Pinus cembra ssp. sibirica - Sibirien-Exkursion - Christian Siewert
Pinus cembra ssp. sibirica - Sibirien-Exkursion - Christian Siewert
Pinus cembra ssp. sibirica - Sibirien-Exkursion - Christian Siewert
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Steckbrief<br />
Sibirische Zirbelkiefer<br />
(<strong>Pinus</strong> <strong>cembra</strong> <strong>ssp</strong>. <strong>sibirica</strong>)<br />
Autor<br />
cand. Dr. forest. Uwe Klinck<br />
Niedersächsische Forstliche Versuchsanstalt<br />
Grätzelstraße 2<br />
D-37079 Göttingen<br />
Mail: uwe.klinck@nfv.gwdg.de<br />
Telefon: ++49 (0)551/69401-172<br />
Fax: ++49 (0)551/69401-160<br />
URL: http://www.nfv.gwdg.de
Hintergrund<br />
Motivation zur Erstellung dieses Steckbriefs war die Teilnahme an der jährlich<br />
stattfindenden Bodenökologischen <strong>Exkursion</strong> durch Westsibirien vom 02.-26. August<br />
2005, organisiert in Zusammenarbeit von TU Berlin, namentlich Prof. Dr. <strong>Christian</strong> <strong>Siewert</strong><br />
(jetzt TU Weihenstephan) und russischen Wissenschaftlern (Leitung: Dr. Pavel<br />
Barsoukov) verschiedener sibirischer Universitäten (Novosibirsk, Tomsk, Barnaul).<br />
Das oben angeführte Thema wurde deshalb ausgewählt, weil die Sibirische Zirbelkiefer<br />
(Abb. 1) ein Baum von gleichermaßen herausragender Bedeutung für Ökosystem und<br />
Mensch ist. Im Verlauf der <strong>Exkursion</strong> stand <strong>Pinus</strong> <strong>cembra</strong> <strong>ssp</strong>. <strong>sibirica</strong> besonders an<br />
folgenden „key sites“ im Fokus:<br />
−<br />
−<br />
Südliche Taiga, nahe der Ortschaft Plotnikovo<br />
Zentral-Altai, Seminsky-Pass<br />
Taxonomie<br />
Reich: Plantae - Pflanzen<br />
Abteilung: Pinophyta - Nadelholzgewächse<br />
Klasse: Pinopsida<br />
Ordnung: Pinales - Kiefernartige<br />
Familie: Pinaceae - Kieferngewächse<br />
Gattung: <strong>Pinus</strong> - Kiefer<br />
Art: <strong>cembra</strong> <strong>ssp</strong>. <strong>sibirica</strong><br />
Allgemeiner Name: Sibirische Zirbelkiefer<br />
Bei der exakten wissenschaftlichen Ansprache<br />
der Sibirischen Zirbelkiefer existieren einige<br />
Unstimmigkeiten. So wird sie von den Russen<br />
„kedr“ genannt, was aber irreführend ist, denn<br />
das Wort kann auch „echte Zeder“ bedeuten.<br />
Zu den Zedern-Arten bestehen außerdem<br />
keine besonders engen verwandtschaftlichen<br />
Beziehungen.<br />
Häufig wird auch nur von „<strong>Pinus</strong> <strong>sibirica</strong>“<br />
gesprochen, was in der buchstäblichen<br />
Übersetzung „Sibirische Zedernkiefer“<br />
Abb. 1: Sibirische Zirbelkiefer (SIEWERT 2005)<br />
bedeutet. Verwechslungen können auch mit<br />
den mehr als 2.000 km weiter westlich vorkommenden, europäischen Zirbelkiefer-Arten<br />
auftreten. Zudem sind hier noch weitere regionaltypische Bezeichnungen geläufig, u. a.<br />
(SCHIECHTL): „Zirbe“ (Bayern, Österreich), „Zirbm“ (Kärnten), „Zirm“ (Tirol) bzw. „Arve“<br />
(Schweiz).<br />
Wissenschaftlich exakt wird die Sibirische Zirbelkiefer am besten mit <strong>Pinus</strong> <strong>cembra</strong> <strong>ssp</strong>.<br />
<strong>sibirica</strong> angesprochen.<br />
Charakteristik<br />
Die Sibirische Zirbelkiefer ist ein einhäusiger Kernholzbaum, der 20-30 m hoch wächst<br />
