sonne ging langsam unter<br />

und ab und zu wurde sie von einem der<br />

großen Lateinersegel verdunkelt. Es war<br />

ein Bild von Ruhe und Erhabenheit. Nur leise<br />

drang die Taarabmusik der Sansibari an<br />

mein Ohr und passte sich dem Wiegen der<br />

Schiffe an. Da fi el mir Goethe ein mit dem<br />

Satz: „Verweile doch, du bist so schön!“<br />

Tödliche Gefahren<br />

Dhaus segeln um das Ras Shangani<br />

Anfang der 80er Jahre bekamen die Schwestern<br />

von Mbinga Besuch von daheim. Zwei<br />

Abiturientinnen hatten sich aufgemacht,<br />

um ihre Verwandten in Ostafrika zu besuchen.<br />

Wir organisierten eine Fahrt zum<br />

Nyassasee. Leider bekam eine der jungen<br />

Damen Malaria, aber sie wollte unbedingt<br />

mitfahren. So fuhren wir zu sechst an den<br />

See, der mit seinen 600 Kilometern Länge<br />

eher einem Meer glich. Dort tollten wir im<br />

warmen Wasser und die frisch Genesene<br />

saß dabei am Strand. Die Verlockung, doch<br />

zu Baden, war zu groß, und so ging ich<br />

mit ihr ins seichte Wasser. Die anderen<br />

pausierten gerade am Strand. Da sah ich<br />

langgezogene Wellen auf uns zukommen<br />

und ich tauchte unter jeder Welle durch.<br />

Als ich mich aufrichtete, war meine Begleiterin<br />

verschwunden. Ich schaute zum<br />

Strand – nichts. Angst, ja Panik überfi e-<br />

len mich. Da sah ich sie einige Meter von<br />

mir unter Wasser. In solchen Situationen<br />

entwickelt man ungeahnte Kräfte und ich<br />

zerrte die junge Dame unsanft an Land.<br />

Die anderen hielten es erst für Spaß, dann<br />

wurde die Situation schnell klar und gemeinsam<br />

holten wir sie ins Leben zurück.<br />

Nicht so glimpfl ich ergeht es Jahr für Jahr<br />

den Fischern am See. Mit einigen unterhielt<br />

ich mich, als wir die Aktion „Fischernetze“<br />

durchführten und die Fischer von<br />

uns neue Netze bekamen. Tückische Wellen,<br />

vielleicht ein bisschen Alkohol im Kopf<br />

und die hohen, unberechenbaren Wellen<br />

nach Seebeben fordern ihre Opfer unter<br />

den Fischern. Mit diesen Gefahren für Leib<br />

und Leben müssen sie in ihrem Einbaum<br />

rechnen. Kein Wunder, dass der heilige Petrus<br />

der Patron der Fischer ist, der selber<br />

ertrunken wäre, hätte ihn Jesus nicht bei<br />

der Hand genommen.<br />

Wellen am Strand vom Nyassasee<br />

Br. Thomas Morus Bertram OSB<br />

Geboren 1954 in Göttingen •<br />

Profess 1985 • Diplom-Agraringenieur<br />

• Tansania 1981 – 1984 und<br />

1987 – 2001. Seit 2001 Mitarbeit<br />

in der Missionsprokura


ZUM theMA<br />

18<br />

Das Meer als Fenster zu Gott<br />

Für europäer ist es meist Urlaubserinnerung, für Afrikaner oft noch<br />

reich der Dämonen – eine ganz andere erfahrung<br />

von Pater Christian Temu<br />

Für einen Europäer ist das Meer der Inbegriff<br />

von Weite, Erholung, Urlaub … Die<br />

Menschen in Europa leben mit der Natur,<br />

den Jahreszeiten und den Elementen, sie<br />

lieben das Blau des Ozeans, das Spiel des<br />

Windes mit den Wellen, das sich wandelnde<br />

Bild der Küste unter dem Gang der Jahreszeiten.<br />

Bei uns in Afrika ist das anders. Ein<br />

Afrikaner liebt die Natur nicht besonders.<br />

Im Gegenteil, denn die Natur kann hier<br />

sehr unfreundlich, rau und lebensfeindlich<br />

sein. Die Menschen leiden unter Wetter-<br />

Extremen, unter zu viel Regen oder Sonne,<br />

das Land ist riesig und öd, in den Wäldern<br />

leben wilde Tiere. Mit dem Meer kommt<br />

ein Afrikaner meist nur dann in Berührung,<br />

wenn er als Fischer arbeitet. Das Meer ist<br />

für ihn eine reine Erwerbsquelle. Sicherlich<br />

hat sich das in den vergangenen zwanzig<br />

Jahren ein wenig geändert; vor allem<br />

Studenten nutzen das Meer zur Erholung<br />

und verändern damit auch die Einstellung<br />

der Einheimischen. Doch vor allem bei<br />

den Älteren sind Angst und Aberglauben<br />

noch immer weit verbreitet. In islamisch<br />

geprägten Ländern gehört der Ozean gar<br />

in das Reich der Dämonen, die den Menschen<br />

bedrohen, ihm Angst machen.<br />

ter mir. Völlig perplex fragte ich meinen<br />

Sitznachbarn: „Was ist das da unten?“ Der<br />

Mann neben mir lachte und erklärte mir,<br />

dass dies das Meer sei und der Wind tanzende<br />

Wellen auf das Wasser zaubere. Als<br />

ich dann am Strand stand, stand ich mit<br />

offenem Mund da und staunte. Ich spürte<br />

den Wind, der mir ins Gesicht blies, ich<br />

fühlte und schmeckte das Wasser wie ein<br />

kleines Kind. Für mich war dieser Tag ein<br />

großer, ein wichtiger Tag. Ich fühlte mich<br />

glücklich, durch und durch glücklich.<br />

Seitdem liebe ich das Meer. Es ist für mich<br />

eines der größten Wunder und Geheimnisse<br />

unseres Planeten. Insofern war es für mich<br />

ein ganz besonderes Geschenk, dass ich<br />

zwei Jahre als Pfarrer der St. Pauls Gemeinde<br />

in Mtwara verbringen durfte. Die Stadt<br />

im Südosten Tansanias liegt wunderschön<br />

am Indischen Ozean. Wie überall in Tansania<br />

hat die Küste auch hier unterschiedliche<br />

Gesichter: Traumhafte Sandstrände<br />

wechseln sich mit felsig-rauen Küstenabschnitten<br />

und Mangrovenbewuchs ab.<br />

Unergründlich tief<br />

Als ich in Mtwara ankam, konnte ich nicht<br />

schwimmen. Warum auch? „Das Wasser<br />

wurde für die Fische geschaffen, nicht für<br />

Dich!“, sagte mein Mitbruder P. Philibert<br />

zu mir. Heute ist Schwimmen für mich ungeheuer<br />

wichtig. Ich genieße es, ins Wasser<br />

zu springen und zu spüren, wie der<br />

ganze Körper vom Wasser umschmeichelt<br />

wird. Jeden meiner freien Tage habe ich<br />

im Urlaubshaus der Benediktiner am Meer<br />

verbracht. Ich saß auf dem Balkon und<br />

habe stundenlang auf das Wasser hinausgesehen.<br />

Blau, blau, blau, unendlich blau,<br />

unermesslich weit, unergründlich tief… Ein<br />

