Braunschweigisches Jahrbuch 49.1968 - Digitale Bibliothek ...
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042519<br />
Das Leben in der Anstalt war dem jüdischen Ritual entsprechend; an Sabbaten<br />
und Festtagen fand kein Unterricht statt. Neben der Ausbildung des Geistes und<br />
der Pflege des Gemüts wurde von der Anstalt die Kräftigung und Abhärtung des<br />
Leibes gefördert durch Turnübungen und Jugendspiele, durch Baden und Schwimmen<br />
(in der Oker bei Groß-Stöckheim), durm warme Brausebäder, durch häufige<br />
Spaziergänge und Ausflüge in den nahen Harz und an die Wes er. An den Winterabenden<br />
durften nach erledigten Smularbeiten Gesellschaftsspiele veranstaltet<br />
werden oder man konnte lesen. Auch gesellige Vergnügungen fanden statt, oder es<br />
wurden Theatervorstellungen in Braunschweig besucht - alles unter Aufsimt bzw.<br />
in Begleitung von Lehrern. Andererseits: jede Sendung von Geld oder Werts amen<br />
sowie von Nahrungsmitteln an die Zöglinge war verboten, da dieselben das Geld<br />
für nötige Ausgaben sowie die Freimarken für ihre Korrespondenz durch die Anstalt<br />
erhielten. Der Briefwechsel war frei und unterlag nicht der Beaufsichtigung durm<br />
die Anstalt. An der Schule bestand u. a. ein Stenographenverein, ein Handfertigkeitsverein,<br />
ein Musikverein, ein Sportklub, und die Jungdeutschland-Bewegung<br />
hatte ebenfalls unter den Schülern sehr viele Anhänger.<br />
Die Smule war bis 1813 einklassig, bis 1843 zweiklassig und danam bis 1871<br />
dreiklassig; von da an erfolgte stufenweise bis 1888 die Erweiterung zu einer semsklassigen<br />
höheren Lehranstalt. - Begabte Smüler der Samsonschule nahmen, als<br />
sich diese noch auf der Kommißstraße befand, an dem Unterricht der gegenüberliegenden<br />
"Großen Schule" (Gymnasium) teil und zählten hier nach dem Urteil<br />
der Gymnasiallehrer mit zu den besten Schülern. Zu diesen gehörte aum Leopold<br />
Zunz, der Begründer der" Wissenschaft zur Geschichte des Judentums", von April<br />
1809 bis Oktober 1811. Seine 1854 ersmienene Schrift "Samuel Meyer Ehrenberg"<br />
war eine Ehrengabe für seinen einstigen Lehrer.<br />
Der Unterricht in den Elementarfächern Deutsch und Rechnen erfolgte in der<br />
einstigen Talmud-Schule in nur 4-5 Stunden wöchentlich.<br />
Nam der Vereinigung der beiden Wolfenbütteler Institute hatten die Leitung<br />
der Samsonschule: Samuel Meyer Ehrenberg 1807-1846, Dr. phi!. Philipp Ehrenberg<br />
1846-1871, Dr. Moritz Rosenstock 1871-1887, Professor Dr. Ludwig Tachau<br />
1888-1919. Danach leitete die Schule zunächst ein Kuratorium. Am 10. Oktober<br />
1927 wurde Herr Dr. Wilhelm Wolfsdorf, zuvor stellvertretender Direktor, zum<br />
Direktor ernannt.<br />
1891 hatte das Braunschweigisme Staatsministerium durch die Initiative des<br />
Direktors Professor Dr. Tamau die Samsonschule als Realsmule anerkannt. 1892<br />
erhielt sie die Berechtigung zur Ausstellung von Zeugnissen für den "Einjährigfreiwilligen<br />
Militärdienst" im deutschen Heere - mit der bestandenen Abschlußprüfung<br />
war das Reifezeugnis für die Obersekunda einer Oberrealschule verbunden.<br />
Waren die jüdismen Schulen anfangs reine Religionssmulen, so hatte sim dieses<br />
Verhältnis schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sehr geändert: jede nächste<br />
Generation bramte von Haus aus einen ganz anderen Geist mit als ihre Eltern und<br />
Voreltern einst für den einseitigen Religionsunterricht. Professor Dr. Tachau suchte<br />
vor allem zu erreichen, daß das Braunschweigische Staatsministerium die Anstalt<br />
der Oberaufsimt einer Behörde unterstellte - Voraussetzung dafür war, daß die