und bei einem Lebensalter von 500-700 Jahren einen Brusthöhendurchmesser (BHD) von<br />
1,5-1,7 m erreicht. Vereinzelt vorkommende Exemplare können 1.000 Jahre alt und - bei<br />
BHD’s von 2,0 m - 40 m hoch sein. Dementsprechend ist der jährliche Holzzuwachs<br />
relativ gering (ALTMANN 1949). Junge Schösslinge sind dicht benadelt und zunächst durch<br />
eine kegelförmige Wuchsform gekennzeichnet, die sich später verbreitert und abrundet.<br />
Nur bei freistehenden Bäumen reichen die Äste auch im hohen Alter noch bis zum Boden<br />
herab.<br />
Uwe Klinck: Die Sibirische Zirbelkiefer (<strong>Pinus</strong> <strong>cembra</strong> <strong>ssp</strong>. <strong>sibirica</strong>) 1
<strong>Pinus</strong>-typisch sind die 6-14 cm langen, vergleichsweise weichen Nadeln der Sibirischen<br />
Zirbelkiefer am Grund von einer gemeinsamen häutigen Scheide umgeben (zumindest im<br />
ersten Jahr). Sie stehen buschig und zu fünft an Kurztrieben (NEBEL 1990).<br />
Mindestens 50 Jahre vergehen, bevor ein Baum das erste Mal Blüten ausbildet. Später<br />
geschieht dies i. d. R. aller 2 Jahre. Die dann entstehenden Zapfen sind eiförmig, 5-13 cm<br />
lang, 4-8 cm breit (Abb. 2) und enthalten etwa 1 cm große, nussartige Samen (auch<br />
„Zirbel“- oder „Zedernüsse“ genannt) mit harter Schale. Letztere zeichnen sich sowohl roh<br />
als auch zu Folgeprodukten (Öl, Mehl) verarbeitet durch einen hohen Energiegehalt aus,<br />
weshalb sie mitunter auch als „Brot der Taiga“ bezeichnet werden. Neben 60 % leicht<br />
verdaulichen, ungesättigten Fettsäuren und 20 % Proteinen sind auch zahlreiche,<br />
ernährungsphysiologisch bedeutsame Mineralstoffe (u. a. Eisen, Jod, Kalium, Kalzium,<br />
Magnesium) und Vitamine (u. a. B, E) enthalten (MACHATSCHEK 2004, THÖNS 2004).<br />
Abb. 2: Nadeln und Zapfen (SIEWERT 2004)<br />
Das Holz selbst ist leicht, weich,<br />
harzreich und sehr dauerhaft,<br />
wobei sich der Splint gelblich,<br />
das Kernholz hingegen (hell-<br />
)rötlich und stark nachdunkelnd<br />
präsentiert. Es kann für<br />
Schnitzarbeiten, Vertäfelungen<br />
im Innenausbau und als<br />
Möbelholz Verwendung finden.<br />
Unter den Pilzarten, die sich mit<br />
<strong>Pinus</strong> <strong>cembra</strong> <strong>ssp</strong>. <strong>sibirica</strong><br />
vergesellschaften, ist der<br />
gelegentlich auch als<br />
„Arvenröhrling“ bezeichnete<br />
Zirbenröhrling (Suillus plorans)<br />
wahrscheinlich am bekanntesten<br />
(KELLER 1997). Eher seltener, in<br />
diesem Zusammenhang aber dennoch erwähnenswert sind Elfenbeinröhrling (Suillus<br />
placidus) und Helvetischer Körnchenröhrling (Suillus sibiricus var. helveticus).<br />
Aufgrund der Lichtbedürftigkeit der Sprösslinge kann die natürliche Verjüngung nicht<br />
innerhalb eines geschlossenen Bestandes stattfinden. Sie ist vielmehr hauptberuflich dem<br />
Tannenhäher (Nucifraga c. macrorhynchus) vorbehalten, dessen wichtigste<br />
Nahrungsquelle die Samen der Sibirischen Zirbelkiefer sind. Im Gegensatz zu anderen<br />
Samenfressern legt er seine Vorratsverstecke auch an für den Keimungserfolg günstigen<br />
Stellen (z. B. sonnigen Hängen) weit außerhalb der Waldgrenze an (HOLTMEIER 2002,<br />
mdl. Mitt.: BABENKO 2005). Konfrontiert mit einem breiten Spektrum an möglichen<br />