Anblick, an dem man sich niemals satt<br />

sehen kann. Der Blick auf das Meer ist für<br />

uns Menschen wie ein Blick zu den Ster-<br />

Wunder und Geheimnis<br />

Auch für mich war das Meer lange Zeit<br />

etwas völlig Unbekanntes. Ich kannte Flüsse,<br />

Bäche und Seen, aber das Meer? Viele<br />

Menschen, die wie ich aus der gebirgigen<br />

Kilimandscharo-Region im Norden Tansanias<br />

kommen, sehen den Ozean ihr Leben<br />

lang nicht. Ich erinnere mich noch wie heute<br />

an den Tag, als ich – im Alter von 24<br />

Jahren – zum ersten Mal das Meer gesehen<br />

habe. Ich saß im Flugzeug von Daressalam<br />

nach Mtwara und blickte hinaus. Plötzlich<br />

sah ich eine silberne, tanzende Fläche un-<br />

St. Paul in Mtwara


19<br />

nen. Wir fühlen uns klein und unscheinbar<br />

und spüren doch zugleich die Größe und<br />

die Schönheit der Schöpfung und dessen,<br />

der sie geschaffen hat: Gott. Wir Christen<br />

glauben an einen guten, sorgenden Schöpfergott.<br />

Wenn Gott gut ist, kann dann die<br />

Natur etwas Böses sein? Das Meer ist wie<br />

ein Fenster zu Gott, die Begegnung mit<br />

dem Ozean ist eine Erfahrung der Schöpfung<br />

und dessen, der ihn erschaffen hat.<br />

Um schon bei den Jüngsten die Liebe zum<br />

Meer zu wecken und die Schönheit von<br />

Gottes wunderbarer Schöpfung Gottes am<br />

eigenen Leib erfahrbar werden zu lassen,<br />

habe ich jeden Sonntag Nachmittag meinen<br />

Jeep mit Kindern voll geladen und<br />

bin mit ihnen an den Strand gefahren.<br />

Wir haben Schwimmen geübt, am Strand<br />

gespielt und hatten Spaß. Zugleich habe<br />

ich versucht, den Kindern ein Gefühl der<br />

Verantwortung zu vermitteln. Denn am<br />

Meer muss man immer wachsam sein! Ich<br />

selbst habe in den vergangenen drei Jahren<br />

zwei Mitbrüder an das Meer verloren.<br />

Doch das darf kein Grund zu Angst oder<br />

Wut sein. Das ist Teil des menschlichen<br />

Seins. Natur ist immer beides: Schönheit<br />

und Gefahr.<br />

Maji ni Uhai: Wasser ist Leben<br />

Auf diese doppelte Weise begegnet uns<br />

das Meer auch in der Bibel: Im Buch Habakuk,<br />

aber auch in der Geheimen Offenbarung<br />

kommt das Böse aus dem Ozean.<br />

Das Wasser bringt Unheil. Dem wird der<br />

Gang Jesu’ auf dem Wasser entgegen gesetzt:<br />

Indem Jesus auf dem See geht, er das<br />

Wasser unter seine Füße nimmt, erobert er<br />

es, bringt er es unter Kontrolle. Ähnlich ist<br />

es in der Szene vom Sturm auf dem See:<br />

Mit einem einzigen Wort beruhigt Jesus<br />

die Wogen, die eben noch das Leben der<br />

Jünger bedroht haben.<br />

Zugleich steht Wasser in der Bibel immer<br />

auch für Neubeginn: Die Israeliten ziehen<br />

durch das Rote Meer in das gelobte Land.<br />

Bei Jesus wird Wasser stets mit der Taufe<br />

und dem neuen Leben assoziiert. Auch in<br />

meiner Muttersprache Kiswahili gibt es einen<br />

Ausspruch, der in diese Richtung weist:<br />

Maji ni Uhai (Wasser ist Leben), sagen wir.<br />

Um wie viel mehr ist dann ein Ozean Leben?<br />

Pater Christian Temu<br />

geboren 1970 • 1994 in die Benediktinerabtei<br />

Ndanda • Priesterweihe<br />

im Jahr 2004 • 2005 bis<br />

2007 Pfarrer in Mtwara • 2007<br />

wurde er nach St. Ottilien berufen,<br />

wo er zum ersten nicht-deutschen Kongregationssekretär<br />

gewählt wurde • Seit Oktober 2012 studiert<br />

P. Christian in England Pastoraltheologie.


ZUM theMA<br />

20<br />

Wind – Schlüsselenergie<br />

für die Zukunft<br />

rückbesinnung auf eine unerschöpfliche Kraft<br />

von P. Christoph Gerhard OSB<br />

Wer schon einmal mit dem Fahrrad gegen<br />

den Wind gefahren ist, der hat dessen<br />

abbremsende Kraft sehr unmittelbar zu<br />

spüren bekommen. Umgekehrt ist es eine<br />

Erholung, die beschleunigende Energie des<br />

Windes im Rücken zu haben und mit großer<br />

Leichtigkeit in die Pedale treten zu können.<br />

So leicht auch die Luft an sich ist, so stark<br />

kann die Wirkung des Windes sein. In der<br />

bewegten Luft steckt eine große Menge<br />

an physikalischer Energie, da die bewegten<br />

Luftmoleküle sehr viel Bewegungsenergie<br />

mit sich tragen.<br />

Der Wind zeigt sich zwar nicht unmittelbar<br />

unseren Augen, da wir die Luft nicht sehen<br />

können. Doch wir können den Wind an<br />

seiner Wirkung an den Dingen beobachten:<br />

Wie er Gräser, Sträucher und Bäume<br />

beugt und ins Wiegen bringt. Und wir spüren<br />

ihn an uns selbst: wie sein Hauch uns<br />

Menschen über die Haut und durch die<br />

Haare streicht, wie er uns in der Hitze des<br />

Tages Kühlung verschaffen kann und wie<br />

er die schönen Drachen im Herbst steigen<br />

lässt. Mit den Luftdrachen, die im Grunde<br />

nur einfach aufgespannte Segel sind, haben<br />

wir schon eine einfach Nutzung der<br />

Windkraftenergie, denn durch den Wind<br />

wird die Schwerkraft überwunden, und der<br />

Auftrieb, der durch den Wind verursacht<br />

wird, bringt die schönen leichten Gebilde<br />

in die Lüfte.<br />

Wann der Mensch angefangen hat, die<br />

Kraft des Windes für sich auszunutzen,<br />

ist nicht ganz klar. Es gibt aber Hinweise<br />

darauf, dass schon in der Steinzeit die Menschen<br />

Segel aufspannten, um mit einem<br />

Boot schneller über das Wasser fahren zu<br />

können als es alleine mit Rudern möglich<br />

gewesen wäre. Schon im alten Ägypten<br />

vor über 5.000 Jahren wurde diese Technik<br />

immer weiter verfeinert und hat sich bis in<br />

unsere Zeit bei den großen Windjammern<br />

zur Perfektion entwickelt.<br />

Windräder schon im Altertum<br />

Aber nicht nur auf See nutzte der Mensch<br />

die Energie des Windes. Windräder, die es<br />

sicher schon im Altertum gab, wurden zunächst<br />

zum Pumpen von Wasser eingesetzt<br />

oder trieben einen Mühlstein zum Mahlen<br />

von Getreide an. Auch bei uns in Europa<br />

