Braunschweigisches Jahrbuch 49.1968 - Digitale Bibliothek ...
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042519<br />
Da die 1697/99 nach einem Entwurf des herzoglichen Landbaumeisters Hennann Korb<br />
auf Kosten des Friedrich Achatz v. d. Schulenburg erbaute I m man u eIs kir ehe in<br />
Hehlen wegen Restaurierungsarbeiten eine eingehende Besichtigung nicht zuließ, ging die<br />
Fahrt bald weiter zur ehemaligen Klo s t e r kir ehe in Kern n ade, einem hervorragenden<br />
Beispiel romanischer Kirchenbaukunst aus salischer Zeit. Das ehemalige Benediktinerkloster<br />
wurde im 10. Jahrhundert von den Billimgern gegründet. Seine Lage verschlechterte<br />
sich, als II46 die Äbtissin Judith von Northeim wegen sittenlosen Lebenswandels<br />
und Verschwendung - nach heftiger Gegenwehr - abgesetzt wurde. Es kam in den<br />
Besitz von Corvey. Die nach der Refonnation einsetzenden Streitigkeiten zwischen Corvey<br />
und den Herzögen von Braunschweig-Wolfenbüttel um Kemnade endeten 1777 mit einem<br />
Vergleich zu Gunsten Braunschweigs. - Die Klosterkirche, eine dreischiffige Pfeilerbasilika<br />
aus Buntsandstein, wurde 1046 von Bischof Bruno von Minden geweiht. Die sog. ausgeschiedene<br />
Vierung, die Maßeinheit der romanischen Kirche, ist an der Weser zum ersten<br />
Mal in Kemnade zu finden. Nach dem 30jährigen Krieg wurden 19 m des Langhauses und<br />
der Tunn abgebrochen. Um die Maßverhältnisse einigennaßen wiederherzustellen, ist bei<br />
der 1960/64 durchgeführten Restaurierung die Orgelempore im Westteil der Kirche beseitigt<br />
worden. Neben manchen künstlerisch hochwertigen Ausstattungsgegenständen galt unser<br />
besonderes Interesse dem Grabdenkmal des 1380 verstorbenen Grafen Siegfried von Homburg<br />
und seiner Gemahlin, einem sehr schönen, in Dolomit ausgeführten Zeugnis mittelalterlicher<br />
Steinmetzkunst.<br />
Von ganz besonderem Reiz war der Aufenthalt auf Gut Wes t erb r a k, das wir nach<br />
der Fahrt durch Bodenwerder und dem in Buchhagen eingenommenen Mittagessen am Frühnachmittag<br />
erreichten. Wir folgten mit diesem Besuch der liebenswürdigen Einladung von<br />
Frau Agnes v. Grone geb. Hammerstein, die uns mit Sohn und Schwiegertochter nicht nur<br />
freundlichst aufnahm, sondern uns auch als "lebendiges Geschichtslexikon" mit vielen interessanten<br />
Einzelheiten aus der Geschichte des Rittergutes und mit den Schönheiten des Gutsparkes<br />
bekannt machte. Das heutige Herrenhaus war ursprünglich Brauereigebäudej vom alten<br />
Gutshaus hat sich erfreulicherweise noch ein Bild erhalten. In der Michaelskapelle zu Kir ehb<br />
r a k, der Grablege der v. Grone, erläuterte Pastor Sc h wer d t ne r die 1958/59 entdeckten<br />
Wandmalereien aus dem 13. Jahrhundert, von denen eine Kreuzabnahme besonders<br />
gut erhalten ist, und den Schnitzaltar des Gotteshauses. In Am e I u n g s bor n, der letzten<br />
Station der Studienfahrt, hatten wir den Vorzug, von Abt Prof. D. Dr. Christhard M a h<br />
ren hol z empfangen und auf das sachkundigste über Geschichte und Bauentwicklung von<br />
Kloster und Klosterkirche unterrichtet zu werden. - Der Kirchensenat der Hannoverschen<br />
Landeskirche hat auf Grund der Bestimmungen des Loccumer Kirchenvertrages von 1955<br />
im Jahre 1960 für Amelungsborn nicht nur einen Abt bestellt, sondern auch die Wiederbelebung<br />
des Konvents verfügt. In der Klosterordnung heißt es: "Das Kloster sieht es als<br />
seine wesentliche Aufgabe an, eine Stätte der Einkehr, der Stille und des Gebetes zu sein.<br />
Es lädt zu Tagungen ein, die der Besinnung und Vertiefung und der Eingliederung in die<br />
Gemeinschaft der Kirche dienen sollen. Das Kloster nimmt sich in seiner Arbeit in besonderem<br />
Maße der dem Leben der Kirche Entfremdeten an." (Vgl. Chr. Mahrenholz, Das<br />
Kloster Amelungsbom im Spiegel der niedersächsischen Klostergeschichte. In: Jahrb. d. Ges.<br />
f. nieders. Kirchengesch. 6z, 1964 S. 5-z8.)<br />
Da diese Fahrt ins Weserbergland die letzte war, die von Dr. Th. Müll e r geleitet<br />
wurde, würdigte Realschullehrer W i s w e bei der Kaffeetafel in Eschershausen seine langjährige<br />
verdienstvolle Tätigkeit als Reisemarschall des Vereins. Den Dank für die geographischen<br />
Erläuterungen Dr. Müllers während der ganzen Fahrt sowie für die historischen<br />
Hinweise Dr. Königs in Hehlen und Kemnade brachte Dr. Füll n e r in launigen Versen<br />
zum Ausdruck.<br />
Die Leitung der nächsten zweitägigen Studienfahrt "Auf den Spuren Heinrichs des<br />
Löwen ins Lauenburger Land" am 9. und 10. September 1967 lag bereits in den Händen<br />
von Dr. Neu kir c h als designiertem Nachfolger Dr. Müll e r s j er übernahm auch die