Standorteigenschaften (z. B. Wasserhaushalt [trocken/nass], Nährstoffverfügbarkeit, ...)<br />
sind die dem Häher und anderen Samenräubern entgehende Sämlinge grundsätzlich sehr<br />
tolerant (mdl. Mitt.: SMOLENTSEVA 2005). Wachstumsbe- bzw. verhindernd wirken sich vor<br />
allem eine niedrige Luftfeuchte und tiefreichende Bodenfröste aus (mdl. Mitt.:<br />
LASHCHINSKY 2005)<br />
Verbreitet zwischen Ural, Ost-<strong>Sibirien</strong> und dem 45. bzw. 68. nördlichen Breitengrad findet<br />
<strong>Pinus</strong> <strong>cembra</strong> <strong>ssp</strong>. <strong>sibirica</strong> ihr eigentliches physiologisches Optimum unter den<br />
Bedingungen der dunklen Taiga. Hier ist allerdings die Tanne konkurrenzfähiger (SCHULTZ<br />
2005). In Siedlungsnähe sind monostrukturierte Wälder aus Sibirischer Zirbelkiefer Folge<br />
von selektiver Rodung oder gezielter Anzucht und Ausdruck der wirtschaftlichen<br />
Bedeutung dieser bemerkenswerten Baumart.<br />
Uwe Klinck: Die Sibirische Zirbelkiefer (<strong>Pinus</strong> <strong>cembra</strong> <strong>ssp</strong>. <strong>sibirica</strong>) 2
Quellen/weiterführende Literatur<br />
ARTMANN, A. (1949): Jahrringchronologische und -klimatologische Untersuchungen an der<br />
Zirbe und anderen Bäumen des Hochgebirges. München - Dissertation.<br />
HANDKE, H. (2000): Rothmaler 1: <strong>Exkursion</strong>sflora von Deutschland - Niedere Pflanzen. 3.<br />
Aufl.; Heidelberg.<br />
HOLTMEIER, F.-K. (2002): Tier in der Landschaft - Einfluss und ökologische Bedeutung.<br />
Stuttgart.<br />
JÄGER, E. (2005): Rothmaler 2: <strong>Exkursion</strong>sflora von Deutschland - Gefäßpflanzen<br />
Grundband. 19. Aufl.; Heidelberg.<br />
KELLER, G. (1997): Mykosoziologische Studie über die Mykorrhizapilze der Zirbe:<br />
Artenspektrum und Sukzession in der hochsubalpinen Stufe der Tiroler Zentralalpen.<br />
Wien.<br />
MACHATSCHEK, M. (2004): Nahrhafte Landschaft 2: Mädesüß, Austernpilz, Bärlauch,<br />
Gundelrebe, Meisterwurz, Schneerose, Walnuß, Zirbe und andere wiederentdeckte Nutzund<br />
Heilpflanzen. Wien.<br />
NEBEL, B. (1990): Lebensdauer und Seneszenz von Nadeln der Arve (<strong>Pinus</strong> <strong>cembra</strong> L.).<br />
Zürich - Dissertation.<br />
SCHIECHTL, H.: Die Zirbe (<strong>Pinus</strong> <strong>cembra</strong> L.) in den Ostalpen. Wien.<br />
SCHULTZ, J. (2005): The ecozones of the world: The ecological divisions of the geosphere.<br />
2. Aufl.; Berlin, Heidelberg, New York.<br />
SMOLENTSEVA, L. et al. (2005): Guide-book for the annual Soil-Ecological Excursion<br />
across Western Siberia. 4. Aufl.; Nowosibirsk.<br />
THÖNS, B. (2004): <strong>Sibirien</strong> entdecken: Städte und Landschaften zwischen Ural und<br />
Pazifik. 3. Aufl.; Berlin.<br />
Außerdem Verwendung fanden:<br />
Mündliche Mitteilungen der die <strong>Exkursion</strong> begleitenden russischen Wissenschaftler:<br />
BABENKO, A.<br />
LASHCHINSKY, K.<br />
SMOLENTSEVA, L.<br />
<strong>Exkursion</strong>smitschrift<br />
<strong>Exkursion</strong>sfotos<br />
Internetauftritt:<br />
www.sibirien.csiewert.de<br />
www.sibirian-expedition.de<br />
Uwe Klinck: Die Sibirische Zirbelkiefer (<strong>Pinus</strong> <strong>cembra</strong> <strong>ssp</strong>. <strong>sibirica</strong>) 3