gehörten Windmühlen nicht nur ins Landschaftsbild<br />

unseres niederländischen Nachbarn,<br />

sondern waren zumindest im norddeutschen<br />

Flachland Bestandteil der vom<br />

Menschen geprägten Kulturlandschaft. In<br />

Europa hat es um 1850 an die 200.000<br />

Windmühlen gegeben, die den Menschen<br />

mit der luftigen Energie versorgte.<br />

Durch fossile Energieträger wie Kohle, Öl,<br />

Erdgas und durch die Kernkraft verlor die<br />

Nutzung der Windkraft in moderner Zeit<br />

Windrad treibt eine Mühle an<br />

fast völlig ihre Bedeutung – bis zur Ölkrise<br />

im Jahre 1973. Die Einsicht, dass alle fossilen<br />

wie nuklearen Quellen endlich sind,<br />

hat wieder zu einer Rückbesinnung auf<br />

die unerschöpfl iche Windenergie geführt.<br />

Letztendlich wird der Wind auch von der<br />

Sonne erzeugt. Denn ihre Wärme ist es,<br />

die das Ungleichgewicht an Luftdruck in<br />

unserer Atmosphäre auslöst und so den<br />

Wind als Druckausgleich von Hoch- zu Tiefdruckgebieten<br />

wehen lässt. Dabei ist meist<br />

die Schwelle von Meer zu Land ein Ort, wo<br />

am meisten und zuverlässigsten der Wind<br />

weht. Vereinfacht gesprochen lässt die<br />

Meeresoberfl äche die Luft weniger durch<br />

die Sonne aufheizen, als dies am Land geschieht.<br />

Dadurch entsteht ein Druckunterschied,<br />

der den Wind in Gang bringt. Die<br />

großen Luftdrucksysteme entstehen noch<br />

einmal auf komplexere Art und Weise.<br />

Aber immer ist der gleiche grundlegende<br />

Mechanismus des Druckausgleiches, der<br />

den Wind wehen lässt.<br />

Abtei ist an<br />

Windrädern beteiligt<br />

In den letzten 40 Jahren wurden neue Arten<br />

von Windmühlen entwickelt, die einen<br />

höheren Wirkungsgrad haben als die historische<br />

Bauweise des 19. Jahrhunderts.<br />

Meist sind die Rotoren mit drei Flügeln<br />

ausgestattet, wie dies auch bei den Windmühlen<br />

im Borringhauser Moor bei Damme<br />

der Fall ist, an dem die Abtei Münsterschwarzach<br />

seit 2001 zu einem kleinen Teil<br />

beteiligt ist. Nachdem die größten technischen<br />

Probleme gelöst waren, konnte die<br />

technische Verfügbarkeit der Windkraftanlagen<br />

auf fast ideale 100-prozentig gesteigert<br />

werden. Der Wirkungsgrad ist über<br />

einen weiten Windbereich hoch und auch<br />

die Lärmbelästigung konnte minimiert<br />

werden. Ein ganz wichtiger Faktor ist der<br />

Standort eines Windrades, bei dem ökono-


21<br />

P. Christoph und P. Deocar in luftiger Höhe im Borringhauser Moor bei Damme<br />

mische, ökologische und auch landschaftsgestalterische<br />

Aspekte bedacht und in<br />

einen Ausgleich gebracht werden wollen.<br />

Dies ist nicht immer einfach. Ein weiteres<br />

Problem ist, dass sich Windmühlen nicht<br />

Windenergie zur Stromerzeugung<br />

immer drehen: Sie brauchen den Wind, der<br />

sie in Bewegung setzt. Damit haben wir<br />

das Problem von einerseits Energieerzeugung<br />

und andererseits Energiebedarf, die<br />

nicht immer zeitlich gleich sind. Ein Grund<br />

dafür, dass Deutschland – und nicht nur<br />

Deutschland – vor der Herausforderung<br />

steht, die Energiewende von fossilen und<br />

atomaren Energien hin zu regenerativen<br />

Trägern mit einem neuen System der Energieverteilung<br />

beantworten zu müssen. Es<br />

braucht neue Stromleitungen und neue Arten<br />

von Stromlastverteilung, das heißt: Wie<br />

bekommt man den erzeugten Strom dorthin,<br />

wo er auch gebraucht wird? Darüber<br />

hinaus wäre es gut, wenn Wege gefunden<br />

würden, um elektrische Energie effi zient<br />

und mit hoher Kapazität zu speichern.<br />

Umweltfreundlich<br />

Dennoch ist unsere zukünftige Stromversorgung<br />

ohne die Windkraft nicht mehr<br />

zu denken. Im Jahre 2011 wurden in<br />

Deutschland 20 Prozent des Stromes aus<br />

regenerativen Quellen gedeckt, davon kamen<br />

alleine 8 Prozent aus der Windkraft.<br />

Annähernd 100.000 Arbeitsplätze wurden<br />

dadurch in den letzten Jahren in unserem<br />

Land dafür geschaffen. In den nächsten<br />

zehn Jahren hofft man, noch einmal die<br />

installierte Leistung an Windkraft zu verdoppeln,<br />

um von den konventionellen und<br />

endlichen Energieträgern weg und mehr<br />

zu einer umweltverträglicheren und regenerativen<br />

Energieversorgung zu kommen.<br />

Windkraftenergie ist damit, neben anderen<br />

Quellen, eine der Schlüsselenergien für<br />

die Zukunft.<br />

P. Christoph Gerhard OSB<br />

Geboren 1964 in Würzburg<br />

• Studium der Elektronik •<br />

Und Theologie, Profess 1989<br />

• Priesterweihe 1996 • Geschäftsführer<br />

der Vier-Türme GmbH •<br />

Cellerar II und Kursarbeit


Betrieb<br />

22<br />

Mehr als nur ein Laden<br />

Im Torhausladen der Abtei Münsterschwarzach erwartet den Besucher<br />

eine erlesene Auswahl fair gehandelter Waren aus aller Welt<br />

von Anja Legge<br />

Zwar führt der erste Weg des Ehepaars<br />

Bernhard aus Schweinfurt stets in die<br />

Abteikirche, danach jedoch geht’s direkt<br />

weiter in den Torhausladen: „Hier kaufen<br />

wir immer Schokolade, Kaffee und unser<br />

Salz“, sagt Frau Bernhard mit einem<br />

Lächeln. Obwohl die beiden Rentner diese<br />

mittlerweile alltäglichen Waren auch<br />

anderswo bekommen, kaufen sie lieber<br />

hier: „Denn da können wir mit unserem<br />

Einkauf noch etwas Gutes tun.“<br />

So wie dem Ehepaar aus Schweinfurt geht<br />

es vielen Kunden. Auch Frau Sachse aus<br />

Hassfurt kommt vier bis fünf Mal im Jahr<br />

hierher. Nach dem Großeinkauf in der<br />

Metzgerei geht sie in den Klosterladen,<br />

„um ein wenig zu stöbern“. Diesmal verliebt<br />

sie sich prompt in einen Sisal-Fußabstreifer<br />

in Katzenform: „Der ist genau das<br />

richtige für meine Nachbarin.“ Neben zahlreichen<br />

Stammkunden – manche kommen<br />

wöchentlich, um bestimmte Lebensmittel<br />

