Braunschweigisches Jahrbuch 49.1968 - Digitale Bibliothek ...
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042519<br />
Die Grafschaftt Hanau kann statt aller übrigen zum Beispiehl dienen, was durch<br />
ein solches Collegium, wann es aus redlichen, der Commercien und Manufacturen<br />
rechtkündigen und deren Aufnahme ernstlich suchenden Männern bestehet, auszurichten.<br />
Es ist dieselbe, wie bekandt, durch den Krieg so oft von Freund und Feinden<br />
totaliter ruiniret und endtlich fast von allen Einwohnern entblöpet worden, über<br />
dem auch noch mit so vielen Schulden beladen gewesen, dap mensch-[soJ lichem<br />
Ansehen nach, es fast unmöglich geschienen, derselben wieder aufzuhelfen.<br />
Bei welchen desperaten Umbständen dann des jetzigen Grafen Mutter 66), als<br />
sie die Vormundschaft ihrer beiden Söhne 67) angetreten, eine recht heroische Resolution<br />
ergriffen und hat, da sie in Frankreich des Krieges halber sich aufhalten<br />
müssen, folglich daselbst eine Liebe zu solcher Nation, absonderlich zu deren<br />
Gewerbe gewonnen, nicht nur alle und jede, so der Religion halber damahls vertrieben<br />
worden, sondern auch andere Frembde aufgenommen. Nicht weniger denen<br />
Fabricanten, Künstlern und Handwerkern durch promulgirte Edicte, grosse Privilegia<br />
versprochen, selbigen auch allen Vorschub zu Anbauung guter Häuser, wozu<br />
sie die Risse selber verfertigen lassen, und Anlegung nütz- [srJ licher Fabriquen<br />
gethan.<br />
Dero behuef sie dann alle ihre Geschmeide und Pretiosa verkauft, als hin und<br />
wieder, wo sie nur gekont, etlicbe Tonnen Goldes gegen Versetzung aller ihrer noch<br />
übrigen Ämbter aufgeborget.<br />
Und ob woll einige V ormundschafts-Rähte ihr darin gewaltig widersprochen:<br />
So hat sie doch als eine Tochter des Pfaltzgrafens von Birkenfeld sich durch Hülfe<br />
der schwedischen Autorität zu machen gewust, ohne sich an jener Widerspruch zu<br />
kehren: Vielmehr mit deren Ausschliepung ein Commercien-Collegium angeordnet,<br />
mithin durch dasselbe so viel ouvriers von allen Orten herbeigelocket, [52Jauch<br />
so viel schöne Manufacturen errichtet, folglich in den 22 'Jahren, da sie die Vormundschaft<br />
geführet, nicht nur alle versetzte Ämbter reluiret und die Grafschaft völlig<br />
ausser Schulden, sondern auch in solchen erwünschten Flor gesetzet, das selbige nunmehro<br />
für eine der reich esten, sowie die Stadt Hanau für eine der schönsten und<br />
nahrhaftesten Städte im Reiche mit passiren kann.<br />
Der jetzige Graf, ihr Sohn 68), hat mir dieses selber erzehlet, und seine propre<br />
Hofhaltung giebt genugsahm zu erkennen, wie einträglich sein Land dermahlen<br />
sein müsse.<br />
Er wird dir gerne, wann du es verlangest, so woll die gantze Einrichtung von<br />
solchem Commercien- und Manufactur-Collegio, als auch zugleich einen erfahrenen<br />
Mann [53J daraus überschicken, der dir darunter beiräthig sei, gestalt er mir solches<br />
118) Anna Magdalena, geb. Pfalzgräfin bei Rhein, (Tochter des Pfalzgrafen Christi an I.<br />
von Birkenfeld) 1640-1693. Vermählt mit Johann Reinhard, Graf von Hanau. Sie übernahm<br />
die Regentschaft 1666.<br />
87) Philipp Reinhard, 1664-1712. Johann Reinhard, 1665-1736.<br />
8S) Johann Reinhard, seit 17Il regierend in Hanau.<br />
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