Braunschweigisches Jahrbuch 49.1968 - Digitale Bibliothek ...
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042519<br />
Der Geh ei m b t e Rah t L ü d eck e n 29) besitzet eben die Capaeitat wie<br />
der Cantzier, und es lässet sich nicht woll entscheiden, wer von beiden der geschickteste<br />
sei. (16J Nur daß Lüdecke in Negotiis Publicis auf gewisse Maße was voraus<br />
hat, als worin er wegen seines sonderbaren Talents, die Leute in seine Vertrauligkeit<br />
zu ziehen, ungemein nützlich zu gebrauchen. In der Neunten Chur-Sache hat er<br />
sich bei den Congressen SO) dadurch in solche Hochachtung gebracht, daß alle<br />
Gesandten gleichsahm nur auf ihn alleine sahen. Nur mögte man an ihm aussetzen,<br />
daß er ein wenig tür den Nepotismum incliniret und derowegen in dubiis, wo man<br />
zur Verp,rößerung des Hauses etwas risquiren muß, nicht Resolution genug hat, aus<br />
Beisorgen, es mögten Unruhen im Lande entstehen; doch findet er sich, wann er<br />
überstimmet wird und applici - [17 J ret sein: Dixi! Im übrigen ist keiner geschickter<br />
als er, den verschobenen Karren wieder ins rechte Gleis zu bringen, und überhaupt<br />
ein Mann von großen Meriten.<br />
Der Bar 0 n von Im hof f 31) hat, nebst der Gnade des Kaiserlichen Hofes,<br />
einen recht bewunderswürdigen Zele für die Vergrößerung des Hauses. Nichts ist<br />
ihm lieber als dieses und die Gelegenheit, wo er zur Aufnahme der Commercien und<br />
Manufacturen, nicht weniger dieStädtevolkreicher und denMilitair-Etat formidabler<br />
zu machen, etwas beitragen kann. Er scheint auch zur Marchandise recht gebohren<br />
zu sein, [18 J und hat auf seinen Reisen sich damit was rechtes erworben. Im übrigen<br />
ist er eben kein grosser Orator noch Stiliste. Gleichwoll weiß er die Materialia zu<br />
einer Sache vortrefflich anzugeben, wann nur jemandt ist, der sie recht ausarbeitet;<br />
weswegen der Cantzier insonderheit für seine Sentiments sehr portiret ist.<br />
Solange nun dieses Ministerium so beisammen bleibet, werden unter der Hülfe<br />
Gottes alle Sachen gut gehen, und keine Verdrießligkeiten dich beunruhigen;<br />
woferne aber dasselbe entweder durch Todesfälle oder sonsten zertrennet werden,<br />
und insonderheit der Ober-Marchall vorbeikommen 32) solte, so wird es lediglich<br />
darauf ankommen, wie du das Werk fassest, und ob du [19J so glücklich bist, die<br />
abgegangenen Stellen, fürnehmlich aber das Cammer-Directorium, dergestalt wieder<br />
'Zu besetzen, als es deine eigene Ruhe und des Landes W ollfahrth erfodert.<br />
Oberlege demnach solches vorher desto sorgfältiger je mehr dir daran gelegen,<br />
und siehe dich ja woll für, wen du wählest, damit du hernach deine WaM nicht<br />
bereuen müßtest.<br />
Zwar dürfte der von M ü n c h hau sen 331) alsdann woll sehr nach dem<br />
Cammer-Directorio aspiriren und keine finessen spahren, dir die weiche Seite darunter<br />
abzugehen. Ich überlasse es aber deiner Klugheit, ob es zu wagen und nicht<br />
") Urban DietridI (v.) Lüdecke, 1655-1719, ab 1698 Geh. Rat, ab 1718 Kanzler.<br />
30) Bei den Konferenzen, die am 19. und 1l.4. 1701 die VergleidIe zwisdIen den welfisdIen<br />
Linien über die Anerkennung der hannoversdIen Kurwürde und die lauenburgisdle Erbsdlaft<br />
zustande bradlten.<br />
31) Rudolph Christian Frh. v. Imhoff, 1660-1716, Geh. Rat, Oberhofmeister, Kammerpräsident;<br />
vermittelte, katholisdl geworden, 1705 zu Wien die Verlobung der Enkelin des<br />
Herzogs Anton Ulridl, Elisabeth, mit dem späteren Kaiser Kar! VI.<br />
82) Sterben.<br />
33 a) S. Anm. 16.<br />
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