einzukaufen – besucht auch ein großer<br />

Anteil Laufkundschaft den Torhausladen<br />

des Münsterschwarzacher Fair-Handels.<br />

Dazu gehören Kursteilnehmer ebenso wie<br />

Br. Raphael in „seinem Lädele“<br />

Bei dieser Auswahl fällt die Entscheidung schwer<br />

Touristen aus ganz Deutschland. Daniela<br />

Steinbrecher und Michael Sauter aus Gießen<br />

zum Beispiel verbringen ihren Urlaub<br />

in Franken. „Im Vorbeifahren haben wir die<br />

Türme gesehen und sind spontan abgebogen“,<br />

erzählt Daniela Steinbrecher. Nach<br />

dem „Gänsehaut-Erlebnis Abteikirche“ sind<br />

sie „eher zufällig“ im Torhausladen gelandet<br />

und erstehen nun ein paar Specksteinfiguren<br />

aus Kisii/Kenia als Mitbringsel.<br />

Kunsthandwerkliche Produkte<br />

aus über 20 Ländern<br />

Seit 1983 empfängt der Torhausladen den<br />

Besucher direkt im Eingangsbereich der<br />

Abtei. Ziel war es von Anfang an, Waren<br />

aus den benediktinischen Missionsländern<br />

zu fair gehandelten Preisen zu verkaufen,<br />

um so den Produzenten vor Ort ein menschenwürdiges<br />

Leben zu sichern und neue<br />

Perspektiven zu eröffnen. Während es im<br />

Laden anfangs vor allem Ebenholzschnitzereien<br />

der Makonde/Tansania gab, findet<br />

man heute eine mannigfaltige Auswahl<br />

aus dem großen Fair-Handels-Sortiment.<br />

Dieses umfasst neben den traditionellen<br />

Makonde-Schnitzereien unter anderem<br />

phantasievolle Specksteinfiguren aus Kenia<br />

oder Peru, farbenfrohe Keramik aus<br />

Indien oder leuchtende Glaswaren aus<br />

Chile. Die modebewusste Frau findet hier<br />

Tuareg-Schmuck aus Burkina Faso ebenso<br />

wie Ringe aus Peru, Armbänder aus Indien<br />

oder Perlenketten aus Südafrika. Daneben<br />

gibt es stoffverzierte Dosen aus Indien, Ledertaschen<br />

aus Mali, Patchwork-Beutel aus<br />

Burkina Faso und Seidenschals aus Kambodscha.<br />

Je nach Jahreszeit stehen zudem<br />

verschiedenste Krippen und handverzierte<br />

Kerzen im Regal. Alles in allem hält der<br />

Laden kunsthandwerkliche Produkte aus<br />

über 20 Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas<br />

bereit.<br />

Ein wichtiges Segment sind darüber hinaus<br />

auch die Lebensmittel. Dies beginnt<br />

mit den Klassikern wie dem Würzburger<br />

Partner-Kaffee, dem Münsterschwarzacher<br />

Sieben-Zeiten-Tee und der fair gehandelten<br />

Schokolade und reicht bis hin zu Spezialitäten<br />

wie Meersalz aus Südafrika, Pfeffer<br />

aus Togo, Yaconwurzel aus Peru, Amaranth


23<br />

Hier ist für jeden Geschmack etwas zu finden…<br />

aus Südamerika oder dem Münsterschwarzacher<br />

Kräuterlikör von Bruder Abraham.<br />

„Dass einer im Laden steht,<br />

der vom Kloster ist“<br />

„Bei uns findet jeder etwas Passendes“, wirbt<br />

Benediktinerbruder Raphael Hollweck denn<br />

auch völlig zu Recht. Seit 1999 arbeitet<br />

der gebürtige Oberpfälzer im Torhausladen-<br />

Team mit. Bruder Raphael und sein Team mit<br />

Anita Wagenhäuser, Gunda Schneider und<br />

Bruder Joachim Witt kennen ihre vielfältigen<br />

exotischen Waren genau. Mit Geschick, Einfühlungsvermögen<br />

und Sachkenntnis beraten<br />

sie die Kundschaft, empfehlen diese<br />

Cashew-Nüsse oder jene Schokoladensorte.<br />

Über die Jahre hat Bruder Raphael immer<br />

wieder festgestellt, wie wichtig es ist, „dass<br />

einer im Laden steht, der vom Kloster ist“.<br />

Gerade an den Sonntagnachmittagen<br />

könne man immer wieder die Frage hören,<br />

„wo denn nun die 100 Mönche“ sind. Vor<br />

allem ältere Kunden fragen hin und wieder<br />

nach einem Bekannten oder ehemaligen<br />

Mitschüler, der in Münsterschwarzach<br />

eingetreten ist. „Ein Angestellter kann so<br />

etwas einfach nicht wissen“, meint Bruder<br />

Raphael schulterzuckend.<br />

Manche Kunden kommen gezielt, wenn der<br />

Benediktiner im Laden steht. „Viele kennen<br />

mich, schauen, ob ich da bin“, sagt der<br />

gelernte Schlosser, der seinem Gegenüber<br />

stets mit Humor, Charme und Warmherzigkeit<br />

begegnet. Bruder Raphael ist es auch<br />

zu verdanken, dass der Torhausladen nicht<br />

nur ein Laden, sondern auch Kontaktstelle<br />

und Vermittlung ist: Ganz unkompliziert<br />

nimmt er Messbestellungen entgegen,<br />

wenn jemand die Stufen zur Pforte nicht<br />

erklimmen kann, gibt mit einem Lächeln<br />

touristische Informationen rund um die<br />

<strong>Mai</strong>nschleife oder legt einem interessierten<br />

Besucher das Kurs-Programm der Abtei<br />

ans Herz. Für den einen oder anderen ist<br />

der Benediktinerbruder auch schon zum<br />

Seelsorger, Berater, ja sogar zum Beichtvater<br />

geworden. „So mancher erzählt mir im<br />

Gespräch von seinen persönlichen Sorgen<br />

und Nöten“, sagt der Benediktiner, der all<br />

das Gehörte mit ins Gebet nimmt, um es<br />

vor Gott zu tragen.<br />

Auf die Begegnung mit den<br />

Menschen kommt es an<br />

Mit seinen 80 Jahren könnte Bruder Raphael<br />

schon längst im Ruhestand sein.<br />

Doch weit gefehlt! Obwohl er in seiner<br />

mittlerweile schon über 60-jährigen Klosterzeit<br />

viele Stationen durchlaufen hat,<br />

bezeichnet er den Torhausladen als seinen<br />

Lieblingsposten: „Ich genieße die Begegnungen<br />

mit Menschen, mit Jung und Alt,<br />

mit Einheimischen und Fremden. Diese<br />

Begegnungen bereichern mich und halten<br />

mich fit. Und wenn die Leute dann noch<br />

ein bisschen zufriedener aus dem Laden<br />

herausgehen als sie hereingekommen sind,<br />

dann bin ich glücklich!“<br />

Der Torhausladen ist geöffnet:<br />

Montag:<br />

von 14.00 bis 17.30 Uhr.<br />

Dienstag bis Freitag: von 09.30 bis 17.30 Uhr,<br />

Samstag:<br />

von 09.30 bis 12.00 Uhr sowie von 13.00 bis 17.00 Uhr.<br />

An Sonn- und Feiertagen: von 10.00 bis 12.00 Uhr sowie von 13.00 bis 17.00 Uhr.<br />

Von Weihnachen bis Ostern sonntags geschlossen.


