Leseprobe COLONIA - Shop des Kölner Stadt-Anzeiger
Leseprobe COLONIA - Shop des Kölner Stadt-Anzeiger
Leseprobe COLONIA - Shop des Kölner Stadt-Anzeiger
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Inhalt<br />
Vorwort 6<br />
Einleitung 10<br />
I. Rückblende: Das römische Köln 17<br />
ii. Köln in spätrömischer Zeit 29<br />
iii. Die Franken übernehmen Köln – das Reich der Rheinfranken 41<br />
IV. Köln im Reich der Merowinger 64<br />
V. Romanen und Franken – eine „städtische“ Gesellschaft 83<br />
VI. Civitas Divitia – Deutz im frühen Mittelalter 120<br />
Vii. Die frühen Kirchen in der Colonia 123<br />
Viii. Kirchen und Friedhöfe extra muros 130<br />
IX. Dörfliche Siedlungen der Franken im <strong>Kölner</strong> Raum 158<br />
X. Eine neue Königsdynastie: die Karolinger 176<br />
XI. Karl der Große und Erzbischof Hildebold 187<br />
Xii.<br />
Funde aus der Karolinger- und Ottonenzeit<br />
in der Rheinstadt 203<br />
Xiii. Köln in der späten Karolingerzeit 218<br />
XIV. Vom ostfränkischen zum „deutschen“ Reich 238<br />
XV.<br />
Köln: Bischöfliche Kapitale und europäisches Handelszentrum<br />
– Rückblick und Ausblick 245<br />
Literaturverzeichnis 249<br />
Verzeichnis der Abbildungen 255
Einleitung<br />
Die Franken – Vorläufer der Deutschen?<br />
An einem denkwürdigen Tag <strong>des</strong> Jahres 800 „nach der Fleischwerdung <strong>des</strong><br />
Herrn“ (anno incarnatione Domini, so die lange Zeit vorherrschende mittelalterliche<br />
Jahresangabe) wurde das westliche, das abendländische Kaisertum<br />
begründet, das fast genau 1000 Jahre – bis zum 6. August 1806, als Kaiser<br />
Franz II. die Krone <strong>des</strong> „Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation“ auf<br />
Druck Napoleons ablegte – bestehen sollte.<br />
Am 25. Dezember besagten Jahres 800 ließ sich Karl, der König der<br />
Franken, in Rom zum „Kaiser der Römer“ (imperator Romanorum) krönen.<br />
Bis zu dieser Krönung hatte es nur einen Kaiser gegeben, dieser amtierte in<br />
Konstantinopel; das Reich, das er beherrschte, bestand hauptsächlich aus<br />
Griechenland und Kleinasien und hieß noch immer das Römische Reich<br />
(die Bezeichnung „Byzantinisches Reich“, dem früheren Namen von Konstantinopel<br />
– Byzanz, wie die <strong>Stadt</strong> seit ihrer Gründung hieß – nachgebildet,<br />
ist eine wissenschaftliche Hilfskonstruktion); es galt als legitime<br />
Fortsetzung <strong>des</strong> alten imperium Romanum, auch wenn das Griechische mittlerweile<br />
Amtssprache war und der Kaiser einen griechischen Titel, basileus<br />
Romaion (Kaiser der Römer), führte. Die Herrscher in Byzanz galten seit<br />
dem Untergang <strong>des</strong> Weströmischen Reichs im Jahre 476 auch bei den Königen<br />
der Germanen als Inhaber der höchsten weltlichen Gewalt innerhalb<br />
der Christenheit.<br />
Karl wusste, dass er mit seiner Erhebung zum Kaiser den Hof in Konstantinopel<br />
herausforderte. „Den Hass der römischen Kaiser, die ihm die<br />
Annahme <strong>des</strong> Kaisertitels sehr verübelten, trug er mit großer Gelassenheit,<br />
und mit der Hochsinnigkeit, in der er ohne jede Frage weit über ihnen stand,<br />
wusste er ihren Trotz zu besiegen, indem er häufig durch Gesandtschaften<br />
mit ihnen verkehrte und sie in seinen Briefen als Brüder anredete“, schreibt<br />
Karls Biograph Einhard.<br />
10
1. Reiterstatuette Karls <strong>des</strong> Großen (um 870, Paris, Louvre)<br />
Einen realen Machtzuwachs brachte die Kaiserkrönung ohnehin nicht – auch<br />
als Kaiser gebot Karl über jene Länder, die er seit seinem Regierungsantritt als<br />
rex Francorum im Jahre 768 unter seine Herrschaft gebracht hatte: das Frankenreich<br />
(das das heutige Frankreich, Teile Nordspaniens, die Schweiz, Belgien und<br />
