Braunschweigisches Jahrbuch 49.1968 - Digitale Bibliothek ...
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042519<br />
loojähriges Bestehen begingen. Pastor Stutzer hat dieses wahrhaft humanitäre Werk mrist<br />
Jimer Nämstenliebe mit Hilfe der Braunsmweiger Ehrenbürgerin Luise Löbbecke (1808 bis<br />
1892) und des ersten Nervenarztes in Braunschweig Dr.Oswald Berkhan (1834-1917)<br />
begründet. Mit zehn Pfleglingen im alten Pfarrwitwenhaus in Erkerode fing dieses Werk an,<br />
das heute in Neu-Erkerode fast 1000 Pfleglinge in modernsten Krankenhauseinrichtungen<br />
betreut. Der Vortrag war dem Lebensbild Stutzers gewidmet, das neben unbeirrbarem Idealismus<br />
und stets aktiv tätiger Menschenliebe auch Zeichen von Unrast und reizbarer<br />
Empfindlichkeit zeigte. Alle diese Wesenszüge des als Pfarrerssohn in Gr. Twülpstedt und<br />
Semmenstedt Aufgewachsenen spiegeln sich in den vielen Büchern der Erinnerungen, die<br />
Stutzer im Alter veröffentlichte. "In Deutschland und Brasilien", "Meine Therese" (Erinnerungen<br />
an seine geliebte Frau und unermüdliche Helferin) und viele andere Bücher erschienen<br />
im I. Viertel dieses Jahrhunderts im Verlag von Wollermann u. Bodenstab in Braunschweig,<br />
sind aber längst vergriffen. Sie enthalten so viele und so lebendige Schilderungen vom<br />
Leben in Dörfern und in der Kleinstadt Seesen in den Jahren um 1848, dann aber auch von<br />
Stutzers Erlebnissen bei seiner Hilfstätigkeit für deutsche Auswanderer in Süd-Brasilien, daß.<br />
der Vortragende das Lebensbild dieses Mannes vorwiegend auf Zitaten aus Stutzers Büchern<br />
aufbauen konnte.<br />
Stutzer hatte nach schweren Differenzen mit dem Herzoglichen Staatsministerium, aber<br />
auch nach pastoralen Enttäusmungen mit dem Konsistorium zuerst 1874 sein Pfarramt, dann<br />
1880 seine Stellung als Leiter von Neu-Erkerode aufgegeben. Die Begründung eines Privatsanatoriums<br />
für Nervenkranke im "Theresienhof" in Goslar mißlang nach einigen Jahren,<br />
so daß Stutzer durch seinen Bruder Otto zur Auswanderung ins Tal des Itajahy in Südbrasilien<br />
veranlaßt wurde. Vielleimt war er beim Erwerb von Ländereien aus dem Besitz<br />
des bekannten Brasiliendeutschen Dr. Hermann BI u m e na u (geb. 1819 in HasseIfeide,<br />
gest. 1899 in Braunsmweig) unvorsichtig gewesen, - es gab einen langen Prozeß, der für<br />
Stutzer ungünstig endete. Nach vielen Sorgen wurde er dann Pflanzer auf einer Hazienda<br />
namens Ribeiron Pires in der Nähe von Santos und wegen seiner vorzüglimen Milchkuhzucht<br />
als "Milchmann von Pires" berühmt. Als Stutzer nach 18 Jahren wegen Krankheit nach<br />
Europa zurückkehren mußte, erlebte er bei einer seiner Tömter in England den Ausbruch<br />
des Ersten Weltkrieges und starb 1911 in Heidelberg, nachdem er seine Therese schon 1916<br />
durch den Tod verloren hatte. Beide sind in I1senburg, der Heimat Thereses, beigesetzt.<br />
Über seinen "Pilgergang in zwei Erdteilen" schrieb Stutzer, dieser ansmauliche Chronist<br />
früherer Zeiten, den einsichtigen Satz: Unruhig war mein Leben, - durchaus nicht frei von<br />
Smuld, aber erhellt von Liebe und Glück; oft dunkel, aber um den Abend licht! - Wir<br />
Braunschweiger sollten ihn allein wegen der Gründung von Neu-Erkerode nicht vergessen!<br />
Das Wesentlime an dem Vortrag, den Oberkustos Dr. Franz Ni q u e t am :8. Februar<br />
1968 über "Die Bronzezeit im Braunschweigischen" hielt, war die Feststellung, daß sim die<br />
Geschichte der entwickelten Bronzezeit des 13.-8. Jahrhunderts im braunschweigischen Nordharzvorland<br />
auf Grund neuer Funde (Depotfund von Schöppenstedt) und Ausgrabungen<br />
(Ausgrabung einer bronzezeitlichen Siedlung bei Seinstedt) in klaren Konturen zeidmen<br />
läßt und daß diese Gesmimte nur zu verstehen ist im Zusammenhang mit europäischen Vorgängen.<br />
Nach dem Erlösmen der frühbronzezeitlichen Aunjetitzer Kultur des 18.-IS. Jahrhunderts<br />
tritt die jungsteinzeitlime Bevölkerungsgrundlage wieder zutage. Die Bronzezeit<br />
im Braunsmweigismen beginnt mit dem Einfließen von Bronzen durch Handel oder durm<br />
Einsickern einzelner Familien aus nördlich (Lüneburger Kultur, Mecklenburg-Kulturprovinz)<br />
und südöstlich (Urnenfelderkultur der Unstrut- und Saalemündungsgruppe) gelegenen<br />
Kulturprovinzen. Seit dem 11. Jahrhundert sind Zuwanderungen aus dem Nordosten, dem<br />
Mitteieibegebiet, und dem Südosten, Nordmitteldeutschland, durch Neuanlagen von Siedlungen<br />
und Begräbnisplätzen festzustellen (Siedlungen bei Isingerode, Kr. Goslarj Watenstedt,<br />
Kr. Helmstedt; Grabfeld bei Klein Mahner-Liebenburg). Von einigen dieser Neugründungen<br />
sind siedlungsgesdIimtlime Fäden bis in die Gegenwart zu verfolgen. Abgesmlossen<br />
wird die Bronzezeit mit der Herausbildung der Jastorfkultur vom 6. Jahrhundert an,<br />
wodurch wir eine archäologische Grundlage für die Entstehung der Germanen haben.