PrOJeKt<br />

24<br />

Sauberkeit und Hygiene<br />

Schmutz und Abfall haben in einem Krankenhaus<br />

nichts zu suchen. Das gilt auch<br />

für unser afrikanisches Krankenhaus Peramiho<br />

in Tansania. Alle wissen, dass Unreinlichkeit<br />

die Quelle vieler Krankheiten<br />

ist, gerade in feucht tropischem Klima. So<br />

klar diese Einsicht ist, so schwierig lässt<br />

sie sich in die Lebensgewohnheiten eines<br />

armen Landes umsetzen. Täglich kommen<br />

300 bis 500 Patienten zum Krankenhaus.<br />

Daheim wohnen sie in einfachen Häusern<br />

ohne Strom und Wasser. Im Krankenhaus<br />

müssen sie aber essen, schlafen, sich waschen<br />

und die Toiletten benutzen. Sie erzeugen<br />

also Abfall und Abwasser.<br />

Für diese Menschen hatten wir 1987 eine<br />

Toilette im Ambulanzbereich gebaut. Sie<br />

war einfach ausgestattet und hatte keine<br />

Türen. Inzwischen haben sich die Verhältnisse<br />

verändert. Die Zahl der Patienten<br />

hat sich verdreifacht, die Sauberkeit der<br />

Toiletten entspricht nicht mehr dem Standard<br />

und dem Bedarf. Wir müssen unbedingt<br />

eine neue Toilette bauen. Für diese<br />

wichtige hygienische Maßnahme benötigen<br />

wir 30.000 Euro. Wie dringend dieser<br />

Toilettenbau ist, zeigt sich daran, dass zunehmend<br />

die Außenanlagen vom Krankenhaus<br />

als Behelfstoiletten benutzt werden.<br />

Das bringt uns in diesem Bereich massive<br />

Probleme der Sauberkeit und Hygiene.<br />

Toiletten sind in Afrika Symbole des Fortschritts<br />

und ein Krankenhaus ohne ausreichende<br />

Toiletten ist eher ein Rückschritt,<br />

als ein Fortschritt. So wollen wir möglichst<br />

zügig diesen fehlenden Mosaikstein in unser<br />

Hospital einbauen und benötigen dafür<br />

Ihre Hilfe, damit unser Hospital einen guten<br />

Service für unsere Patienten leisten kann.<br />

Br. Dr. Ansgar Stüfe OSB<br />

Helfen Sie mit,<br />

dieses Hygienehaus für das<br />

Krankenhaus in Peramiho<br />

zu ermöglichen:<br />

- 1 Blockstein kostet 1 €<br />

- 1 Sack Zement kostet 10 €<br />

- 1 Toilettenschüssel kostet 60 €<br />

Stichwort: „HYGIENEHAUS“<br />

Überweisungen bitte auf das Konto:<br />

Konto-Nummer: 301 50 33<br />

Bankleitzahl: 750 903 00<br />

HERZLICHEN DANK<br />

Ihre dankbaren Missionsbenediktiner<br />

von Münsterschwarzach<br />

Die aktuellen Toiletten im Krankenhaus entsprechen nicht den aktuellen Hygiene-Standards und bieten nicht mehr genug Platz für die Patienten.


NAMeN/NAchrichteN<br />

26<br />

Zurück zum Wesentlichen<br />

– rückblick auf 3 Monate Sabbatzeit in der Abtei Münsterschwarzach<br />

„Woran würden wir merken, dass die Sabbatzeit<br />

im Konventsalltag angekommen<br />

ist?“, war eine der ersten Fragen unserer<br />

Arbeitsgruppe, als wir mit dem Thema<br />

schon unterwegs waren, längst bevor die<br />

Sabbatzeit “richtig auf den Beinen stand“.<br />

Gegen Ende der Sabbatzeit war es nicht<br />

mehr zu übersehen, wie sie ein fester Bestandteil<br />

unseres Wochentaktes geworden<br />

ist. Die Sabbatzeit hat allen wohlgetan!<br />

Sie führte uns zur Quelle des geistlichen<br />

Lebens – ad fontes – wie es die Väter in<br />

der lateinischen Sprache sagen.<br />

Warum eine<br />

Sabbatzeit halten?<br />

Die beiden Jubiläumsjahre<br />

legten es uns ans Herz neben<br />

den Vorbereitungen für die Feierlichkeiten<br />

vor allem uns selber<br />

zu bereiten. Was ist eine äußere<br />

Feier ohne innere Sympathie<br />

und menschliches Erwärmen für<br />

den gemeinschaftlichen wie den<br />

persönlichen Weg? Wir können<br />

die Jubiläen nur deshalb feiern,<br />

weil wir auf dem Erbe unserer<br />

Väter, sprich aller Mitbrüder, die<br />

hier in ineinander greifenden<br />

Generationen gelebt und gewirkt<br />

haben, stehen. Dabei eilt<br />

die Hilfe Gottes uns voraus und<br />

ermutigt an die eigene Sendung<br />

heute zu glauben.<br />

Was wollte die<br />

Sabbatzeit bedeuten?<br />

Auf den ersten Blick sollte es<br />

um Entschleunigung gehen,<br />

langsamer zu treten, es langsamer<br />

anzugehen, um einen<br />

Mehrgewinn an Zeit, Ruhe<br />

und brüderlicher Gemeinschaft<br />

zu haben. An allen Mittwochen<br />

wurde um 15.00 Uhr die<br />

Sabbatstunde durch die neue<br />

Egbertglocke eingeläutet und publik gemacht:<br />

die Klosterfamilie versammelt sich<br />

am Kaffeetisch! Wo sonst alltäglich die<br />

Begegnungen beim Kaffee fl üchtig sind,<br />

ist Zeit füreinander. In der weiteren Gestaltung<br />

danach gab es verschiedentlich<br />

Programm für den einzelnen wie für die<br />

Gemeinschaft. Wir sollten es uns erlauben<br />

außerhalb der routinierten Zeit andere Formen<br />

von Gebet, Gemeinschaft und Alleinsein<br />

auszuprobieren. An manchen Tagen<br />

trafen sich die Mitbrüder nach dem Kaffee<br />

in Kleingruppen zu Austausch, Gespräch<br />

Innerlich bereiten für die äußere Feier<br />

und Spiel, feierten zusammen das Gotteslob<br />

und die Eucharistie. An anderen Nachmittagen<br />

blieb viel Zeit für den einzelnen,<br />

für Stille, Ruhe, Gebet, Wanderung und<br />

frische Luft, einfach für sich. Die Abende<br />

klangen jeweils still durch eine schlichte<br />

Weise des Betens unseres Nachtgebets aus.<br />

Alltag, Ruhe, Übung, Exerzitien im Alltag<br />

In der Mitte unserer Sabbatzeit angekommen,<br />

nahmen wir die Fastenzeit als<br />

Intensivzeit zum Anlass, vertiefter miteinander<br />

in den geistlichen Austausch zu<br />

kommen. Exerzitien im Alltag<br />

sollten uns den Weg durch einen<br />

Leitgedanken zum Beginn<br />

der neuen Woche bahnen; Exerzitientage<br />

sind nichts anderes<br />

als Übungstage mit dem Lieben<br />

Gott unterwegs. Im Aufnehmen<br />

des Leitgedankens ging es nun<br />

durch den Tag hindurch bis<br />

zum Abend. Den Abschluss einer<br />

Übungswoche bildete der<br />

Austausch in Kleingruppen,<br />

den sogenannten Dekanien der<br />

Klostergemeinschaft. Es gab<br />

Leitgedanken wie: Leben in der<br />

Gegenwart Gottes, Christus im<br />

Bruder, mein Reden und mein<br />

Schweigen, innere und äußere<br />

Reinigung, mein Jesusbild.<br />

Das zuletzt genannte Thema<br />

half uns auf die Zielgerade<br />

der Sabbatzeit zuzugehen, auf<br />

den Höhepunkt der Fastenzeit<br />

mit dem Palmsonntag und der<br />

Karwoche.<br />

Sabbatzeit, Sabbatruhe, Sabbatweg,<br />

Sabbatgemeinschaft!<br />

Durch die kostbaren Erfahrungen,<br />

die uns zum Wesentlichen<br />

unseres Mönchsweges<br />

geführt haben, können wir frohen<br />

Mutes nach vorne schauen.<br />

Es geht darum, unseren Auftrag<br />

als Mönche heute neu zu erkennen<br />

und durch diese Zeit gestärkt<br />

das Notwendige zu tun.