die Niederlande sowie West- und Südwestdeutschland umfasste), die in 30-jährigem<br />
Kampf eroberten sächsischen Gebiete bis zur Elbe, Bayern und Teile<br />
11
Österreichs sowie das Langobardenreich in Oberitalien (einschließlich der Toskana<br />
und <strong>des</strong> Herzogtums Spoleto). Von 801 an führte Karl einen Titel, der<br />
diesem Umstand Rechnung trug: „Karl, allergnädigster, erhabener, von Gott gekrönter,<br />
großer friedebringender Kaiser, der das Römische Reich regiert und der<br />
durch Gottes Barmherzigkeit auch König der Franken und Langobarden ist.“<br />
Karl wurde, soweit wir wissen, am 2. April 748 geboren (als weitere mögliche<br />
Geburtsjahre werden 742 und 747 genannt), wo, ist nicht bekannt. Er war der älteste<br />
Sohn <strong>des</strong> mächtigsten Mannes im Frankenreich, jenes „Hausmeiers“ Pippin,<br />
der 751 der morschen Herrschaft der Merowinger ein Ende setzte und sich zum<br />
König proklamieren ließ. Nach Pippins Tod im Jahre 768 musste Karl sich die<br />
Herrschaft mit seinem Bruder Karlmann teilen, der allerdings schon 771 starb.<br />
In den 43 Jahren seiner Alleinherrschaft führte Karl fast ununterbrochen<br />
Kriege in allen Teilen Europas; sein halbes Leben muss er im Sattel gesessen<br />
haben, wenn es galt, gegen aufrührerische Aquitanier, unbotmäßige Langobarden,<br />
heidnische Sachsen, muslimische Mauren oder räuberische Awaren<br />
zu ziehen. Dass er neben diesen Kriegszügen noch Zeit hatte, sein Reich als<br />
Gesetzgeber, Bildungspolitiker und Wächter <strong>des</strong> Glaubens zu formen, hat<br />
ihm schon zu Lebzeiten den Beinamen „der Große“ eingebracht. Er habe, so<br />
Einhard, „alle Herrscher seiner Zeit an Weisheit und Seelengröße überragt“.<br />
Nach seinem Tod – Karl starb am 28. Januar 814 in Aachen – wurde er zum<br />
Mythos, unzählige Legenden entstanden zu seinem Ruhm, in Frankreich<br />
und in Deutschland; Otto III. ließ im Jahre 1000 sein Grab öffnen, Friedrich<br />
Barbarossa ließ ihn 1165 von einem Gegenpapst heilig sprechen.<br />
Das Nachleben <strong>des</strong> Kaisers hat der Historiker Josef Fleckenstein so beschrieben:<br />
„Hinfort musste ein großer Herrscher wie Karl der Große sein.<br />
Seinem Vorbild eiferten die Könige und Kaiser <strong>des</strong> Mittelalters nach. Er<br />
war der Maßstab, nach dem die Geschichtsschreiber Lob und Tadel verteilten,<br />
und das Volk, das ihn als Helden besang, beschwor ihn zugleich als<br />
Verkörperung von Recht und Gerechtigkeit.“ Heute verbindet man mit Karl<br />
vor allem die „Grundlegung Europas“, Karl gilt als „Vater Europas“ – der<br />
Aachener Karlspreis, um ein Beispiel zu nennen, ist ein europäischer Preis.<br />
Deutsche wie Franzosen berufen sich auf Karl den Großen, auf Charlemagne.<br />
War er Deutscher, war er Franzose?<br />
Die Antwort lautet: Karl war ein Franke.<br />
12
III. Die Franken übernehmen<br />
Köln – das Reich der Rheinfranken<br />
Trotz <strong>des</strong> offenkundigen Mangels an schriftlichen Quellen lassen sich<br />
die Vorgänge und Verhältnisse in der ersten Hälfte <strong>des</strong> 5. Jahrhunderts<br />
einigermaßen rekonstruieren. Vor allem die Erkenntnisse der Archäologie<br />
widerlegen das Bild der Zerstörung, <strong>des</strong> Untergangs, und erzählen die Geschichte<br />
eines Übergangs – in <strong>des</strong>sen Verlauf zwar einiges verloren ging, in<br />
der Summe aber weit mehr erhalten blieb.<br />
3.1. Die Zeit der „Völkerwanderung“ am Rhein<br />
Bereits zu Beginn <strong>des</strong> 5. Jahrhunderts hatten sich die Verhältnisse in den römischen<br />
Provinzen am Rhein erheblich verschlechtert. In der Neujahrsnacht<br />
<strong>des</strong> Jahres 407 hatten Alanen, Sueben und Vandalen den Rhein überschritten,<br />
anschließend waren sie mehrere Jahre lang plündernd durch Gallien und<br />
