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Braunschweigisches Jahrbuch 49.1968 - Digitale Bibliothek ...

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042519<br />

Aufgaben seines Nachfolgers an, alle Kräfte des Fürstentums darauf zu konzentrieren,<br />

sich seinen Anteil zu sichern. Für diese Aufgabe allerdings war das Land in<br />

keiner Weise gerüstet. Außer den wenig verbindlichen Beziehungen, die man zum<br />

Kaiser und zu Rußland durch die Heiraten der Prinzessinnen Elisabeth Christine 8)<br />

mit dem späteren Kaiser Kar! VI. 17°8 und Charlotte Christine mit dem Sohn Peters<br />

des Großen, Aleksej 7), 1711 angeknüpft hatte und von denen sich der Herzog sehr<br />

viel versprach, hatte Wo]fenbüttel wenig vorzuweisen: die Finanzen des Landes<br />

waren durch hohe Verschuldung schwer belastet, der Zustand der Truppen war<br />

~icht anders als katastrophal zu bezeidmen, und um die Wirtschaft des Landes war<br />

es nicht besser bestellt. Die dringlichsten Anliegen waren somit eine Verstärkung<br />

der Truppen und die Hebung der Wirtschaft bei gleichzeitiger Abtragung der<br />

hohen Schuldenlast.<br />

Diese Probleme hatte der Kanzler Anton Ulrichs, Probst von Wendhausen 8),<br />

dem Herzog schon in einem Promemoria vom 28. Oktober 17139) sdlonungslos<br />

auseinandergesetzt. Es zeugt von der Einsicht des Fürsten, daß er nicht nur die<br />

Berechtigung der Kritik anerkennt und sich die Vorschläge Wendhausens zu eigen<br />

macht, sondern sie seinem Sohn ausdrüddich als Grundlage für eine erfolgreiche<br />

Politik anempfiehlt, obwohl das Bild, das der Kanzler in diesen "Pia Desideria" von<br />

den Zuständen im Fürstentum entwirft, alles andere als schmeichelhaft für Anton<br />

Ulrich ist. Zwar verteidigt er den Herzog gegen direkte Angriffe und stimmt auch<br />

für die geplante Truppenerhöhung 10), muß aber doch zugeben, daß" Was ••• die<br />

Landes-Oeconomie anlanget: So ergiebet... leider die tägliche Erfahrung, daß<br />

sowohl in hiesigen Städten, als auf dem Lande, ein universeller Geld-Mangel. Es ist<br />

auch nicht zu leugnen, daß die Unterthanen durchgehends a proportion ihrer Einnahme<br />

sehr viele Ausgaben haben, weshalber es dann freilich wohl unbarmhertzig<br />

und unverantwortlich scheinen möchte, wann man sie, bei ihrem so merdllichen<br />

Zurüdlkommen, ohne Noth, noch mehr zu erschöpfen begehrte ••. " 11). Anliegen<br />

der Denkschrift ist es, durch detaillierte Vorschläge zur Besserung der Lage im<br />

Fürstentum beizutragen; auf diese Ratschläge bezieht sich Anton Ulrich immer wieder<br />

und macht sie sich ganz zu eigen. Die Schrift ist somit eine wichtige Ergänzung<br />

zum Testament und wird deshalb hier mit herangezogen.<br />

') Elisabeth Christine, 1691-175°. Tochter LudwigRudolfs, zweitem Sohn Anton U1richs.<br />

Karl VI, 1685-174°, seit 17II Deutscher Kaiser.<br />

7) Charlotte Christine, 1694-1715. Tochter Ludwig Rudolfs. Peter I. (d. Gr.), 1672 bis<br />

1725, seit 1685 Zar. Alekse;, 1690-1718.<br />

8) Philipp Ludwig Probst Stisser von Wendhausen, 1633-1718. Kanzler und Leiter der<br />

wolfenbüttelschen Politik unter Rudolf August, Anton Ulrich und August Wilhelm.<br />

8) Nds. Staats-A. Wolfenbüttel 1 Alt u Nr. 299. Pia Desideria '110m Canzler Probst 'IIon<br />

Wendhausen ausgearbeitet. Nicht eigenhändig. Keine Seitenzählung. Die Seiten werden in<br />

eckigen Klammem angegeben.<br />

10) Die Argumente, die Wendhausen zur Verteidigung anführt, die Erwerbungen von<br />

Braunschweig (s. Anm. 19) und Thedinghausen (s. Anm. 18), wirken doch etwas matt gegenüber<br />

den Anschuldigungen. Ohnehin scheint es so zu sein, daß er diese Verteidigung nur<br />

vorgeschoben hat, um im Folgenden desto freimütiger sprechen zu können.<br />

11) Pia Desideria, S. [9].

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