NAMeN/NAchrichteN<br />

27<br />

Ämterwechsel in der Abtei<br />

und in Damme<br />

Neue Prioren und weitere neue Ämter in der Abtei<br />

In der letzten Zeit kam es in der Abtei<br />

Münsterschwarzach zu einigen wichtigen<br />

personellen Veränderungen. Am Fest der<br />

Heiligen Odilia, der Patronin der Kongregation<br />

der Missionsbenediktiner, wurde Pater<br />

Pascal Herold von Abt Michael Reepen<br />

zum neuen Prior ernannt. Damit tritt er<br />

die Nachfolge von Pater Christoph Gerhard<br />

an, der das Amt seit 2004 innehatte und<br />

nun verstärkt in der Klosterverwaltung tätig<br />

sein wird. Als Prior und Stellvertreter<br />

des Abtes ist Pater Pascal jetzt auch ein<br />

wichtiger Ansprechpartner für die Pfarrer<br />

im Umfeld der Abtei, da er die Seelsorgeaktivitäten<br />

der Abtei koordiniert.<br />

Pater Pascal war bislang als Novizenmeister<br />

für die Ausbildung der jungen Brüder<br />

zuständig. Das Amt des Novizenmeisters<br />

übernimmt nun Pater Jesaja Langenbacher,<br />

der durch die jahrelange Leitung der<br />

Jugendarbeit der Abtei bestens vertraut ist<br />

im Umgang mit jungen Menschen, die sich<br />

für das Klosterleben interessieren.<br />

Eine weitere personelle Veränderung gab<br />

es auch in unserem Kloster in Damme. Der<br />

langjährige Missionsprokurator der Abtei<br />

Bruder Stephan Veith ist in das Priorat St.<br />

Benedikt in Damme gewechselt. Im Januar<br />

hat Abt Michael Reepen den gelernten<br />

Steuerberater und geistlichen Begleiter<br />

als Prior des Hauses Damme eingesetzt;<br />

dort leben und arbeiten derzeit acht Benediktiner.<br />

Bruder Stephans Vorgänger<br />

Pater Udo Küpper, der dieses Amt acht<br />

Jahre lang innehatte, hatte den Abt aus<br />

Altersgründen um Ablösung gebeten.<br />

Subprior in Damme ist jetzt Br. Christian<br />

Fechtenkötter. Den neuen Prior erwarten<br />

von Anfang an große Aufgaben: So sollen<br />

Priorat und Gästehaus zunehmend fi nanziell<br />

selbstständig werden. Zudem benötigt<br />

das Kloster nach den Worten von Abt<br />

Michael Reepen ein äußerlich sichtbares<br />

Zeichen für den klösterlichen Charakter;<br />

zentrales Projekt ist deshalb der Bau einer<br />

großen Kapelle. Pater Richard Maria Kuchenbuch<br />

tritt als Missionsprokurator die<br />

Nachfolge von Bruder Stephan. Er ist neben<br />

Prokura und Verwaltung in der Presseund<br />

Öffentlichkeitsarbeit der Abtei tätig<br />

und kümmert sich als Webmaster um den<br />

Internet auftritt der Abtei.<br />

(v.l.) P. Udo Küppert, Br. Stephan Veit und Abt Michael Reepen<br />

läuten in Damme gemeinsam die neue Prior-Ära ein.<br />

(v.l.) Prior Pascal Herold, Abt Michael Reepen und P. Christoph Gerhard


Namen/Nachrichten<br />

28<br />

Gott, der Herr des Lebens, nahm am 18. Februar zu sich in seine ewige Herrlichkeit unseren lieben Mitbruder<br />

