Braunschweigisches Jahrbuch 49.1968 - Digitale Bibliothek ...
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042519<br />
zwölffacht und auf einen Umkreis verteilt. In Wahrheit hat Beireis ihn eng an<br />
sich gezogen, ähnlich wie die Gemälde, die in seinem Schlafzimmer um das Thronhimmelbett<br />
herum aufgestapelt stehen 186). Kräfte der Systole sind auch in der<br />
Schilderung der chromatischen Prüfung wirksam.<br />
Mit dem Diamantenfeuerwerk der letzten Beireis-Legende ist in der Erzählung<br />
der Pol der intensivsten Helligkeit erreicht. Nach den Edelmetallen wird die<br />
Beschreibung auf die Stufe des Edelsteines gehoben. Auf den Glanz von Gold und<br />
Silber folgt das Diamantenfeuer. Die Beireis-Charakteristik und HeImstedtschiIderung<br />
erreichen hier ihren Höhepunkt und Abschluß. Aber auch hier weiß Goethe<br />
es so zu wenden, daß der 'Wunderliche Freund sich durch alles, was er spricht und<br />
tut, selbst charakterisiert. Und so kommt in der Brennprobenlegende Ähnliches zum<br />
Ausdruck wie im ersten Bild der Sammlungsbeschreibung, beim Flötenspieler, dem<br />
eine größere Walze eingesetzt werden sollte. Der Flötenspieler verstummte, der<br />
"Diamant" verlor im verzehrenden Feuer an Substanz und \Vert. Verlust und<br />
Erstarrung sind die Folge der ins Maßlose gesteigerten Intentionen. Paralysierte<br />
Automatenfiguren und Truglicht des Diamantenfeuers gehören als Anfang und Ende<br />
der Sammlungsbeschreibung zusammen. In bezug auf Beireis sind sie Sinnbild und<br />
Diagnose der in seinem Wesen liegenden Tendenzen und Gefahren 187). Aber das<br />
Schlußbild behält Goethe sich selbst vor 188).<br />
Indessen er nun sich weitläufig darüber berausließ, batte ich, chromatischer Prüfungen eingedenk,<br />
das Wundere; vor die Augen genommen, um die horizontalen Fensterstäbe dadurch<br />
zu betrachten, fand aber die Farbensäume nicht breiter, als ein Bergkrystall sie auch gegeben<br />
hälte; weßhalb ich im Stillen wohl einige Zweifel gegen die Echtheit dieses gefeierten Schatzes<br />
fernerbin nähren durfte.<br />
186) W A 35, 115: Die Art seine Bilder vorzuzeigen war seltsam genug, und schien<br />
gewissermaßen absicbtlich; sie hingen nämlich nicbt etwa an den hellen breiten Wänden seiner<br />
oberen Stockwerke woblgenießbar neben einander, sie standen vielmehr in seinem Schlafzimmer<br />
um das große Thronhimmelbette an den Wänden geschichtet über einander, von wo<br />
er, alle Hülfleistung ablehnend, sie selbst herholte und dabin wieder zurückbrachte. Einiges<br />
blirb in dem Zimmer um die Beschauer herumgestellt, immer enger und enger zog sich der<br />
Kreis zusammen, so daß freilich die Ungeduld unseres Reisegefährten allzustark erregt, plötzlich<br />
ausbrach und sein Entfernm veranlaßte.<br />
187) Vgl. dagegen B ü c kin g 119: "des berühmten großen Demantes darf ich nicht<br />
vergessen hier zu erwähnen, der von Beireis selbst dafür gehalten wurde, weswegen es bei<br />
dessen großer Kennerschaft auffallen mußte, wenn er nur ein schöner Quarzkiesel aus<br />
Brasilien, oder ein Topaskrystall aus Bengalen gewesen seyn sollte, als wofür ihn Einige hielten,<br />
ohne doch eine so genaue Kenntniß davon bekommen zu haben, als zu solch einer gewissen<br />
Behauptung gehören möchte, wie schon diese Verschiedenheit ihrer Meinungen darthut; und<br />
auf Vermuthung hin, sollte man doch Keinen compromittiren, um so weniger, da es doch<br />
keine Unmöglichkeit ist, daß ein noch größerer als die bekannten größesten, in der Welt<br />
seyn könne; denn deren stufenweise Größe zeuget ja selbst dafür. Er war aber größer als<br />
ein Hühnerei; und war er ein ächter Demant, so war des Besitzers Behauptung, daß er nidlt<br />
zu bezahlen sey, sehr wahr. Hierin ganz aufs Reine zu kommen, ist jetzt unmöglich, da ihn B.<br />
nach mündlichen und schriftlichen Versicherungen durch Feuer vernichtet hat. Er hat sich<br />
auch nach seinem Ableben nicht vorgefunden. Aber einen schönem Demant hat der Seelige<br />
mit sich genommen, der aIIgemein für ächt erkannt, und dessen Verlust allgemein betrauert<br />
zu werden verdient: Seinen hellen reichen Geist, und sein menschenfreundliches edeles Herz,<br />
das Köstlichste, was er besaß, und was der Mensch besitzen kann."<br />
1S.~) W A 35, 132.<br />
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