Braunschweigisches Jahrbuch 49.1968 - Digitale Bibliothek ...
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042519<br />
Das Testament gliedert sich in drei inhaltlich nicht immer konsequent voneinander<br />
getrennte Teile: die "Anrede", die" Väterliche Instruction" und die "Politischen<br />
Maximen".<br />
Eines der ernstesten Anliegen des Herzogs war es, daß seine Söhne in Eintracht<br />
miteinander leben möchten; in der "Anrede" ermahnt er August Wilhelm eindringlich,<br />
ein gutes Einvernehmen mit Ludwig Rudolf 12 zu suchen. Diese Ermahnungen<br />
erklären sich aus den bitteren Erfahrungen, die Anton Ulrich mit seinen Brüdern<br />
gemacht hatte. Sein Verhältnis zu seinem jüngeren Bruder Ferdinand Albremt, für den<br />
er nur mitleidigen Spott übrig hatte, war sehr gespannt 13), und aum die gemeinsame<br />
Regierung mit Rudolf August war von dauernden Reibereien und Eifersüchteleien<br />
schwer belastet. Es war wohl vor allem Anton Ulrichs empfindlicher Stolz, sein<br />
Mißtrauen und seine geradezu krankhafte Furcht, vor der Welt nichts zu gelten,<br />
die ihm den Umgang mit den Menschen und besonders seinem älteren Bruder schwer<br />
machte. Der Herzog gesteht dies jedoch nicht ein und sucht in seinem Testament<br />
die Schuld nie bei sich, gibt nicht zu, daß er und Rudolf August den jüngeren Bruder<br />
übervorteilten, als sie ihn nach dem Tod des Vaters aus Wolfenbüttel verdrängten,<br />
gesteht sich auch nicht ein, daß er seine geistige Überlegenheit gegen den unbedeutenderen<br />
Rudolf August ausspielte, sondern behauptet immer wieder, es seien Dritte<br />
gewesen, die sich zwischen ihn und seine Brüder gedrängt hätten und stellt sich selbst<br />
- ein typischer CharakterL.ug Anton Ulrichs - als völlig unschuldig hin. Um seinen<br />
Söhnen ähnliche Mißhelligkeiten zu ersparen, war auf Anton Ulrichs Betreiben in<br />
einem Familienvertrag vom 30. Januar 1690 die Herrsmaft Blankenburg aus dem<br />
Fürstentum Wolfenbüttel ausgeschieden und Ludwig Rudolf zugesprochen<br />
worden 1'). In der "Anrede" sucht der Herzog diesen Smritt zu rechtfertigen, wohl<br />
aus der Sorge, daß August WilheIm, der zwar zugestimmt hatte, nach dem Tode des<br />
Vaters die Regelung, die dem Primogeniturgesetz von 1535 widersprach 15), rümgängig<br />
machen könnte. Aus der dringlichen Bitte, doch ja denen kein Gehör zu<br />
schenken, die die Überlassung Blankenburgs an Ludwig Rudolf als eine Bevorzugung<br />
des jüngeren Sohnes auslegen und zum Mittel machen könnten, die Brüder auseinander<br />
zu bringen, spricht Anton Ulrichs Sorge um die Eintracht im Hause, und die<br />
eigenen Erfahrungen erklären die Ausführlichkeit, mit der er diese Fragen behandelt.<br />
In der" Väterlichen Instruction", die Anton Ulrich seinem Sohn "als ein Arcanum<br />
Politicum annoch hinterlassen •.. " will, sucht er auf die Politik seines Namfolgers<br />
durch praktische Ratschläge und eine Analyse der eigenen Politik Einfluß<br />
zu nehmen. In ruhiger Argumentation und einem feinen Abwägen von Vor- und<br />
Nachteilen, stellt er seinem Sohn zunächst seine Minister vor. Hier verrät sich viel<br />
12) Ludwig Rudolf, 1671- 1735.<br />
13) Ferdinand Albrecht, 1636-r687. Er wurde mit der Herrschaft Bevem an der Wes er<br />
abgefunden. Anton Ulrich nannte den Bruder nur den Herzog von Zittern und Bebern.<br />
11) Die Grafschaft Blankenburg am Harz kam 1599 im Erbgang an Wolfenbüttel, wurde<br />
durch Familienvertrag vom 30. Januar r690 als selbständige Herrschaft Llldwig Rudolf<br />
zugesprochen und am I. Mai 1707 vom Kaiser zum Reichsfürstentum erhoben. VgI. Heinemann,<br />
a. a. 0., Bd. 3, S. 247.<br />
11) VgI. M a t t he s, Dieter: Der braunschweigische Primogeniturstreit von 1535 und<br />
die Gefangenschaft Herzog Wilhelms. In: <strong>Braunschweigisches</strong> <strong>Jahrbuch</strong> 47, 1966, S. 5-51.<br />
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