P. Basilius Doppelfeld OSB<br />

16 Jahre Redakteur vom „Ruf in die Zeit“<br />

und Missionsprokurator von 1984-2003<br />

Wir, vom Redaktionsteam des „Ruf in die<br />

Zeit“, blicken mit Hochachtung auf die<br />

jahrelange Tätigkeit von Pater Basilius<br />

als Redakteur unserer Zeitschrift, die er<br />

über all die Jahre allein gestaltete. Mit<br />

viel Liebe und Fachwissen brachte er das<br />

Thema unserer Missionsarbeit den Lesern<br />

näher und informierte über weltweite Ereignisse<br />

in den verschiedensten Bereichen.<br />

Wir werden ihm ein Andenken bewahren.<br />

P. Basilius wurde am 19. September 1943 in<br />

Bütgenbach nahe Malmedy/Belgien geboren.<br />

Die Mutter brachte sich vor dem Krieg<br />

in ihrer Heimat in Sicherheit. Ansonsten<br />

lebten die Eltern Josef und Marie-Louise<br />

in Duisburg-Hamborn. Der Vater war Berufsschullehrer,<br />

die Mutter Fremdsprachenkorrespondentin.<br />

Als fünftes von sechs<br />

Kindern wuchs Gerhard Robert, so der<br />

Taufname, im prägenden Elternhaus auf.<br />

1961/62 half er in internationalen Bautruppe<br />

beim Schul- und Internatsbau in<br />

Münsterschwarzach. Diesem Erlebnis folgte<br />

recht bald das Aufnahmegesuch. Abt<br />

Bonifaz Vogel nahm Gerhard Doppelfeld<br />

dann auch am 25. April 1963 ins Noviziat<br />

auf. Dabei erhielt er als Klosternamen den<br />

hl. Basilius zugewiesen.<br />

Nach der Zeitlichen Profess am 29. April 1964<br />

begab sich Fr. Basilius auf den üblichen Studienweg:<br />

Philosophie an der Ordenshochschule<br />

St. Ottilien (1964–65); Theologiestudium<br />

an der Universität Würzburg (1965–<br />

73). Darin enthalten sind auch 1969–70<br />

Studien der Sozialwissenschaften und der<br />

Missionswissenschaft in Münster. Am 23.<br />

Juli 1973 graduierte die Theologische Fakultät<br />

P. Basilius zum Doktor der Theologie.<br />

Inzwischen erteilte ihm Weihbischof Alfons<br />

Kempf am 19. Juli 1969 die Priesterweihe.<br />

Der promovierte Pater sollte sich als<br />

Erstes in den Aufgaben des Abtsekretärs,<br />

des Archivars, des Internatspräfekten und<br />

Religionslehrers bewähren. Danach nahm<br />

Abt Bonifaz die Spur der Promotion und<br />

besonderen Interessen wieder auf. P. Basilius<br />

sollte Missionsprokurator werden,<br />

konkret Nachfolger von P. Wolfgang Zöller.<br />

Das wird in den Akten ausdrücklich so vermerkt,<br />

offensichtlich, weil die Gewichtigkeit<br />

dieser Nachfolge etwas besonderes war.<br />

P. Basilius bereitete sich darauf durch einen<br />

3-jährigen Einsatz in Peramiho, Ndanda<br />

(Tanzania), Nairobi (Kenia) und verschiedenen<br />

afrikanischen Pfarreien vor. Das war<br />

1981–84. Von 1984 bis 2003 gestaltete<br />

er als Prokurator die Münsterschwarzacher<br />

Missionsaktivitäten. Dafür verfasste er immer<br />

wieder Artikel im Ruf in die Zeit um<br />

bei unseren Wohltätern zu werben. Gleichzeitig<br />

war er auch der verantwortliche Herausgeber<br />

dieser Zeitschrift. Über zwanzig<br />

Jahre hat er sich bemüht die Sorgen und<br />

Nöte der Dritten Welt den Menschen in<br />

Deutschland nahe zu bringen. Mit dieser<br />

Verantwortung berief ihn das Generalkapitel<br />

für gewisse Zeit zum Kongregationsrat.<br />

Von einer der Dienstreisen brachte P. Basilius<br />

eine schwere Kopfmalaria mit, die ihn<br />

schon mal an den Rand des Todes brachte.<br />

Über 100 Titel verzeichnet seine Bibliographie.<br />

Dazu kamen noch Lehraufträge,<br />

Vorträge, Kurse und Mitarbeit bei verschiedenen<br />

wissenschaftlichen Gremien. Als<br />

sich 2003 die Anzeichen von Krankheit<br />

verdeutlichten, gab P. Basilius sein Amt<br />

in andere Hände. In der kleinen Gemeinschaft<br />

unseres Priorates St. Benedikt/<br />

Damme fand er einen geschützteren Lebensraum.<br />

Dort waren die Aufgaben durch<br />

das Gästehaus und die damit verbundene<br />

Seelsorge beschrieben.<br />

Im August 2008 kehrte er mit fortgeschrittener<br />

Erkrankung in die Abtei zurück. Alle<br />

Schritte der Demenz musste er durchleiden,<br />

aber auch umsorgt und behütet sein<br />

durch die Brüder, Pflegerinnen und Pfleger<br />

unserer Krankenstation. Im Sterben durfte<br />

P. Basilius ein fruchtbares Leben als Missionsbenediktiner<br />

an Gott zurückgeben.<br />

(v.l.n.r.) P. Basilius, Abt Lambert, Br. Thomas Morus und Br. Odo in Peramiho 1988


Namen/Nachrichten<br />

29<br />

Am 22. Januar <strong>2013</strong>, verstarb in der Abtei Peramiho / Tansania unser lieber Mitbruder.<br />

P. Dietram (Alfred) Hofmann OSB<br />

P. Dietram wurde am 13. Oktober 1929 in<br />

Weisbrunn (Diözese Würzburg) geboren. Im Juli<br />

1948 begann das Noviziat in der Abtei Münsterschwarzach,<br />

gefolgt vom Ablegen seiner ersten<br />

Gelübde am 8. September 1949. Nach seinen philosophischen Studien<br />

in der Erzabtei St. Ottilien erhielt P. Dietram seine theologische Ausbildung<br />

in San Anselmo in Rom. Kurz nach seiner feierlichen Profess<br />

wurde er am 4. Juli 1954 in Münsterschwarzach von Bischof Julius<br />

Döpfner zum Priester geweiht. Am 19. April 1959 wurde er nach<br />

Peramiho/Tansania ausgesandt.<br />

Zunächst arbeitete P. Dietram auf verschiedenen Missionsstationen.<br />

Insgesamt 25 Jahre (von 1965 bis 1990) – war P. Dietram im Priesterseminar<br />

von Peramiho beschieden, als Dozent für das Alte Testament<br />

wie auch für Katechese und Predigtunterweisung.<br />

Ein Wesenszug von P. Dietram war seine Verträglichkeit. Bei gelegentlichen<br />

Spannungen innerhalb der Gemeinschaft oder auch in den<br />

Chris tengemeinden wirkte er oft als ausgleichendes Element, wie ihn<br />

auch auf der anderen Seite emotionale und versteckte Kritik verletzen<br />

konnte. Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit zeigte er vor allem dann,<br />

wenn es darum ging, eigene Fehler einzugestehen. Seine letzten Lebensjahre<br />

verbrachte P. Dietram in unserer Infirmerie. Besuchern im<br />

Krankenzimmer fiel auf, dass man ihn oft beim Brevierbeten antraf.<br />

Vom Breviergebet machte er auch früher, als er in vollem Arbeitseinsatz<br />

war, kaum einmal Abstriche.<br />

Gott der Herr rief unseren lieben Mitbruder<br />

P. Bosco (Hermann) Emmerling OSB<br />

zu sich in den ewigen Frieden. Pater Bosco ist als<br />

Hermann Emmerling in Würzburg geboren, sein<br />

Heimatort war Versbach. Von 1953 bis 1957<br />

erlernte er das Schriftsetzerhandwerk bei der Fa.<br />

<strong>Mai</strong>ndruck in Würzburg. Am 21. Juni 1979 verstarb seine Frau Hilde.<br />

Von 1957 bis zu seinem Klostereintritt in Münsterschwarzach im Jahre<br />

1981 war er als Schriftsetzer und Zeitungskorrektor bei der Fränkischen<br />

Gesellschaftsdruckerei in Würzburg tätig. Ende Januar 1981<br />

bat er um Aufnahme in die Abtei. Durch die ewigen Gelübde im Jahr<br />

1985 hat er sich unserer Gemeinschaft auf Lebenszeit angeschlossen.<br />

Am 29. April 1989 wurde er im Würzburger Dom von Bischof<br />

Paul Werner Scheele zum Priester geweiht. Ab September 1992 war<br />

er ein begeisterter und begeisternder Kaplan und Seelsorger der<br />

Pfarrei Stadtschwarzach und in den umliegenden Dörfern mit ihren<br />

Filialkirchen. Im Jahre 2007 wechselte er in die Münsterschwarzacher<br />

Niederlassung, dem Priorat St. Benedikt in Damme im Oldenburger<br />

Land über. Dort war er im Gästehaus und in der Seelsorge tätig, die<br />

letzten zwei Jahre als Seelsorger im Krankenhaus von Damme.<br />

Der Herr lohne seinen treuen Dienst für unsere Gemeinschaften mit<br />

der ewigen Freude.<br />

Br. Johannes Weiß OSB<br />

50 Jahre Profess am 4. <strong>Mai</strong><br />

geboren am 30. September 1938 in Löffelstelzen (Bad Mergentheim) im <strong>Mai</strong>n-Tauber-Kreis.<br />

Nach dem Besuch der Volksschule in Löffelstelzen und der Landwirtschaftsschule in Bad Mergentheim war er von 1952<br />

bis 1961 im elterlichen Betrieb tätig.<br />

1961 Klostereintritt in Münsterschwarzach. Am 4. <strong>Mai</strong> 1963 war seine zeitliche Profess und am 17. Juni 1966 hat er sich<br />

durch die ewigen Gelübde für immer unserer Abtei angeschlossen.<br />

Im Kloster absolvierte er eine Lehre als Geflügelzüchter, die er 1970 mit bestem Erfolg als Geflügelzuchtmeister abschloss. Von 1961 bis 1977<br />

war Bruder Johannes in unserem Hühnerhof und Geflügelzuchtfarm tätig. Dann gab es in seinem klösterlichen Leben eine neue Aufgabe. Er<br />

wurde im Juliusspital in Würzburg zum Altenpfleger ausgebildet und als staatlich geprüfter Altenpfleger hatte er beste Voraussetzungen für<br />

seine neue Aufgabe, er wurde Krankenbruder auf der Krankenstation des Klosters. Mit großem Einsatz und Hingabe pflegte er die kranken und<br />

alten Mitbrüder. Für diesen nicht leichten Dienst rund um die Uhr sagen ihm seine Mitbrüder auch heute noch ein herzliches Vergelts Gott.<br />

Bruder Johannes feiert in diesem Jahr auch noch seinen 75. Geburtstag. Aber trotz des schon lange überfälligen „Rentenalters“ erklärte er<br />

sich im Jahre 2008 bereit, in unser Priorat Damme im Oldenburger Land überzusiedeln. Er lebt nun in der dortigen Gemeinschaft und macht<br />

sich noch mit vielen Aufgaben nützlich und ist für die dortigen Mitbrüder in der kleinen Gemeinschaft eine große Hilfe.