später durch Spanien gezogen. Die römischen Truppen waren zu dieser Zeit<br />
längst nach Italien beordert worden, wo sie zum Kampf gegen Alarich und<br />
die Westgoten benötigt wurden. 413 nutzten die ostgermanischen Burgunder<br />
das Chaos, um sich, wie überliefert, „in einem Teil Galliens nahe <strong>des</strong> Rheins“<br />
niederzulassen; möglicherweise bildete diese Herrschaft die historische Vorlage<br />
für das Burgunderreich in Worms, einem Schauplatz <strong>des</strong> Nibelungenlie<strong>des</strong>.<br />
Dieses Reich wurde um 437 vom Heermeister Aetius, dem „letzten<br />
Römer“, wie er genannt wurde, mit Hilfe hunnischer Hilfstruppen zerstört;<br />
auch das möglicherweise ein Verweis auf den Untergang der Burgunder im<br />
Nibelungenlied. Die Reste <strong>des</strong> Stammes wurden damals in Savoyen angesiedelt,<br />
der Keimzelle <strong>des</strong> „zweiten“ Burgunderreichs.<br />
Im Jahr 451 unternahmen die Hunnen dann unter der Führung ihres Königs<br />
Attila einen großangelegten Feldzug nach Gallien, <strong>des</strong>sen Ziel die Vereinigung<br />
mit den Vandalen, die Nordafrika beherrschten, und die Vernichtung<br />
<strong>des</strong> Weströmischen Reiches gewesen sein soll. Doch auf den Katalaunischen<br />
41
Feldern in der Champagne wurde ihnen von Aetius Einhalt geboten, der neben<br />
wenigen römischen Legionen vor allem Westgoten und fränkische Verbände<br />
gegen die Hunnen aufbieten konnte.<br />
In der Schlacht trafen rechtsrheinische Franken, die sich Attilas Scharen<br />
angeschlossen hatten, auf Stammesbrüder, die links <strong>des</strong> Rheins siedelten. Attilas<br />
Niederlage habe den Weg frei gemacht für Merowech, den Anführer der<br />
salischen Franken, die auf Seiten <strong>des</strong> Aetius gekämpft hatten – er gilt als Ahnherr<br />
der Merowinger. Sein Sohn Childerich I. sollte bis 481/82 über Gruppen<br />
der salischen Franken herrschen. In den Beigaben seines Prunkgrabes spiegelt<br />
sich das Selbstbewusstsein eines bedeutenden germanischen „Soldatenkönigs“<br />
seiner Zeit beispielhaft wider. Es vermittelt eine konkrete Vorstellung von der<br />
spätantiken Militäraristokratie germanischer Abstammung.<br />
Die Schlacht auf den Katalaunischen Feldern<br />
Es war die größte Schlacht, die im Verlauf der sogenannten „Völkerwanderung“<br />
geschlagen wurde: Am 20. Juni <strong>des</strong> Jahres 451 (so der<br />
Chronist Jordanes, in einer anderen Quelle wird der 20. September<br />
als Datum genannt) standen sich auf dem – wahrscheinlichen –<br />
Schlachtfeld zwischen Troyes und Chalons-sur-Marne, auf dem campus<br />
Mauriciacus, zwei fast gleichstarke Heere mit zusammen etwa<br />
100000 Männern gegenüber (Jordanes spricht von 500000 Kämpfern).<br />
Auf hunnischer Seite stellten Kontingente unterworfener Stämme<br />
die Mehrheit der Truppen: Ostgoten, Gepiden, Heruler, Rugier,<br />
Skiren, Franken, Sarmaten; die hunnischen Reiter bildeten lediglich<br />
das Zentrum. Auf der anderen Seite stand ein ebenso heterogenes<br />
Aufgebot: Römer, Westgoten, Burgunder, Franken, Bretonen, Sachsen<br />
sowie Alanen, um nur einige zu nennen. Im Verlauf der Schlacht,<br />
die von Attila angeblich erst am Nachmittag angenommen wurde,<br />
wurde der König der Westgoten, Theoderich (auch Theoderid genannt),<br />
getötet. Angeblich traf ihn ein Speer, den ein Ostgote geworfen<br />
hatte. Noch auf dem Schlachtfeld wurde Theoderichs Sohn Thorismund<br />
zum neuen König erhoben. Entscheidend für den Ausgang<br />
der Schlacht sollte werden, dass die Gepiden auf Attilas rechtem<br />
Flügel sowie die Ostgoten, die ihren westgotischen Stammesge-<br />
42
Die Franken übernehmen Köln – das Reich der Rheinfranken<br />
27. Europa nach dem Untergang <strong>des</strong> Weströmischen Reichs (476)<br />
43