DANK<br />

30<br />

Liebe Freunde und Helfer<br />

der Aktion „Schulbänke“<br />

Der Traum ist wahr geworden. Auf unseren<br />

Spendenaufruf für die Schulbänke im Süden<br />

von Tansania gab es ein reges Echo.<br />

Nicht nur Einzelspender wie Priesterjubilare<br />

und Geburtstagskinder, sondern auch<br />

Schulen und Gruppen haben sich aktiv an<br />

dieser Aktion beteiligt. Eine Gruppe soll<br />

stellvertretend für sie genannt werden: die<br />

Georgspfadfi nder von Stadtschwarzach erreichten<br />

mit ihrer Sammelaktion den tollen<br />

Betrag von 6.850 Euro. Ihnen und allen<br />

Spendern sagen wir an dieser Stelle ein<br />

herzliches Vergelts Gott, oder in Swahili<br />

„ASANTE SANA“!<br />

Auf meinen vielen Reisen durch dies<br />

ostafrikanische Land fi el mir beim Besuch<br />

von Schulen immer wieder auf, wie mühsam<br />

die Kinder dem Unterricht folgen müssen,<br />

wenn sie keine Schulmöbel haben. Etwas,<br />

was für uns selbstverständlich ist, ist<br />

in anderen Teilen der Welt nicht Standart.<br />

Kinder sitzen auf dem Boden und müssen<br />

dort mitschreiben, wenn sie Papier und<br />

Bleistift oder Kugelschreiber haben, was<br />

jedoch nicht immer der Fall ist.<br />

So hat sich Bruder Markus aus der Abtei<br />

Ndanda im Südwesten von Tansania die-<br />

ser Sache angenommen. Zusammen mit<br />

afrikanischen Schreinern konzipiert er den<br />

Ausbau vieler kleiner Schulen und hilft so<br />

den Kindern, besser das Wissen aus der<br />

Schule mit nach Hause zu nehmen. Denn<br />

das wissen wir seit langem: „Was ich geschrieben<br />

habe, kann ich getrost nach<br />

Hause tragen“.<br />

So danken Ihnen die vielen jungen Menschen<br />

aus Tansania und ganz besonders<br />

Ihr Bruder Thomas Morus Bertram OSB<br />

Joyce dankt allen Wohltätern für Ihre Spende.<br />

Hier läßt es sich gut schreiben: Auf den gespendeten Schulbänken


Sturm am Kilimanjaro<br />

Bahati, Matata und Kati saßen im Nähkästchen und<br />

suchten nach einem Brief oder Zettel, der ihnen heute<br />

passen würde, denn sie wollten sich damit die Langeweile<br />

vertreiben. Plötzlich hatte Bahati einen Luftpostbrief<br />

in der Hand mit einer Marke aus Tansania.<br />

Vorsichtig nahm sie das dünne Luftpostpapier heraus<br />

und begann zu lesen: „Im Herbst 1989 starteten wir zu<br />

Nach dem Staubsturm<br />

Der Kilimanjaro im Morgenlicht<br />

dritt unsere Safari von Peramiho, im äußersten Südwesten<br />

des Landes. Wir, das waren zwei Mönche und<br />

Andreas, ein Praktikant. Unser Ziel war der Nordosten<br />

mit den Usambarabergen und dem Kilimanjaro – Afrikas<br />

höchstem Berg. Die Usambaraberge begrüßten<br />

uns mit herrlichem Sonnenschein und wir fanden die<br />

kleinen, blauen Usambaraveilchen im Urwald.<br />

Dann ging es Richtung Kilimanjaro. Wir rechneten damit,<br />

ihn schon von weitem zu sehen, denn immerhin ist<br />

er fast 6000 Meter hoch. Aber Pustekuchen, wir fuhren<br />

und fuhren und sahen nichts. So fuhren wir, ohne den<br />

Berg gesehen zu haben, in unser Quartier bei den Franziskanerinnen<br />

von Maua. Dort erzählten sie uns, dass<br />

der Gipfel oft tagelang in den Wolken war. Pech, so<br />

gingen wir schlafen. Wer beschreibt unsere Freude, als<br />

wir früh am Morgen den Berg im ersten Licht des Tages<br />

erblickten. Gigantisch groß und Schnee bedeckt stand<br />

er vor uns. Ein herrlicher Anblick! Einige Tage genossen<br />

wir die Gastfreundschaft der Schwestern am „Heiligen<br />

Berg“, bis wir uns wieder auf die Socken machten. Wir<br />

hatten die Massaisteppe noch nicht erreicht, als sich<br />

das Wetter dramatisch änderte. Der Himmel verfinsterte<br />

sich und eine rostrote Wand stürmte auf uns zu.<br />

Plötzlich waren wir mitten in einem gewaltigen Staubsturm.<br />

Durch alle Ritzen kam der rote Dreck ins Auto,<br />

und der Sturm rüttelte jaulend an unserem Gefährt.<br />

Mungu wangu – mein Gott, was für ein Tag! Doch so<br />

schnell wie der Sturm kam, verzog er sich wieder. So<br />

hatten wir noch einmal Glück gehabt. Später war die<br />

Luft so klar, als hätte es den Sturm nicht gegeben<br />

und wir hatten einen herrlichen Ausblick in den afrikanischen<br />

Graben und den Manyarasee.<br />

Mit herzlichen Grüßen,<br />

Euer Bruder Athanas Mwanjile OSB<br />

Blick auf den Manyarasee


DAS POrtrAit<br />

32<br />

STECKBRIEF:<br />

Name: Br. Hieronymus Rampendahl OSB<br />

Geboren: 16.04.1934 in Dratum Kreis Melle-Osnabrück<br />

1948 – 1951: Tischlerlehre (Landessieger im Tischlerhandwerk)<br />

1957: Eintritt ins Kloster an Allerheiligen<br />

1959: Zeitliche Profess<br />

1962: Ewige Profess<br />

Arbeit in der Klosterschreinerei<br />

1965: Meisterprüfung als Schreiner<br />

1965 – 1972: Präfekt im Lehrlingsheim<br />

1972 – 1974: Abtei-Sakristan<br />

Seit 1974: Zuständig für die Hausmeisterei der Abtei<br />

In dieser Zeit 14 Jahre lang Celator (Begleiter) der Klosterjugend<br />

Meine Meinung zum Thema dieser Ruf-Ausgabe:<br />

Wolken und Wind, das war das „Lesebuch“ in dem ich mit 12-13 Jahren, aber auch noch als Schreinerlehrling am Abend<br />

gelesen habe. Vor 1948 gab es kaum Traktoren und auf den saftig, grünen Feldwegen hütete ich abends unsere Kühe.<br />

Ich hielt die drei Seile in der Hand und schaute zu den Wolken auf, deren Bewegungen meiner Fantasie freien Lauf ließen.

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